Dürren

Aus Klimawandel
Abb. 1: Dürre in Tansania, Satellitenbild der NASA vom 9.1.2006

Überblick

Wenige Wetterextreme richten so große ökologische und ökonomische Schäden an wie Dürren, unter denen jedes Jahr Millionen von Menschen zu leiden haben. Allein in den USA entstehen durch Dürren jedes Jahr im Mittel Schäden von 6-8 Mrd. US $. In Afrika fielen in den 1980er Jahren mehr als eine halbe Million Menschen dürrebedingen Katastrophen zum Opfer.[1] Wegen ihrer langen Dauer und ihrer großräumigen Ausdehnung zählen Dürren für manche Regionen sogar zu den schlimmsten Naturkatastrophen. Sie können den Grundwasserspiegel senken, die Wasserressourcen verringern und die Wasserqualität verschlechtern, was zu empfindlichen Ernteausfällen führen und Hungerkatastrophen und Krankheiten auslösen kann. Bekannte Beispiele des 20. Jahrhunderts sind die Dust Bowl im Mittleren Westen der USA in den 1930er sowie die Dürre in der Sahel-Zone am Südrand der Sahara in den 1970er und 1980er Jahren. Auch Europa litt vor und während des Hitzesommers 2003 unter einer Dürre mit weit verbreiteter Trockenheit und Waldbränden vor allem in Frankreich, Spanien und Portugal sowie über 50 000 frühzeitigen Todesfällen unter älteren und schwachen Menschen. Eine andere extreme Dürre in der jüngsten Zeit ereignete sich in Südwest-Asien (von Pakistan bis zum Irak und Kasachstan), wo der Niederschlag zwischen 1998 und 2001 weithin weniger als 55 % des langjährigen Mittels betrug. Auch im Westen der USA gab es zwischen 1999 und 2004 eine Dürreperiode, die nach der Dust Bowl der 1930er Jahre die zweitstärkste Trockenzeit der letzten 100 Jahren war. Und gleichzeitig mit starken Überschwemmungen in Pakistan verursachte im Sommer 2010 eine anhaltende Hitzewelle und Dürre in Russland katastrophale Waldbrände, denen ebenfalls zahlreiche Menschen zum Opfer fielen.

Was sind Dürren?

Dürren werden häufig in drei Arten unterteilt bzw. verschieden definiert:[1]

  1. Meteorologische Dürren: Darunter versteht man eine Periode von Monaten oder Jahren mit unterdurchschnittlichen Niederschlägen. Sie werden oft von überdurchschnittlich hohen Temperaturen begleitet und durch anhaltende Hochdruckverhältnisse verursacht. Nicht selten werden solche Bedingungen durch ungewöhnliche tropische Meeresoberflächentemperaturen angestoßen.
  2. Landwirtschaftliche Dürren: Hier sind die Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum und die Ernte bestimmend. Wichtig sind dabei trockene Böden über einen längeren Zeitraum, die durch geringen Niederschlag und/oder höhere Verdunstung entstehen.
  3. Hydrologische Dürren: Entscheidendes Kriterium sind geringe Wasserressourcen. Die Ursachen liegen in verringerten Abflüssen und geringen Wasservorräten in Brunnen, Seen und anderen Reservoiren. Hydrologische Dürren entwickeln sich langsam und sind außer von geringen Niederschlägen auch vom Wassermanagement abhängig.

Es gibt eine ganze Reihe von Merkmalen, an denen Dürren gemessen werden, z.B. Niederschlagsdefizite, Temperatur, Verdunstung, Bodenfeuchte, Abfluss. Ein häufig benutzter Index ist der Palmer Drought Severity Index (PDSI). In ihn gehen Niederschlag, Bodentemperatur und Verdunstung ein und er misst die Bodenfeuchte auf einer Skala von -10 (trocken) bis +10 (feucht). Der negative Teil der Skala wird wie folgt klassifiziert:[1]

  • -4,0 und weniger: extreme Dürre
  • -3,0 bis -3,99: starke Dürre
  • -2,0 bis -2,99: mäßige Dürre
  • -0,5 bis -0,99: beginnende Dürre
  • 0,49 bis -0,49: normal

Der PDSI hat sich als besonders geeignet für niedere und mittlere Breien erwiesen.

Dürren der Vergangenheit

In den letzten 1000 Jahren hat es in vielen Teilen der Erde wie in Nordamerika, Mexiko, Asien, Afrika und Australien immer wieder große Dürren gegeben, die sich teilweise zu lang anhaltenden (20-40 Jahre) „Megadürren“ ausgeweitet haben. Gut nachgewiesen sind solche Megadürren für das westliche Nordamerika im Mittelalter. Paläoklimatische Untersuchungen, die sich auf Baumringe, Sedimente, Fossilien und andere Proxydaten stützen, haben gezeigt, dass diese Dürren in den letzten 2000 Jahren nichts Ungewöhnliches waren. In den vergangenen 400 Jahren hat es mit einer gewissen Regelmäßigkeit in jedem Jahrhundert ein bis zwei mehrjährige große Dürren im Mittleren Westen der USA gegeben. Diese wurden in ihrer Intensität, Dauer und räumlichen Ausdehnung noch deutlich übertroffen von zwei "Megadürren" in der zweiten Hälfte des 16. und im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts, die einige Jahrzehnte anhielten.[2] Die mittelalterliche Megadürre hielt sogar mit einigen Unterbrechungen zwischen 900 und 1300 im Westen der heutigen USA und in den Grat Plains über mehrere Jahrunderte an, wobei der Höhepunkt um die Mitte des 12. Jahrhunderts lag.[3] Einerseits könnten die höheren Temperaturen der Mittelalterlichen Warmzeit diese Dürre angestoßen haben.[4] Andereseits gab es wahrscheinlich im tropischen Pazifik La-Nina-artige Verhältnisse, die auch im 20. Jahrhundert als Ursache Dürren angenommen werden.[1]

Auch für Ost-China zeigen historische Daten das Vorkommen von großen Dürren in den letzten Jahrhunderten, vor allem in den Zeiträumen 1500-1730 und nach 1900. Die Gründe waren hier wahrscheinlich eine Abschwächung des Sommermonsuns und eine ungewöhnliche Verschiebung der westlichen pazifischen Subtropenhochs nach Westen und Norden. Für die Abschwächung des Sommermonsuns könnten El-Nino-artige Erwärmungen verantwortlich gewesen sein.[1]

Dürren der letzten Jahrzehnte

Abb. 2: Anteil sehr trockener Gebiete an der globalen Landoberfläche

Trends

Abb. 3: Änderung des Palmer Drought Severity Index 1900-2002 als Standardabweichung. Der PDSI ist ein Index für die Bestimmung der Bodenfeuchte.

Globale Untersuchungen, die den Niederschlag, die Temperatur und die Bodenfeuchte berücksichtigen, zeigen einen deutlichen Dürretrend über den Landgebieten der Nordhalbkugel seit der Mitte der 1950er Jahre, besonders über großen Teilen Eurasiens, Nordafrika, Kanada und Alaska. Der Anteil der sehr trockenen Gebiete hat sich hiernach auf den globalen Landgebieten in den letzten ca. 50 Jahren von ca. 15 % auf über 30 % mehr als verdoppelt, besonders seit Anfang der 1970er Jahren (Abb. 2).[1][5]

Neben den USA und der afrikanischen Sahelzone wurden auch andere Regionen der Erde wie der Mittelmeerraum, Südafrika, Australien oder Süd- und Ostasien immer wieder von Dürren heimgesucht. In den USA fällt im 20. Jahrhundert die hohe Variabilität der trockenen Perioden auf. Deutlich ragen die Dürre-Ereignisse in den 1930er, 1950er, am Ende der 1980er Jahre und um die jüngste Jahrhundertwende heraus, die es aber ähnlich auch in früheren Jahrhunderten gegeben hat. Für die Entstehung von Trockenheit in den pazifischen Gebirgsregionen der USA ist – neben Faktoren der Landschaftsänderung – auch die Schneeakkumulation von Bedeutung, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgrund der höheren Temperaturen in einigen Gebieten um bis zu 60 % abgenommen hat.[6] Dadurch führen die Flüsse im Frühjahr und Sommer weniger Wasser, es verringert sich die Bodenfeuchtigkeit, und die Dürregefahr erhöht sich.

Von katastrophalen Dürren besonders betroffen sind die Trockenregionen des afrikanischen Kontinents. Der jährliche Niederschlag variiert in Afrika räumlich extrem stark zwischen 10 mm in der inneren Sahara und über 2000 mm in den tropischen Gebieten beiderseits des Äquators. Besonders ausgeprägt ist der regionale Niederschlagsgradient am Südrand der Sahara, in der so genannten Sahel-Zone, wo der mittlere jährliche Niederschlag auf 750 km Abweichungen von mehr als 1000 mm zeigt. Die bekannte Sahel-Dürre in den 1970er und 1980er Jahren ist durch viele Untersuchungen gut belegt.[7] Die extreme Abnahme der Niederschläge in der Sahelzone seit Ende der 1960er Jahre ist im 20. Jahrhundert weltweit einmalig. Gegenüber der Periode 1931-1960 hat der mittlere Niederschlag in der Zeit von 1970 bis 1990 um 20-49 % abgenommen. Seit den 1990er Jahre fielen in manchen Jahren zwar wieder überdurchschnittlich viele Niederschläge, ohne dass sich aber ein neuer Trend abzeichnet und die Dürreverhältnisse beendet wäre, wie u.a. das Jahr 2004 belegt.

Abb. 4: Änderung der sommerlichen (Juni bis August) Niederschläge in %. Dargestellt ist die Differenz der Jahre 2071-2100 und 1961-1990. Für das 21. Jahrhundert wurde hier das Szenario A1B des IPCC zugrunde gelegt.

Auch der Mittelmeer-Raum und Zentraleuropa bis in die Ukraine weisen eine deutliche Niederschlagsabnahme auf, beispielsweise um 5 % in Nord- und um 15 % in Süd-Italien. In den Küstenbereichen Süd-Spaniens ging die Zahl der Niederschlagstage von 1964 bis 1993 sogar um 50 % zurück. Die Folge waren Dürreperioden vor allem im Sommer, die durch die zusätzlich gestiegenen Temperaturen z.T. zu verheerenden Waldbränden führten. So nahm im östlichen Spanien bei einer Abnahme der Sommerregenfälle um 5,2 mm und einem Anstieg der Temperatur um 0,3 ºC pro Jahrzehnt die Zahl der Waldbrände in den letzten drei Jahrzehnten um durchschnittlich 16 pro Jahr zu.

Ursachen

Gibt es zwischen der Zunahme von Dürren und der globalen Erwärmung einen Zusammenhang?
In den letzten Jahrzehnten haben sich die meisten Landgebiete aufgrund höherer Treibhausgaskonzentration um 1-3 °C erwärmt. Zugleich haben die Niederschläge über große Teile von Afrika, Südeuropa, Süd- und Ostasien, des östlichen Australien, von Mittelamerika und der mittleren Pazifikküste von Nordamerika abgenommen. Als Folge hat auch der Abfluss vieler Flussbecken abgenommen. 1950-1982 haben die Dürregebiete etwa 14-20 % der globalen Landgebiete eingenommen. Danach ist der Anteil auf über 30 % gestiegen. Der wichtigste Grund waren abnehmende Niederschläge in bestimmten Gebieten wie in Afrika und Ostasien. Aber auch die Temperaturzunahme und die damit steigende Verdunstung waren von Bedeutung. Das sind Gründe, die eindeutig für einen Einfluss der globalen Erwärmung sprechen.[1]

Im Einzelfall ist die Zuordnung einer Ursache nicht immer einfach. Z.T. haben natürliche Schwankungen und die anthropogene Erwärmung zusammengewirkt wie bei der Saheldürre.[1] Die Erwärmung des Indischen Ozeans, die für die Sahel-Dürre mitverantwortlich gemacht wird, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die globale Erwärmung bedingt. Die Verschiebung der Zone mit warmen Meeresoberflächentemperatur im Atlantik nach Süden, die ebenfalls eine wichtige Rolle für die Saheldürre gespielt hat, ist dagegen wahrscheinlich eine natürliche Schwankung, weil die durch Treibhausgase bedingte Erwärmung größer im Nordatlantik als im Südatlantik ist. Bei der Änderung der Niederschläge und der Abschwächung des Sommermonsuns in Ostasien können sowohl eine höhere, vom Menschen verursachte Aerosolbelastung wie eine Erwärmung der tropischen Meeresoberflächentemperaturen eine Rolle gespielt haben. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die globale Erwärmung in jedem Fall an der zunehmenden Trockenheit mitgewirkt hat, auch wenn natürliche Schwankungen wie ENSO u.a. Phänomene ebenfalls ihren Teil dazu beigetragen haben.

Die beobachtete und die modellierte Dürreentwicklung der letzten Jahrzehnte stimmen weitgehend überein. Das lässt für die nächsten 30-90 Jahre schwere und verbreitete Dürren über viele Landgebiete der Erde erwarten.[8] Simulationen mit Klimamodellen zeigen, dass auch in Südeuropa die Trockenheit im Verlauf des 21. Jahrhunderts zunehmen wird. Insbesondere Spanien und Portugal könnten dann von sommerlichen Dürreperioden betroffen sein (Abb. 4).

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Dai, A.(2011): Drought under global warming: a review, WIRES Climate Change 2, 45-66
  2. Woodhouse, C.A. and J.T. Overpeck (1998): 2000 Years of Drought Variability in the Central United States, Bulletin of the American Meteorological Society, Vol. 79, No. 12, December 1998, 2693-2714
  3. Cook, E.R., et al. (2007): North American drought: Reconstructions, causes, and consequences, Earth-Science Reviews 81, 93–134
  4. Woodhouse, C.A, et al. (2010): A 1,200-year perspective of 21st century drought in southwestern North America. Proc Natl Acad Sci USA 107:21283–21288
  5. IPCC (2007): Climate Change 2007: The Physical Science Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, 3.3.4
  6. Service, R.F. (2004): As the West Goes Dry, Science 303, 1124-1127
  7. Dai, A., et al., 2004: Comment: The recent Sahel drought is real. Int. J. Climatol., 24, 1323-1331
  8. Dai, A. (2012): Increasing drought under global warming in observations and models; Nature Climate Change, DOI: 10.1038/NCLIMATE1633

Weblinks

  • Dürre Artikel über verschiedene Dürredefinitionen (Climate Service Center)
  • Dürre, Index Artikel über verschiedene Dürredeindices (Climate Service Center)

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