Kohlenstoff im Ozean (einfach)

Aus Klimawandel
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Der Ozean ist für die Menge an CO2 in der Atmosphäre, also auch für das Ausmaß des Treibhauseffekts, sehr wichtig. Das liegt daran, dass er gewaltige Mengen an CO2 aufnehmen kann und daher einen Teil des CO2 das die Menschen ausstoßen, wieder aus der Luft herausnimmt. Dazu braucht er allerdings viel mehr Zeit, als ihm bei den starken heutigen Emissionen zur Verfügung steht. Deshalb bleibt ein Teil des ausgestoßenen CO2 in der Luft (ungefähr 40 %); zusätzlich zum Ozean nehmen auch die Pflanzen an Land CO2 auf.

Warum der Ozean sich so verhält und was sein Verhalten heute und in Zukunft beeinflusst, ist Gegenstand dieses Artikels.

Etwas Chemie: Das Puffersystem

Stoffe wie CO2 bleiben im Allgemeinen nicht immer dieselben, sondern sie können sich durch chemische Reaktionen in andere Stoffe verwandeln. In der Atmosphäre wandelt sich CO2 leider so gut wie gar nicht in andere Stoffe um, deshalb verbleibt es auch viele hundert Jahre in der Luft und verursacht in zu großen Mengen ein Klimaproblem. Im Ozean dagegen gibt es zwei andere Stoffe, in die CO2 sich umwandeln kann: Hydrogenkarbonat und Karbonat. Das liegt daran, dass sich Kohlenstoff in Wasser als eine Säure verhält und Kohlensäure bildet. Jede Säure in Wasser hat eine bestimmte Menge an Wasserstoffatomen, die es nach und nach als positiv geladene Protonen abgeben kann (sie machen das Wasser sauer), so dass der Rest negativ geladen zurückbleibt. Der Anteil der einzelnen Zerfallsprodukte hängt davon ab, wie stark die Säure ist. Im Fall von Kohlensäure kommt die eigentliche Säure, nämlich H2CO3 im Prinzip gar nicht vor, sondern nur die Zerfallsprodukte HCO3- (Hydrogencarbonat) und CO32- (Karbonat). Außerdem ist auch das reine CO2 im Wasser gelöst. Diese drei Kohlenstoff-Verbindungen werden als DIC zusammengefasst, was soviel heißt wie gelöster anorganischer Kohlenstoff (anorganisch, weil er komplett oxidiert ist, also nicht noch mehr Sauerstoffatome binden kann). Außer dem DIC gibt es noch gelösten organischen Kohlenstoff (DOC) und ungelöste Partikel (POC). Die letzten beiden stammen aus toten Tieren und Pflanzen, bzw. deren Ausscheidungen; es gibt sie also nur wegen den Lebewesen im Meer. Daher gibt es auch unüberschaubar viele verschiedene Verbindungen von DOC und POC, im Gegensatz zu den nur drei Verbindungen des DIC. Diese stehen miteinander im Gleichgewicht. Das bedeutet, dass die Mengen der drei Stoffe immer in einem bestimmten Verhältnis stehen. Gegenwärtig sind das 91% Hydrogenkarbonat, 8% Karbonat und nur 1% CO2. Wenn man dem Wasser also eine begrenzte Menge CO2 hinzufügt, wandelt sich dieses zum Großteil automatisch in die anderen beiden Stoffe um. Dies ist eine Ursache dafür, dass der Ozean so viel Kohlenstoff aufnehmen kann. Wäre alles DIC nur in Form von CO2 vorhanden, würde dessen Druck stärker sein als der in der heutigen Atmosphäre, so dass das meiste den Ozean verlassen würde. Weil aber der Großteil gar nicht als CO2 vorliegt, ist er gewissermaßen vor der Atmosphäre versteckt, denn diese sieht nur den Druck durch das CO2.

Was bestimmt den Austausch von CO2?

Dass es der Druck ist, und nicht die Menge, die den Austausch zwischen Atmosphäre und Ozean bestimmt, kann man sich anhand einer Sprudelflasche (oder einem anderen Getränk mit Kohlensäure) vorstellen: Damit der Deckel sich nicht löst, ist er festgeschraubt, er drückt also das bisschen Luft in der Flasche zusammen. Beim Öffnen wird der Druck von außen durch das Abnehmen des Deckels reduziert. Daher ist der Druck der CO2-Moleküle im Getränk plötzlich größer als der Gegendruck von außen und das CO2 verlässt die Flasche. Man kann das an den vielen kleinen Blasen sehen, die sich innen bilden und am Zischen hören, wenn das Gas entkommt. Das passiert, obwohl sich die Menge des CO2 in der Flasche und in der Luft durch das Öffnen (im ersten Moment) gar nicht geändert hat. Der Druckunterschied ist also die alleinige Ursache dafür, dass CO2 ins Wasser oder aus dem Wasser heraus strömt.

Partialdruck und Konzentration

Der Anteil des CO2 am im Ozean (und auch in der Atmosphäre) herrschenden Druck wird Partialdruck genannt. Der Druck ist wie oben beschrieben ausschlaggebend für die Menge an CO2 in der Luft im Gleichgewicht zwischen Ozean und Atmosphäre. Der Partialdruck im Ozean ist aber nicht dasselbe wie die Menge an Kohlenstoff im Ozean, die man z.B. als Konzentration angeben kann (Anzahl der Teilchen in einem Kubikmeter). Um zu bestimmen, wieviel Kohlenstoff der Ozean speichern kann, muss man also den Zusammenhang zwischen dem Partialdruck und der Konzentration kennen. Der Faktor, der die beiden miteinander verbindet, ist die Löslichkeit von CO2 Je besser die Löslichkeit, desto mehr Kohlenstoff kann der Ozean aufnehmen, ohne dass der Partialdruck steigen muss. Außerdem kann sich auch das Verhältnis der einzelnen DIC-Verbindungen zueinander ändern, d.h. unter verschiedenen Bedingungen ist der Anteil des CO2 an der gesamten DIC-Menge ebenfalls verschieden. Ist der CO2-Anteil größer, kann weniger im Ozean gespeichert werden, das "Versteck" funktioniert also nicht mehr so gut. Beide Einflussgrößen, die Löslichkeit und das Gleichgewicht zwischen den DIC-Verbindungen, werden beeinflusst durch:

  • die Temperatur
  • den Salzgehalt
  • den Druck (der an der Oberfläche aber immer etwa gleich ist!)
  • die Zusammensetzung des Meerwassers (denn darin befinden sich noch viele andere Stoffe, die einen Einfluss haben können)

Vergleicht man typische Eigenschaften des Meerwassers an verschiedenen Orten der Welt, stellt man fest, dass die Temperaturunterschiede den größten Einfluss auf die Menge an Kohlenstoff haben, die der Ozean aufnehmen kann.

Die drei Kohlenstoffpumpen

Misst man die Konzentration von DIC in verschiedenen Tiefen, so stellt man fest, dass sie bis in etwa 1000 m Tiefe deutlich zunimmt. Auch diese Tatsache bewirkt, dass der Ozean soviel CO2 speichern kann. Würde auch an der Oberfläche eine so hohe Konzentration wie in der Tiefe herrschen, so müsste der Ozean einen Teil an die Atmosphäre abgeben, denn der Partialdruck wäre zu hoch. So aber erfährt die Atmosphäre nur den geringen Gehalt an der Oberfläche, die großen Mengen in der Tiefe sind vor dem Ausgasen sicher. Wie aber kann es sein, dass der DIC sich nicht verteilt, so dass diese Unterschiede abgebaut werden? Schließlich vermischt sich auch ein Tropfen Tinte in einem Wasserglas irgendwann gleichmäßig mit dem Wasser. Der Grund muss darin liegen, dass durch andere Prozesse ständig Kohlenstoff von oben nach unten transportiert wird, gegen die Richtung der freiwilligen Vermischung - genau wie eine Pumpe Wasser den Berg herauf befördert, das von sich aus herunterfließen würde. Aus diesem Grund heißen diese Prozesse auch Pumpen.

Die physikalische Pumpe

Die physikalische Pumpe wird auch "Löslichkeitspumpe" genannt, denn sie beruht auf der Abhängigkeit der CO2-Löslichkeit von der Temperatur. In den Tropen, wo es warm ist, kann das Wasser nicht viel CO2 aufnehmen, im Gegenteil gibt der Ozean dort sogar mehr CO2 ab als er aufnimmt. In den hohen Breiten wie dem Südpolarmeer, dem Nordatlantik und dem Arktischen Ozean nimmt das Wasser mehr CO2 auf als es abgibt. Da an diesen Orten aber auch der absinkende Ast der globalen Ozeanzirkulation zu finden ist, wird das CO2-reiche Wasser in die Tiefe befördert. Dann breitet es sich in Richtung Äquator aus, so dass sich das kalte, CO2-reiche Wasser unter das warme und CO2-arme oberflächennahe Wasser schiebt. Diese Pumpe erklärt ganz grob die Hälfte des DIC-Unterschieds zwischen oben und unten. Außerdem lässt sich erahnen, warum die Aufnahme von CO2 durch den Ozean so langsam ist: Da ein Durchlaufen des Kreislaufs der Umwälz-Zirkulation mehrere 100 Jahre dauert, kann auch die CO2-Aufnahme nicht viel schneller stattfinden. Schließlich muss das CO2-reiche Wasser erst von der Oberfäche fort nach unten transportiert werden. Die Aufnahme an der Oberfläche allein kann noch so schnell geschehen; wird das Wasser nicht durch neues ersetzt, ist die Kapazität des Speichers schnell erschöpft!

Die organische Pumpe

Im Ozean leben je nach Nährstoffangebot etliche Pflanzen und Tiere, von denen sich die allermeisten nah an der Oberfläche befinden, wo es genug Licht für die Pflanzen gibt und damit genug Pflanzen als Nahrung für Tiere. Sterben diese Pflanzen und Tiere oder scheiden sie Stoffe aus, so sinken sie wegen der Schwerkraft in die Tiefe. Je nachdem wie groß und schwer sie sind, sinken sie schnell oder langsam, und je nachdem wie gut sie sich im Wasser auflösen, kommen sie sehr weit oder nicht weit. In der Tiefe, wo sie sich auflösen, zerfallen sie in DIC, so dass dort zusätzlich DIC hinzugefügt wird. An der Oberfläche dagegen, wo die Pflanzen bei der Photosynthese CO2 aufnehmen, senken sie den DIC-Gehalt. Der atmosphärische CO2-Gehalt wäre im Gleichgewicht ohne die organische Pumpe etwa 150-200 ppm höher, was verglichen mit dem vorindustriellen Wert von 278 ppm sehr viel ist.

Die Karbonat-Gegenpumpe

Diese Pumpe ist eigentlich keine echte Pumpe, weil sie im Gegensatz zu den vorigen beiden einen höheren CO2-Gehalt in der Atmosphäre bewirkt; daher wird sie auch als "Gegenpumpe" bezeichnet. Ihre Funktionsweise ist Resultat der recht komplizierten Ozeanchemie und nicht sehr leicht in umfassender Weise zu erklären. Meist wird der Einfachheit halber aber eine Reaktion verantwortlich gemacht, bei der Karbonat und CO2 zu Hydrogenkarbonat reagieren (die beiden äußeren Verbindungen in der Puffergleichung werden zusammen also zur mittleren). Das heißt, je mehr Karbonat vorliegt, desto weniger CO2 gibt es, da dieses wegreagiert. Die beiden Verbindungen verhalten sich in ihrer Konzentration also gegenläufig. Dies ist wohlgemerkt eine Einschränkung der Regel, dass das Verhältnis der DIC-Verbindungen gleich bleibt und eine Besonderheit gegenüber anderen Säuren in Wasser. Die Karbonat-Gegenpumpe entsteht nun dadurch, dass einige Lebewesen (wie Krustentiere) Kalkschalen (Kalziumkarbonat; CaCO3) aufbauen. Bei ihrem Tod sinken sie in die Tiefe ab und entfernen so das gebundene Karbonat aus den oberen Schichten, wo demzufolge der CO2-Anteil steigt. Eine alternative und genauere Erklärung ist dagegen, dass mit dem Karbonat auch Calciumionen an der Oberfläche verloren gehen, was die Ionenbilanz (die Verrechnung von positiv mit negativ geladenen Teilchen) beeinflusst. Zwar ist das absinkende Kalk elektrisch neutral, das Gleichgewicht des Puffersystems hängt aber nicht nur von den (Hydrogen-)karbonationen und Protonen ab, sondern auch von einigen anderen positiv geladenen Ionen, die die negativen DIC-Komponenten elektrisch ausgleichen. Die Karbonatpumpe ist zwar gegen die beiden anderen gerichtet, aber in ihrer Stärke ungefähr nur ein Zehntel so groß wie die organische und die Löslichkeitspumpe, so dass sie nicht so stark ins Gewicht fällt.

Die Kohlenstoff-Pumpen in der Zukunft

Für die Zukunft ist es natürlich interessant, wie gut der Ozean die CO2-Emissionen der Menschen aufnehmen kann. Dazu muss man abschätzen, wie sich die Pumpen voraussichtlich entwickeln können. Dass der Ozean bei höherer CO2-Konzentration in der Atmosphäre auch mehr CO2 als bisher aufnimmt, ist eindeutig; wie effizient er das tut, hängt jedoch vom Ozeanmodell und den zugrunde liegenden Annahmen ab! Ein wichtiger Punkt ist die Begrenzung der Pufferwirkung des Ozeans. Auch der Speicher an Karbonat und Hydrogenkarbonat hat ein begrenztes Fassungsvermögen, so dass immer weniger CO2 sich in diese beiden umwandeln könnte - das "Versteck" wird kleiner. Außerdem zeigen die heute aktuellen Ozean-Zirkulationsmodelle für das nächste Jahrhundert mehrheitlich ein schwächeres Absinken als bisher im Nordatlantik, meist (aber nicht nur), weil sich die hohen Breiten schneller erwärmen und warmes Wasser nicht mehr so gut absinkt. Dabei würde dann auch nicht mehr so effizient CO2 abtransportiert werden können. Die physikalische Pumpe wird durch den Klimawandel also geschwächt. Daher wird voraussichtlich mehr CO2 in der Atmosphäre verbleiben, was die Erwärmung noch weiter voran treibt. Auf der anderen Seite ist es denkbar, dass dadurch die absinkenden Teilchen der organischen Pumpe größere Tiefen erreichen. An den meisten Orten der Erde im Ozean gelangt nämlich Wasser (als Ausgleich zum Absinken in den hohen Breiten) von unten nach oben, was das Absinken der Teilchen bremst. Bei einer schwächeren Zirkulation würden sie also nicht mehr so stark abgebremst und könnten den Kohlenstoff in größere Tiefen transportieren, was zusätzlich hilft, CO2 aus der Luft herauszunehmen. Beide Effekte sind schwer abschätzbar, da die Computermodelle zu viele Möglichkeiten offen lassen, die man nicht ausschließen kann. Es besteht jedoch die Vermutung, dass die Schwächung der physikalischen Pumpe wichtiger sein wird als die gestärkte organische Pumpe.

Siehe auch


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