Gletscher (Polare Gebiete)

Aus Klimawandel
Version vom 12. März 2008, 18:27 Uhr von Dieter Kasang (Diskussion | Beiträge)
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Tropengletscher befinden sich zwischen dem nördlichen und dem südlichen Wendekreis. Die beiden Wendekreise verlaufen jeweils 2.600 km nördlich bzw. südlich des Äquators. Die tropischen Gletscher sind aus mehreren Gründen ausgesprochen ungewöhnliche Gletscher. Zum einen sind die Tropen der wärmste Bereich der Erde. Außerdem sind die jahreszeitlichen Temperaturschwankungen gering, wobei die Temperaturen in den Tropen ganzjährig hoch sind. Folglich mangelt es an einer kalten Saison, in der Schnee und Eis akkumulieren können. Und schließlich gibt es in dieser Region nur wenige hohe Berge, auf denen es kalt genug ist, dass sich Gletscher bilden können. Alle Gletscher in den Tropen befinden sich auf isolierten Bergspitzen. Allgemein sind tropische Gletscher also kleiner als andere und reagieren somit empfindlicher und schneller auf Klimaveränderungen. Schon ein kleiner Temperaturanstieg wirkt sich daher unmittelbar auf Tropengletscher aus.[1]

Afrika

Fast ganz Afrika befindet sich in den Tropen und Subtropen, so dass seine Gletscher auf zwei abgelegene Berggipfel und das Ruwenzori-Gebirge beschränkt sind. Insgesamt nehmen die Gletscher in Afrika eine Fläche von 10,7 km² ein. Der Kilimandscharo ist mit 5.895 m der höchste Berg Afrikas. Seit 1912 ist die Gletscherbedeckung des Kilimandscharo um 75 % zurückgegangen und das Volumen des Gletschereises hat gar um 80 % abgenommen.[2] Von 1984 bis 1998 hat sich ein Teil der Gletscher um ca. 300 m zurückgezogen.[3] Bleibt diese hohe Abschmelzrate erhalten, werden die Gletscher auf dem Kilimandscharo zwischen 2015 und 2020 verschwunden sein.[4] Im März 2005 stellte ein Bericht fest, dass kaum noch Gletschereis auf dem Berg vorhanden war und dass zum ersten mal seit 11.000 Jahren Teile des kargen Berggipfels eisfrei geworden waren.[5] Als Ursache für den Rückgang des Gletschers wird vor allem ein beträchtlicher Rückgang der Niederschlagsmenge am Kilimandscharo seit 1880 genannt.[6][7] Diese Erklärung allein ist jedoch unbefriedigend. Aus historischen Aufzeichnungen wird ersichtlich, dass um 1880 außergewöhnlich viel Niederschlag fiel, jedoch vor 1860 Mengen vorkamen, wie sie auch im 20. Jahrhundert normal waren.[8] Der Gletscher existiert außerdem ohne Unterbrechung seit wenigstens 11.700 Jahren und hat seitdem einige besonders schwere Dürren überstanden, wie aus seinen Eisbohrkernen hervorgeht.[9]

In der Nähe des Kilimandscharo-Gipfels befindet sich der Furtwängler-Gletscher. Zwischen 1976 und 2000 hat seine Fläche von 113.000 m² auf 60.000 m² abgenommen.[4] Anfang 2006 fanden Wissenschaftler ein großes Loch in der Nähe des Gletschermittelpunkts. Dieses Loch, welches sich durch den noch 6 m dicken Gletscher bis auf den Felsuntergrund erstreckt, wird vermutlich weiter anwachsen und den Gletscher 2007 in zwei Teile teilen.[2]

Nördlich des Kilimandscharo liegt der Mount Kenya. Dieser ist mit 5.199 m der zweithöchste Berg Afrikas. Auf dem Berg liegen einige kleine Gletscher, die in den letzten 6000 Jahren sechs Wachstumsphasen durchwandert haben (die beiden letzten in den Jahren 650-850 und 1350-1550) [10]. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben die Gletscher mindestens 45 % ihrer Masse verloren. Nach Untersuchungen des US Geological Survey (USGS) gab es 1900 18 Gletscher auf dem Mount Kenya. 1986 waren davon noch 11 übriggeblieben. Die gesamte von Gletschern bedeckte Fläche hat von 1,6 km² 1990 auf 0,4 km² 2000 abgenommen.[11]

Westlich des Kilimandscharo und des Mount Kenya erhebt sich das Ruwenzori-Gebirge auf bis zu 5.109 m. Fotografien belegen einen deutlichen Rückgang der mit Eis bedeckten Flächen im letzten Jahrhundert. Um 1900 gab es auf dem Gebirge noch ein Gletschergebiet von 6,5 km2. Dieses ist bis 1987 auf etwa 2 km2 und 2003 bis auf ca. 0,96 km2 zusammengeschmolzen. Zukünftig könnten die Gletscher des Ruwenzori-Gebirges aber aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit der Kongo-Region langsamer zurückgehen als die Gletscher des Kilimandscharo und des Mount Kenya.[12] Dennoch wird ein vollständiges Abschmelzen der Gletscher innerhalb der nächsten zwei Dekaden erwartet.[13]

Neuguinea

Auch auf der mit 771.900 km² zweitgrößten Insel der Erde, Neuguinea, die nördlich von Australien liegt, gibt es fotografische Beweise für einen massiven Gletscherschwund seit der ersten großen Erkundung der Insel per Flugzeug in den 1930er-Jahren. Aufgrund der Lage der Insel in den Tropen schwanken die Temperaturen im Jahresverlauf kaum. Auch die Regen- und Schneemenge ist stabil, ebenso die Wolkenbedeckung. Während des 20. Jahrhunderts gab es keine merklichen Veränderungen der Niederschlagsmengen. Dennoch hat sich die mit 7 km² größte Gletscherdecke auf dem Puncak Jaya, dem mit 4.884 m höchsten Berg der Insel, verkleinert: Die 1936 geschlossene Eisdecke hat sich auf mehrere kleinere Gletscher aufgeteilt. Von diesen Gletschern zogen sich der Meren- und der Carstenszgletscher zwischen 1973 und 1976 um 200 m bzw. 50 m zurück. Auch die Northwall Firm, ein weiterer großer Rest der Eiskappe auf dem Puncak Jaya, spaltete sich seit 1936 in mehrere Gletscher. Das Ausmaß der Gletscherschmelze in Neuguinea wurde 2004 durch Bilder des Satelliten IKONOS deutlich. Zwischen 2000 und 2002 verloren die East Northwall Firm demnach 4,5 %, die West Northwall Firm 19,4 % und der Carstensz-Gletscher 6,8 % ihrer Masse. Der Meren-Gletscher verschwand irgendwann zwischen 1994 und 2000 sogar völlig.[14] Auf dem Gipfel des Puncak Trikora, mit 4.750 m Höhe der zweithöchste Berg Neuguineas, existierte ebenfalls eine kleine Eisdecke, die allerdings schon zwischen 1939 und 1962 vollständig verschwand.[15]

  1. Ray Pierrehumbert (2005): Tropical Glacier Retreat, in: RealClimate, 23. Mai 2005, online
  2. 2,0 2,1 Lonnie Thompson (2006): Snows of Kilimanjaro Disappearing, Glacial Ice Loss Increasing, Ohio State University, online
  3. Andrew Wielochowski (1998): Glacial recession on Kilimanjaro, 6. Oktober, online
  4. 4,0 4,1 Lonnie G. Thompson, Ellen Mosley-Thompson, Mary E. Davis, Keith A. Henderson, Henry H. Brecher, Victor S. Zagorodnov, Tracy A. Mashiotta, Ping-Nan Lin, Vladimir N. Mikhalenko, Douglas R. Hardy, Jürg Beer (2002): Kilimanjaro Ice Core Records: Evidence of Holocene Climate Change in Tropical Africa, in: Science, Vol. 298, Nr. 5593, S. 589–593, 18. Oktober, online (PDF)
  5. Peter Tyson (2006): Vanishing into Thin Air, Volcano Above the Clouds NOVA, online
  6. Kaser, Georg, Douglas R. Hardy, Thomas Mölg, Raymond S. Bradley und Tharsis M. Hyera (2004): Modern glacier retreat on Kilimanjaro as evidence of climate change: observations and facts, in: International Journal of Climatology, Volume 24, Issue 3, S. 329–339, Vorlage:DOI (PDF)
  7. Nicolas J.Cullen, Thomas Mölg, Georg Kaser, Khalid Hussein, Konrad Steffen, Douglas R. Hardy (2006): Kilimanjaro Glaciers: Recent areal extent from satellite data and new interpretation of observed 20th century retreat rates, in: Gophysical Research Letters, Vol. 33, L16502, 2006, Vorlage:DOI
  8. Nicholson, S. E. und X. Yin (2001): Rainfall Conditions in Equatorial East Africa during the Nineteenth Century as Inferred from the Record of Lake Victoria, in: Climatic Change, Volume 48, Numbers 2–3, Februar, S. 387–398(12)
  9. Thompson, Lonnie G., Ellen Mosley-Thompson, Mary E. Davis et al. (2002): Kilimanjaro Ice Core Records: Evidence of Holocene Climate Change in Tropical Africa, in: Science, Vol. 298, Nr. 5593, S. 589–593, 18. Oktober Vorlage:DOI (PDF)
  10. Karlén, W., et al., 1999. Glacier fluctuations on Mount Kenya since ~ 6000 cal. years BP: Implications for Holocene climatic change in Africa. Ambio 28: 409-418.
  11. U.S. Geological Survey: Glaciers of Africa, U.S. Geological Survey Professional Paper 1386-G-3, online (PDF)
  12. Andrew Wielochowski (2001): Glacial recession in the Rwenzori, 20. Juli, online
  13. R.G. Taylor, L. Mileham, C. Tindimugaya, A. Majugu, A. Muwanga, B. Nakileza (2006): Recent glacial recession in the Rwenzori Mountains of East Africa due to rising air temperature, in: Geophysical Research Letters, Vol. 33, online
  14. Joni L. Kincaid and Andrew G. Klein (2004): Retreat of the Irian Jaya Glaciers from 2000 to 2002 as Measured from IKONOS Satellite Images, in: 61st Eastern Snow Conference Portland, Maine, USA 2004, online (PDF)
  15. Ian Allison, James A. Peterson (2000): Glaciers of Irian Jaya, Indonesia and New Zealand, U.S. Geological Survey, U. S. Department of the Interior, 28. April, online