Regionaler Meeresspiegelanstieg

Aus Klimawandel
Globaler (rote Linien) und regionaler Meeresspiegelanstieg 1993-2012 nach Altimeter-Satellitenmessungen

Bis in die 1990er Jahre wurde die Höhe des Meeresspiegels fast ausschließlich durch Pegelmessungen festgestellt. Die geringe räumliche Verbreitung und ungleiche Verteilung der Pegel erlaubte nur begrenzte Aussagen über die durchschnittliche globale Meeresspiegeländerung und ließ sinnvolle Vergleiche regionaler Veränderungen des Meeresspiegels mit dem globalen Mittel kaum zu. Wie die neueren durch Satelliten gewonnenen Daten gezeigt haben, verändert sich der Meeresspiegel jedoch räumlich sehr unterschiedlich bis hin zu Gebieten, in denen trotz eines globalen Anstiegs der Meeresspiegel sank.

Natürliche Ursachen

Relativer Meeresspiegelanstieg an wichtigen Messtationen der Nordhalbkugel

Der Meeresspiegel wird regional durch unterschiedliche Faktoren wie Anhebung oder Absinken von Land oder Änderungen von Wind- und Meeresströmungen beeinflusst. Durch diese Einflussfaktoren fällt der durch den Klimawandel bedingte Meeresspiegelanstieg regional unterschiedlich aus. Bei einem globalen mittleren Anstieg von 3,2 mm/Jahr wie im Zeitraum 1993-2010 kann es auch Orte geben, an denen der Meeresspiegel sinkt, und andere, an denen er deutlich stärker steigt als im globalen Mittel. So ist in den letzten zwei Jahrzehnten die Anstiegsrate im westlichen Pazifik dreimal größer als im globalen Mittel. Im östlichen Pazifik liegt sie dagegen unter dem globalen Mittel, wobei große Teile der Westküsten Nord- und Südamerikas sogar ein Absinken des Meeresspiegels zeigen. Hier liegen vor allem Einflüsse natürlicher Klimaschwankungen zugrunde. Durch ENSO und die Pazifische Dekadenoszillation werden die Wind- und Meeresströmungen, Temperatur und Salzgehalt und damit auch der Meeresspiegel beeinflusst.[1]

Meeresspiegeländerungen durch das Abschmelzen der Eisschilde auf Grönland und der Westantarktischen Halbinsel nach Modellberechnungen: regionale Unterschiede bei einem globalen Anstieg von 1 mm/Jahr.

Andere regionale Besonderheiten sind durch die bis heute andauernde Anhebung der Landoberfläche nach dem Abschmelzen von Eismassen am Ende der letzten Eiszeit vor 20000 bis 90000 Jahre v.h. entstanden. Ein Beispiel ist die schwedische Hauptstadt Stockholm, wo der Meeresspiegel auch in den letzten Jahrzehnten ständig gefallen ist, weil die skandinavische Landmasse immer noch ansteigt. Aus ähnlichen Gründen sinkt der Meeresspiegel auch an der Südküste Alaskas und an der Hudsonbay.[2][3] In anderen, weiter südlich gelegenen Regionen kann derselbe Prozess auch zu Absenkungen der Landoberfläche und damit zu einem stärkeren Anstieg des Meeresspiegels führen, so an der der deutschen Ostseeküste oder in Charlottetown im südöstlichen Kanada. Zur Anhebungen von Landmassen kann es auch an geologischen Subduktionszonen kommen, bei denen sich eine Erdplatte unter eine andere schiebt wie im chilenischen Antofagasta.[1]

In den nächsten Jahrhunderten oder Jahrtausenden kann das mögliche Abschmelzen der großen Eisschilde auf Grönland und der Antarktis zur Folge haben, dass sich das vom Eis entlastete Land aus dem Magma heraushebt und dadurch der Meeresspiegel an den Küsten Grönlands und der Antarktis relativ sinkt (s. Abb.). In etwas weiterer Entfernung von den sich heraushebenden Landmassen steigt der Meeresspiegel natürlich durch das abgeschmolzene Eis an.

Anthropogene Eingriffe

Vertikale Landbewegungen können auch durch direkte menschliche Eingriffe verursacht werden. So ist der im Vergleich zum globalen Mittel relativ starke Meeresspiegelanstieg in Manila durch eine starke Grundwasserentnahme bedingt, die dazu geführt hat, dass sich die Landoberfläche stark abgesenkt hat.[1] Neben Grundwasserentnahmen können auch Gebäude und Infrastrukturanlagen zu Bodenabsenkungen führen. Oder es kann zu einer Verringerung der Sedimentablagerung ins Delta kommen, weil ein Stausee flussaufwärts die Sedimente zurückhält. Betroffen sind vor allem die großen Deltas von Ganges-Brahmaputra, Mekong oder Nil. Nicht selten liegen vor allem in Asien Megacitys in gefährdeten Gebieten und haben schon heute mit erheblichen Bodenabsenkungen zu tun. So haben sich im Laufe des 20. Jahrhunderts Teile der Küste in Tokio um 5 m, in Shanghai um 3 m und in Bangkok um 2 m abgesenkt. Der Meeresspiegelanstieg durch den Klimawandel verschärft dieses inzwischen globale Problem. Bedroht sind vor allem die bevölkerungsreichen Deltas in Süd-, Südwest- und Ostasien, aber auch in Afrika. Besonders in Afrika sind das niedrige gesellschaftliche Entwicklungsniveau und das starke Bevölkerungswachstum angesichts des globalen Meeresspiegelanstiegs hochgradige Risikofaktoren.[4]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 IPCC (2013): Climate Change 2013, Working Group I: The Science of Climate Change, FAQ 13.1
  2. NOAA Tides & Currents: Sea Level Trends; Die Karte kann global und regional interaktiv fokussiert werden.
  3. NOAA Tides & Currents: Global Sea Level Trend Table
  4. Nicholls, R.J., and A. Cazenave (2010): Sea-Level Rise and Its Impact on Coastal Zones, Science 328, 1517-1520


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