Klimamodelle

Aus Klimawandel
Abb. 1: Schema eines gekoppelten Ozean-Atmosphäremodells mit weiteren angegliederten Modellen

Was sind Klimamodelle?

Der durch den Menschen verursachte Klimawandel hat ein starkes gesellschaftliches und politisches Interesse an einer quantitativen Abschätzung der zukünftigen Klimaänderung hervorgerufen. So möchte man wissen, um wie viel Grad sich die globale Mitteltemperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts erhöhen wird. Wichtige Instrumente, die dafür heute zur Verfügung stehen, sind hoch komplexe Klimamodelle. Mit ihnen gelingt es, wichtige Prozesse in unserem Klimasystem zu verstehen und mögliche Klimaszenarien zu berechnen, die durch äußere Antriebe, wie z.B. die Emission von Treibhausgasen, verursacht werden.[1]

Wie alle Modelle sind auch Klimamodelle vereinfachte Abbildungen der Wirklichkeit. Daher können sie das Klimasystem und seine Veränderungen natürlich nicht vollständig repräsentieren. Dennoch sind sie sehr gut in der Lage, wichtige Erkenntnisse über die Folgen von natürlichen und menschlichen Einflüssen auf das Klimasystem zu liefern und dessen grundlegende Prozesse zu verstehen.

Klimamodelle beruhen im Kern auf mathematischen Gleichungen, die grundlegende physikalische Gesetze ausdrücken, wie die Gesetze der Massen-, Impuls- und Energieerhaltung. Die Änderungen der verschiedenen Größen (z.B. Temperatur, Druck, Feuchte usw.) mit der Zeit werden auf einem drei-dimensionalen Gitter von Zeitschritt zu Zeitschritt berechnet. Klimamodelle können unterschiedlichen Zwecken dienen, zum Beispiel dem Verständnis bestimmter Prozesse, Wechselwirkungen und Gesetzmäßigkeiten des Klimasystems, der Simulation des vergangenen Klimas oder der Projektion künftiger Klimazustände. Je nach Anwendung werden Modelle unterschiedlicher Komplexität eingesetzt.

Die Motivation für die Verwendung von Klimamodellen ist einfach zu verstehen: In keinem Versuchslabor kann die Kompliziertheit des Klimasystems mit allen seinen Wechselwirkungen auch nur annähernd hergestellt werden. Dies jedoch wäre Voraussetzung, um verstehen zu können, wie sich der Lebensstil der Menschen auf die Erde in Zukunft auswirken kann. Daher arbeitet die Klimaforschung seit Jahrzehnten daran, das Klimasystem immer besser durch numerische Modelle zu erfassen, die auf Großrechnern Klimasimulationen erzeugen.

Welche Klimamodelle gibt es?

Entwicklung von Klimamodellen

Unser Klima wird im Wesentlichen durch die Energiebilanz von (1.) Strahlungsflüssen und (2.) den turbulenten Flüssen von fühlbarer und latenter Wärme beschrieben, denn diese Energiebilanz bestimmt die Höhe der Temperatur im Lebensraum des Menschen (oder: „in Bodennähe“).

Einfache Energiebilanzmodelle wurden in den 1960er Jahren genutzt, als noch keine Computer zur Verfügung standen. Aufgrund fehlender Rechenkapazitäten wurde die Atmosphäre damals nicht vollständig beschrieben, sondern es wurde nur die Änderung der solaren und terrestrischen Strahlungsbilanz untersucht. Die Transportprozesse in der Atmosphäre (Transport von warmer Luft nach Norden und kalter Luft nach Süden) wurden zunächst also nicht berücksichtigt.

Auch so konnten schon wesentliche Aussagen gemacht werden, z.B. welchen Anstieg der globalen Mitteltemperatur eine Verdoppelung des CO2-Gehalts bewirken würde. Solche Aussagen werden heutzutage auch mit komplexen, hochauflösenden Klimamodellen getroffen.

Auch damals war dank dieser konzeptionellen Modelle bereits bekannt, dass es wichtige Rückkopplungsmechanismen und selbstverstärkende Prozesse im Klimasystem gibt. Hierzu gehört z.B. die Schnee-/Eis-Albedo-Rückkopplung: Das Tauen von Gletschern oder das Abschmelzen der Polkappen reduziert das Rückstrahlvermögen, die sogenannte Albedo, der Erde. Dadurch erwärmt sich die Erde noch mehr, was wiederum das Abtauen verstärkt. Durch die Eis-Albedo-Rückkopplung kann es zu Kipp-Punkten im Klimasystem kommen, d. h. zu einem sich selbst verstärkenden, irreversiblen Prozess.

Unsere heutigen Klimamodelle geben ein sehr viel differenzierteres Bild der gobalen und regionalen Temperaturänderung und der Änderung weiterer Größen (wie z.B. Niederschlag, Wind, Wolkenbedeckung etc.) wieder, das mit einfachen Energiebilanzmodellen nicht erzeugt werden kann. Mit komplexen Modellen wurden auch weitere Kipp-Punkte entdeckt (z B. die Versauerung der Ozeane oder das Auftauen der Permafrostböden). Dank der großen Rechnerkapazitäten werden mit den heutigen gekoppelten komplexen Klimamodellen sehr lange Klimasimulationen durchgeführt (bis zu mehreren Hundert Jahren). Damit ist es möglich, die statistischen Eigenschaften des Klimasystems zu beschreiben und damit auch Schwankungen des natürlichen Klimas zu analysieren. So können Aussagen über Phänomene wie die NAO (Nordatlantische Oszillation), ENSO (El Nino-Southern Oscillation), blockierende Wetterlagen u.a. gewonnen werden. Auch die Fragen nach möglichen zukünftigen Klimaänderungen als Folge der Änderung der Treibhausgaskonzentrationen (im Modell als äußere Randbedingung vorgegeben) werden mittels komplexer Klimamodelle beantwortet

Einfache Modelle

Einfache oder besser „konzeptionelle Klimamodelle“ simulieren das Klima unter sehr vereinfachten Annahmen. Sie sind nicht in der Lage, den Gesamtzustand des Klimas quantitativ abzubilden. Vielmehr werden einfache Modelle nur für grundlegende Untersuchungen des Klimasystems, für das Studium bestimmter Prozesse oder zu Lehrzwecken eingesetzt.

Komplexe Klimamodelle

Die Forschungen auf dem Gebiet der Wettervorhersage und dem des Klimas verliefen eine Zeit lang wegen der unterschiedlichen Fragestellungen unabhängig voneinander. Erst im Laufe der 1970er Jahre wurden die Wettervorhersagemodelle auch für die Klimaforschung eingesetzt. In der Weiterentwicklung entstanden die heutigen komplexen Modelle für die sogenannte „allgemeine Zirkulation“ (der Begriff „allgemein“ steht hier für „global“, auf Englisch: General Circulation Models oder kurz: GCMs). Ihre Basis liegt also in der stetig erfolgreich weiterentwickelten numerischen Wettervorhersage.

Modelle mittlerer Komplexität

Zwischen den einfachen und den komplexen Klimamodellen stehen die Modelle mittlerer Komplexität, nach der englischen Bezeichnung „Earth system Models of Intermediate Complexity“ auch EMICs genannt. EMICs beschreiben das Klimasystem in geringerer räumlicher und zeitlicher Auflösung als GCMs und enthalten häufiger Prozesse in parametrisierter Form. Man kann daher mit ihnen längere Zeitabschnitte simulieren und mehrere Modellexperimente gleichzeitig ablaufen lassen. EMICs werden heute vielfach angewandt für Aufgaben, die mit GCMs bei heutiger Computerleistung nicht zu bearbeiten sind und haben dazu beigetragen, wichtige Funktionen des Klimasystems besser zu verstehen.

Die Fragestellungen für EMICs entstehen häufig aus der Erforschung von Klimaänderungen über längere Perioden in der Vergangenheit, aber auch im Hinblick auf einen langfristigen Klimawandel in der Zukunft. So wurden die Klimaänderungen der letzten 10 000 Jahre zuerst mit EMICs untersucht, wobei man eine relativ plötzliche Änderung der Vegetation der Sahara vor 6000 Jahren entdeckt hat. Außerdem sind die durch die Veränderung der Erdbahnparameter angestoßenen Zyklen zwischen Warm- und Kaltzeiten ein wichtiger Untersuchungsgegenstand. Zukünftige Klimaänderungen werden mit EMICs bis über die nächsten 1000 Jahre und mehr projiziert – mit GCMs sind derzeit nur über maximal die nächsten 200 Jahre realisierbar. So wurde mit Hilfe der Modelle mittlerer Komplexität auch der Frage nachgegangen, ob sich der Beginn der nächsten Eiszeit aufgrund der anthropogenen Erwärmung verzögern wird. Da die Computerleistung sich ständig verbessert, können Fragen, die heute mit EMICs untersucht werden, in Zukunft aber auch von GCMs gelöst werden.[2][3]

Regionale Klimamodelle

Globale Vorhersagen sagen wenig über die Klimaänderungen in einzelnen Staaten oder Regionen aus, da ihre Auflösung nicht ausreicht. Für eine Abschätzung von Klimafolgen, wie etwa der Veränderung der Vegetationsdecke oder der Zunahme von Überschwemmungen infolge höherer regionaler Starkniederschläge, sind realistische regionale und lokale Klimaprognosen unerlässlich. Vor allem an solchen Klimaprognosen sind schließlich die Entscheidungsträger in Politik, wirtschaft und Gesellschaft interessiert. Selbst die aktuellsten globalen gekoppelten Ozean-Atmosphären-Modelle besitzen aber für regionale und lokale Prognosen, die eine Auflösung von deutlich unter 100 km erfordern, immer noch eine zu große Maschenweite. Da allein eine Verdopplung der horizontalen Auflösung eine achtfache Steigerung des erforderlichen Rechenaufwandes bedeutet, sind hier aus Kostengründen und von der Computerleistung her Grenzen gesetzt.

Sollen nun Aussagen über mögliche regionale oder lokale Klimaänderungen und ihre Auswirkungen getroffen werden, so muss die Brücke zwischen der globalen Klimaänderungsberechnung und den Auswirkungen auf die Region geschlagen werden. Hierzu werden die Basisinformationen globaler Modelle als Randbedingungen regionaler Klimamodelle genutzt, um dann das Klima der Region im Detail quasi wie mit einer Lupe zu betrachten.

Wofür werden Klimamodelle angewendet?

Klimamodellrechnungen verfolgen vor allem vier Ziele:

  1. Kenntnisse über das Klima der Zukunft zu gewinnen,
  2. das Klima der Vergangenheit kennen zu lernen,
  3. das Klimasystem besser zu verstehen und
  4. die Verbesserung der Klimamodelle selbst.

Das Klima der Zukunft simulieren

Die in der Öffentlichkeit bekannteste und gesellschaftlich wichtigste Anwendung von Klimamodellen besteht in der Projektion des möglichen Klimawandels durch den Menschen. Dabei wird in der Regel die Klimaentwicklung bis 2100 simuliert, in einzelnen Fällen auch bis 2200. Für bestimmte Fragestellungen, z.B. über den Anstieg des Meeresspiegels oder das Abschmelzen der großen Eisschilde, werden mit weniger komplexen Modellen (EMICs) auch Rechnungen über die nächsten 1000 Jahre oder mehr durchgeführt.

Die Projektionen über das zukünftige Klima sind jedoch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Neben der begrenzten Kenntnis des Klimasystems und der Unvollkommenheit der Klimamodelle ist vor allem unklar, wie die anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen sich entwickeln werden. Niemand kennt die Entwicklung der Weltgesellschaft über die nächsten Jahrzehnte. Niemand kann die Bevölkerungsentwicklung genau bestimmen, die Veränderung des Konsumverhaltens, den Energieverbrauch, die Nutzung von Energiequellen, die technologische Entwicklung, das Ausbrechen von Kriegen usw. vorhersagen. Diese Unsicherheit findet ihren Ausdruck darin, dass der Weltklimarat IPCC ein differenziertes Spektrum von Emissionsszenarien für Treibhausgase entwickelt hat, um auf diese Weise den unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten der Weltgesellschaft Rechnung zu tragen. Bei einem bestimmten angenommenen Pfad der CO2-Emissionen, z.B. einer Verdoppelung bis 2050, berechnen – grob gesagt - Kohlenstoffkreislaufmodelle die Konzentration und allgemeine Zirkulationsmodelle die daraus folgende Erwärmung. Klimaprojektionen sind folglich immer Wenn-dann-Aussagen. Sie haben nicht den Anspruch, "die" Zukunft zu zeigen, sondern sie projizieren mögliche bzw. unter bestimmten Bedingungen wahrscheinliche zukünftige Entwicklungen.

Abb. 6: Modellsimulationen des globalen Klimas im 20. Jahrhunderts ohne (links) und mit (rechts) Berücksichtigung der anthropogenen Antriebskräfte

Das Klima der Vergangenheit kennen lernen

Eine andere wesentliche Aufgabe von Klimamodellrechnungen besteht darin, die Klimaänderungen vergangener Jahrhunderte nachzurechnen und ihre Ursachen zu erforschen. Obwohl die wichtigste Klimaänderung der vergangenen 100 Jahre, nämlich die Erwärmung um ca. 1 °C, selbst im Wesentlichen unstrittig ist, ist für die öffentliche Debatte um den Klimawandel von großem Interesse, ob die zugrunde liegenden Ursachen klar bestimmt werden können. Hier konnten Modellrechnungen überzeugend nachweisen, dass bei einer Berücksichtigung nur der natürlichen Antriebe von Sonneneinstrahlung und Vulkanausbrüchen die wirkliche, durch Messungen erfasste Klimaentwicklung nicht richtig wiedergegeben werden kann. Wenn dagegen auch die menschlich verursachten Treibhausgasemissionen berücksichtigt werden, wird die tatsächliche Klimaentwicklung zutreffend simuliert (Abb. 6). Gleichzeitig dient die Simulation des Klimas der vergangenen 100 Jahre auch dazu, die Qualität der Modelle zu überprüfen und zu verbessern.

Ein weiteres Anwendungsfeld ist die Simulation der historischen und geologischen Vergangenheit. Damit werden zwei Ziele verfolgt:

  1. das Klimasystem und seine Dynamik besser zu verstehen (s.u.) und
  2. Kenntnisse über die früheren Klimaänderungen zu erlangen.

So wurden die Klimaänderungen der letzten 1000 Jahre bis zurück ins frühe Mittelalter mehrfach mit Modellen berechnet, um den Einfluss natürlicher Faktoren wie der Solarstrahlung und von Vulkanausbrüchen auf die mittelalterliche Warmzeit und die anschließende Kleine Eiszeit einzuschätzen. Außerdem wurde der Anteil von Landnutzungsänderungen und des allmählich einsetzenden CO2-Anstiegs als Ursachen von Klimaänderungen für diesen Zeitraum berechnet. Da es für mehr als 150 Jahre zurück liegende Zeiten keine instrumentellen Daten gibt, muss auf Ersatzdaten, so genannte Proxydaten, zurückgegriffen werden. Diese können beispielsweise aus Eisbohrkernen, Meeressedimenten, Korallen oder Baumringen gewonnen werden und helfen, einige Aspekte früherer Klimaverhältnisse abzuleiten. Eine räumlich vollständige und dynamisch konsistente Darstellung können allerdings nur Computermodelle leisten.[4] [1] Klimamodelle haben sich auch in der Lage gezeigt, wichtige Eigenschaften des vergangenen Klimas wiederzugeben, so des warmen mittleren Holozäns vor ca. 6000 Jahren oder des Letzten Glazialen Maximums vor 21 000 Jahren.[5] Auch die Zyklen zwischen Warm- und Kaltzeiten, die durch die Veränderung der Erdbahnparameter angestoßen werden, sind ein wichtiger Untersuchungsgegenstand. Weitere Anwendungsbereiche sind im Abschnitt über "Modelle mittlerer Komplexität" erwähnt.

Das Klimasystem verstehen

Mit Modellen können z.B. Kenntnisse über Prozesse im Klimasystem gewonnen werden, für die es keine adäquaten Daten gibt. So können Modellrechnungen eine Antwort auf die Frage geben, wie viel Wärme aus den tropischen Breiten über atmosphärische und ozeanische Strömungen Richtung Pole transportiert wird. Klimamodelle lassen sich auch anwenden, um bestimmte Hypothesen zu testen und damit das System besser zu verstehen. Typische Fragen sind etwa: Welches sind die wichtigsten Prozesse, die das Klimasystem bestimmen? Wurde die Kleine Eiszeit am Ende des 17. Jahrhunderts in Europa durch Veränderungen in der Sonneneinstrahlung verursacht? Ist die Thermohaline Zirkulation im Nordatlantik, die Europa sein mildes Klima beschert, stabil?[4]

Auch die Simulation des vergangenen Klimas, z.B. des Letzten Glazialen Maximums vor 21 000 Jahren, des Eem (der letzten Zwischeneiszeit) oder abrupter Klimaänderungen wie z.B. gegen Ende der letzten Eiszeit, dient nicht zuletzt dazu, die Mechanismen des vergangenen Klimas zu verstehen. So sind Modelle ein Schlüssel für den Test von Hypothesen wie der Milankovitch-Theorie (Eiszeiten verursacht durch Variation der Erdbahnparameter). Ferner können sie die Lücke zwischen lokalen Temperaturdaten, die man z.B. aus antarktischen Eisbohrkernen gewonnen hat, und den global gut durchmischten Treibhausgasen Kohlendioxid und Methan schließen . Das Ziel dabei ist, aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.[6]

Die Zuverlässigkeit der Modelle verbessern

Die Modellierung des vergangenen und vor allem des gegenwärtigen Klimas dient nicht zuletzt dazu, die Qualität der Modelle zu verbessern. Je besser ein Modell die komplexen räumlichen Muster sowie die saisonalen und täglichen Zyklen des gegenwärtigen Klimas simuliert, desto mehr kann man davon ausgehen, dass alle relevanten Prozesse in dem Modell adäquat repräsentiert sind. In der Regel wird zunächst das vorindustrielle Klima als Ausgangsstadium berechnet. Anschließend werden die natürlichen und anthropogenen Antriebe, die als wesentlich für die Klimaänderung seit Beginn der Industrialisierung eingeschätzt werden, hinzugefügt.[7] Nicht alle Aspekte der Klimamodellierung können am gegenwärtigen Klima überprüft werden. So geben nur Daten der Erdgeschichte Auskunft darüber, wie die globale Mitteltemperatur bei einer doppelt so hohen CO2-Konzentration wie heute aussehen könnte. Auch Simulationen des teilweisen Abschmelzens der großen Eisschilde oder einer Abschwächung der Thermohalinen Zirkulation im Nordatlantik lassen sich nur an Beispielen aus der Vergangenheit, z.B. der letzten Warmzeit oder dem Ende der letzten Kaltzeit, bis zu einem gewissen Grade verifizieren.[6]

Bei der Simulation des gegenwärtigen und vergangenen Klimas hat sich gezeigt, dass das Mittel einer Vielzahl von Modellergebnissen meistens mit der Beobachtung besser übereinstimmt als das Ergebnis einzelner Modelle. Die Abweichungen zwischen einzelnen Modellläufen kommen oft dadurch zustande, dass die klimatischen Anfangsbedingungen, von denen aus die Rechnungen starten, geringfügig voneinander abweichen. Da sich jedoch auch kleinste Abweichungen in der Modellierung beträchtlich auswirken können, werden, um diesem Problem zu begegnen, sog. Enmsemble-Rechnungen durchgeführt. Dabei werden mehrere Modellläufe ein und desselben Modells mit leicht unterschiedlichen Anfangsbedingungen (beispielsweise geringen Temperaturabweichungen) gerechnet und die Ergebnisse anschließend gemittelt.[1]

Allerdings beruhen in diesem Fall alle Rechnungen auf derselben zugrunde liegenden Struktur des benutzten Modells, dessen Mängel dann auch allen Ergebnissen mitgeteilt werden. Die Alternative sind sog. Multi-Modell-Ensemble-Läufe. Dabei werden mehrere Modelle verglichen und daraus ein Ergebnis abgeleitet und die Unsicherheiten eingeschätzt, um die grundlegenden Probleme von Klimamodellen zu bestimmen und gezielt an ihrer Verbesserung zu arbeiten. Solche Modellvergleiche von in letzter Zeit ca. 25 Allgemeinen Zirkulationsmodellen werden institutionell koordiniert.[8] Die Mittelung über mehrere Modelle kann dazu führen, dass sich viele Fehler gegenseitig aufheben. Es hat sich jedenfalls gezeigt, dass Multi-Modell-Ensemble-Läufe das Klima in der Regel besser beschreiben als die Läufe einzelner Modelle.[9]

Wie verlässlich sind Klimamodelle

Für die Öffentlichkeit sind die wichtigsten Botschaften der Klimamodellrechnungen die Projektionen des zukünftigen Klimas. Gerade hier setzen aber auch die Zweifel an. Die Ergebnisse der Modellrechnungen lassen sich schlechterdings nicht verifizieren. Anders als bei Wettervorhersagen liegen sie in einer fernen Zukunft, in der nur vermutlich noch Wissenschaftshistoriker danach fragen werden, wie gut diese von Klimamodellen vor vielen Jahrzehnten vorausberechnet worden ist. Dennoch gibt es einige gute Gründe für die Glaubwürdigkeit von Modellprojektionen. Der Bericht des Weltklimarates IPCC von 2007 führt dazu fünf Argumente an:[5]; vgl. auch[4]

  1. Klimamodelle basieren auf anerkannten physikalischen Gesetzen und Beobachtungen.
  2. Klimamodelle sind in der Lage, wichtige Aspekte des gegenwärtigen Klimas zu reproduzieren.
  3. Klimamodelle sind in der Lage, wichtige Aspekte des vergangenen Klimas und vergangener Klimaänderungen zu reproduzieren, z.B. des Letzten Glazialen Maximums, der Kleinen Eiszeit und den Temperaturanstieg der letzten Jahrzehnte als Folge der zunehmenden Konzentration von Treibhausgasen.
  4. Wettervorhersagemodelle, die oft die Ausgangsbasis für ein Klimamodell liefern, werden erfolgreich für Wetterprognosen und saisonale Vorhersagen eingesetzt. Die Projektionen von früheren Klimamodellrechnungen für die letzten beiden Jahrzehnte stimmen im Großen und Ganzen mit den darauf folgenden Beobachtungen überein. Die Kernaussagen dieser Modelle haben sich nicht wesentlich geändert.
  5. Die von verschiedenen Forschergruppen entwickelten Klimamodelle zeigen im wesentlichen dasselbe Verhalten.

Allerdings sind alle fünf Argumente mit gewissen Einschränkungen zu betrachten:[4]

Zu 1. Modelle sind noch nicht in der Lage, Wolken und die Rückkopplungen der Kryosphäre hinreichend abzubilden. Herausforderungen stellen immer noch die Simulationen von Extremereignissen, außertropischen Stürmen und zu einem geringeren Teil des El-Niño-Phänomens dar.
Zu 2. Die Simulation des gegenwärtigen Klimas kommt in einigen Aspekten dadurch zustande, dass Modelle an die Datenlage angepasst (kalibriert) werden.
Zu 3. Die Kalibrierung gilt auch für die Vergangenheit. Gerade hier sind Daten und Modelle nicht unabhängig voneinander. Klimamodelle werden benutzt, um die Proxydaten zu interpretieren, und erzeugen auf diese Weise ein "beobachtetes" Paläoklima.
Zu 4. Erfolgreiche Vorhersagen über Tage, Monate oder auch einige Jahre sind keine Garantie, dass auf diese Weise auch die relevanten Prozesse erfasst wurden, die langfristige Klimaprojektionen bestimmen.
Zu 5. Die verschiedenen Modellierergruppen arbeiten keineswegs unabhängig voneinander. Die Kommunikation in der Community der Modellierer ist als relativ intensiv einzuschätzen.

Klimamodelle sind niemals in dem Sinne perfekt, dass sie die Wirklichkeit ohne Einschränkung wiedergeben können. Sie beschreiben das wirkliche Klima immer nur in Annäherung. Sie sind jedoch ein brauchbares Instrument, das Klimasystem und seine Veränderungen zu verstehen. In der Kombination von Globalen und Regionalen Klimamodellen sind Forscher in der Lage, innerhalb einer gewissen Bandbreite Entwicklungen zu prognostizieren. Durch die Unsicherheiten bei den Emissionen wie bei den Modellen werden Bandbreiten allerdings auch in Zukunft unvermeidlich sein. Modellsimulationen haben nachgewiesen, dass die globale Erwärmung der letzten Jahrzehnte eindeutig durch anthropogene Treibhausgase bedingt ist. Und sie haben übereinstimmend gezeigt, dass sich bei einem weiteren Anstieg der Treibhausgaskonzentration die globale Erwärmung beschleunigen wird. Bei allen Abweichungen im Einzelnen sind Klimamodelle für solche grundlegenden Erkenntnisse eine verlässliche Quelle.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Stocker, T. (2008): Einführung in die Klimamodellierung (PDF-Datei; 150 Seiten, Universität Bern, Vorlesung 2008
  2. S.L. Weber (2010): The utility of Earth system Models of Intermediate Complexity (EMICs), WIREs Climate Change 1, 243-252
  3. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 8.8.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Müller, P. (2010): Constructing climate knowledge with computer models, WIREs Climate Change 1
  5. 5,0 5,1 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, FAQ 8.1. (Seite 600 ff. bzw. Seite 12 ff. von 74 der PDF-Datei)
  6. 6,0 6,1 IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 6.2.2.
  7. IPCC (2007): Climate Change 2007, Working Group I: The Science of Climate Change, 8.3.
  8. Knutti, R. (2010): The end of model democracy?, Climatic Change 102, 395–404
  9. Knutti R (2008) Should we believe model predictions of future climate change? Philosophical Transactions of the Royal Society A 366, 4647–4664

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