Sekundäre Aerosole: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Klimawandel
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 7: Zeile 7:


===Atmosphärische Verweilzeit===
===Atmosphärische Verweilzeit===
Ein deutlicher Teil des Schwefeldioxids wird wieder trocken an der Erdoberfläche deponiert, so dass die atmosphärische Verweilzeit von SO2 im Mittel nur 0,6 bis 2,6 Tage beträgt. Nur 46-82% des emittierten SO2 werden nach Modellberechnungen in der Troposphäre durch Oxidation in Sulfat umgewandelt. Schwefeldioxid wird zum einen in der flüssigen Phase, d.h. in Wolkentröpfchen, über verschiedene Reaktionsschritte in Schwefelsäuregas (H<sub>2</sub>SO<sub>4</sub>) und weiter in Sulfat-Ionen (SO<sub>4</sub><sup>2-</sup>) transformiert, zum anderen in der Gasphase durch Reaktion mit dem Hydroxylradikal OH. Die Größe der Sulfat-Aerosole liegt unterhalb des Mikrometer-Bereichs, ihre atmosphärische Verweilzeit beträgt 4-7 Tage. Anthropogene Sulfat-Aerosole finden sich daher hauptsächlich in der Nähe ihrer Entstehungsgebiete, vor allem über den großen Industriegebieten der USA, Europas und Ostasiens, und in deren Lee-Zonen.
Ein deutlicher Teil des Schwefeldioxids wird wieder trocken an der Erdoberfläche deponiert, so dass die atmosphärische Verweilzeit von SO<sub>2</sub> im Mittel nur 0,6 bis 2,6 Tage beträgt. Nur 46-82% des emittierten SO2 werden nach Modellberechnungen in der Troposphäre durch Oxidation in Sulfat umgewandelt. Schwefeldioxid wird zum einen in der flüssigen Phase, d.h. in Wolkentröpfchen, über verschiedene Reaktionsschritte in Schwefelsäuregas (H<sub>2</sub>SO<sub>4</sub>) und weiter in Sulfat-Ionen (SO<sub>4</sub><sup>2-</sup>) transformiert, zum anderen in der Gasphase durch Reaktion mit dem Hydroxylradikal OH. Die Größe der Sulfat-Aerosole liegt unterhalb des Mikrometer-Bereichs, ihre atmosphärische Verweilzeit beträgt 4-7 Tage. Anthropogene Sulfat-Aerosole finden sich daher hauptsächlich in der Nähe ihrer Entstehungsgebiete, vor allem über den großen Industriegebieten der USA, Europas und Ostasiens, und in deren Lee-Zonen.


Gasförmige Schwefelverbindungen werden in Höhen von 9-12 km in sehr geringem Umfang auch durch Flugzeuge in die Atmosphäre eingetragen. Das vulkanische SO<sub>2</sub> gelangt ebenfalls bis in die obere Troposphäre und untere Stratosphäre, besitzt daher eine relativ lange Verweilzeit und wird zu einem verhältnismäßig großen Anteil in Sulfat umgewandelt, das gleichfalls lange in der Atmosphäre verweilt. In der Stratosphäre kann sich der Umwandlungsprozess in Sulfat über drei Monate hinziehen, und erst nach ca. vier Jahren ist die ursprüngliche Sulfat-Konzentration wieder hergestellt.
Gasförmige Schwefelverbindungen werden in Höhen von 9-12 km in sehr geringem Umfang auch durch Flugzeuge in die Atmosphäre eingetragen. Das vulkanische SO<sub>2</sub> gelangt ebenfalls bis in die obere Troposphäre und untere Stratosphäre, besitzt daher eine relativ lange Verweilzeit und wird zu einem verhältnismäßig großen Anteil in Sulfat umgewandelt, das gleichfalls lange in der Atmosphäre verweilt. In der Stratosphäre kann sich der Umwandlungsprozess in Sulfat über drei Monate hinziehen, und erst nach ca. vier Jahren ist die ursprüngliche Sulfat-Konzentration wieder hergestellt.

Version vom 18. April 2008, 18:23 Uhr

Sekundäre Aerosole sind flüssige Partikel wie Schwefelsäure (H2SO4) oder Salpetersäure (HNO3), die durch chemische Reaktion aus gasförmigen Vorläuferstoffen wie Schwefeldioxid (SO2) oder Stickoxiden (NOx) gebildet werden. Entweder kommt es dabei zur direkten Nukleation, d.h. mehrere Spurengasmoleküle verbinden sich zu Teilchen, oder die Moleküle kondensieren an bereits vorhandenen Partikeln. Bei der Nukleation entstehen zunächst sehr kleine Partikel im Nano-Bereich, die aber schnell durch Zusammentreffen mit weiteren Aerosolpartikeln anwachsen können, ein Prozess, den man Koagulation nennt. Schwefelsäure-Aerosole werden wegen ihrer guten Löslichkeit leicht von Wolkentropfen aufgenommen und durchlaufen darin weitere chemische Reaktionen.

Sulfat-Aerosole

Datei:Sulfat entstehungsgebiete.gif
Anthropogene Sulfat-Aerosole entstehen vor allem aus Schwefeldioxid, das bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern emittiert wird.

Entstehung

Die klimatisch bedeutsamsten sekundären Aerosole sind die Sulfat-Aerosole, die aus gasartigen natürlichen wie anthropogen Vorläufern entstehen. Die wichtigsten Vorläufer sind Schwefeldioxid aus Vulkanen und anthropogenen Quellen sowie Dimethylsulfid aus marinem Plankton, aus dem allerdings auch erst über die Brücke der Schwefeldioxidbildung Aerosole entstehen. Schwefeldioxid ist der Hauptbestandteil der vulkanischen Schwefel-Emissionen, die auf 6-20 Mt/a geschätzt werden und bei einem einzelnen großen eruptiven Ausbruch auch über 100 Mt betragen können. Anthropogene SO2-Emissionen sind hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Energieträger verursacht und betragen nach Modellrechnungen 60-100 Mt/a, wobei 94% der anthropogenen Emissionen in der Nordhemisphäre freigesetzt werden. Allerdings haben umfangreiche Maßnahmen der letzten Jahre, beispielsweise zur Entschwefelung von Kraftwerksemissionen, in Nordamerika und in Westeuropa sowie der Zusammenbruch der Industrie in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion inzwischen zu einem deutlichen Rückgang der anthropogenen SO2-Emissionen in diesen Regionen geführt. Dagegen hat die starke Industrialisierung in Ostasien die Emission von Schwefeldioxid dort bis Mitte der 90er Jahre weiter gesteigert. Das vom Phytoplankton in den Ozeanen produzierte Dimethylsulfid (DMS = (CH3)2S) wird über verschiedene Reaktionsketten, an deren Anfang die Reaktion mit dem OH-Radikal steht, zu SO2 aufoxidiert. DMS wird in einem Umfang von etwa 24 Mt/a in die Atmosphäre emittiert.

Atmosphärische Verweilzeit

Ein deutlicher Teil des Schwefeldioxids wird wieder trocken an der Erdoberfläche deponiert, so dass die atmosphärische Verweilzeit von SO2 im Mittel nur 0,6 bis 2,6 Tage beträgt. Nur 46-82% des emittierten SO2 werden nach Modellberechnungen in der Troposphäre durch Oxidation in Sulfat umgewandelt. Schwefeldioxid wird zum einen in der flüssigen Phase, d.h. in Wolkentröpfchen, über verschiedene Reaktionsschritte in Schwefelsäuregas (H2SO4) und weiter in Sulfat-Ionen (SO42-) transformiert, zum anderen in der Gasphase durch Reaktion mit dem Hydroxylradikal OH. Die Größe der Sulfat-Aerosole liegt unterhalb des Mikrometer-Bereichs, ihre atmosphärische Verweilzeit beträgt 4-7 Tage. Anthropogene Sulfat-Aerosole finden sich daher hauptsächlich in der Nähe ihrer Entstehungsgebiete, vor allem über den großen Industriegebieten der USA, Europas und Ostasiens, und in deren Lee-Zonen.

Gasförmige Schwefelverbindungen werden in Höhen von 9-12 km in sehr geringem Umfang auch durch Flugzeuge in die Atmosphäre eingetragen. Das vulkanische SO2 gelangt ebenfalls bis in die obere Troposphäre und untere Stratosphäre, besitzt daher eine relativ lange Verweilzeit und wird zu einem verhältnismäßig großen Anteil in Sulfat umgewandelt, das gleichfalls lange in der Atmosphäre verweilt. In der Stratosphäre kann sich der Umwandlungsprozess in Sulfat über drei Monate hinziehen, und erst nach ca. vier Jahren ist die ursprüngliche Sulfat-Konzentration wieder hergestellt.

Folgen der Industrialisierung

Vergleich der gegenwärtigen atmosphärischen Konzentration von Sulfat-Aerosolen mit der der vorindustriellen Zeit.

Die Folgen der Industrialisierung auf die atmosphärische Konzentration von Sulfat-Aerosolen lassen sich nur durch Modellsimulationen annähernd ermitteln, da es keine empirischen Daten über die vorindustriellen Verhältnisse gibt. Vor Beginn der Industrialisierung haben fast ausschließlich Vulkanausbrüche und die ozeanische Emission von DMS die globale Sulfatkonzentration bestimmt. Die höchsten Werte wurden durch Vulkanausbrüche verursacht, durch die Schwefeldioxid hoch in die Atmosphäre emittiert wurde, was eine relativ lange Verweilzeit und große räumliche Verbreitung garantierte. Demgegenüber verblieben die aus DMS entstandenen Sulfat-Aerosole in der unteren Schicht der Troposphäre und wurden verhältnismäßig schnell wieder ausgewaschen. Die Maxima der vorindustriellen Konzentration befinden sich in den nördlichen Tropen in einem Gürtel, der die vulkanisch aktivsten Zonen der Erde verbindet. Die Konzentration über den Ozeanen ist sichtlich geringer. Durch die anthropognenen Emissionen stieg der globale Gehalt an Sulfat-Aerosolen nahezu um das Dreifache. Die Hauptkonzentrationsgebiete verschoben sich nach Norden und liegen heute über den Kontinenten der mittleren Breiten. Deutlich zeichnen sich drei Zentren über dem östlichen Nordamerika, Mittel- und Osteuropa und Ostasien ab, wo die Konzentration die vorindustriellen Werte um das Fünffache übertrifft.

Nitrat-Aerosole

Auch aus Stickstoffverbindungen können sich Aerosole bilden. Ammoniak (NH3) verbindet sich mit Schwefelsäure zu Ammoniumsulfat oder, wenn die Schwefelsäurekonzentration gering ist, mit Salpetersäure zu Ammoniumnitrat. Salpetersäure bildet sich aus Stickoxiden durch chemische Umwandlung in der Atmosphäre. Die Bedeutung der Nitrat-Aerosole ist derzeit noch gering, kann jedoch im Laufe des 21. Jahrhunderts deutlich zunehmen, da sich die Ammoniak-Emissionen wahrscheinlich verdoppeln und auch die Stickoxid-Emissionen deutlich zunehmen werden.13 Außer Sulfat enthalten Aerosole in belasteten Gebieten im Akkumulationsmodus auch heute schon signifikante Mengen an Nitrat. So ist über manchen Regionen in Europa wie etwa über der niederländischen Küste Ammonium- und Nitrat für mehr Aerosolmasse verantwortlich als Ammonium-Sulfat. Die Reduktion der Schwefeldioxidemissionen wird daher geringere Auswirkungen auf die Aerosolbeladung der Atmosphäre haben.

Die zumeist gröberen Primäraerosole werden hauptsächlich durch trockene Deposition aus der Atmosphäre entfernt. Eine wichtige Ausnahme sind die sehr feinen Rußpartikel. Aus den Vorläufergasen der Sekundäraerosole bilden sich durch Nukleation sehr feine Aerosole, die dann durch Koagulation und Kondensation weiter wachsen.

Organische Aerosole

Eine weitere Gruppe der erst in der Atmosphäre entstandenen Aerosole sind die sekundären organischen Aerosole (SOA). Vorläufer sind flüchtige organische Verbindungen (VOC - Volatile Organic Compounds), die direkt von Pflanzen emittiert werden oder bei der Verbrennung fossiler Energien entstehen. Die sekundären organischen Aerosole entstehen im wesentlichen aus den natürlichen bzw. biogenen VOCs, und zwar durch Oxidation mit O3, NO und OH, während die anthropogenen VOCs als Quelle für organische Aerosole vernachlässigbar sind. Die gesamte Menge der aus biogenen Vorläufern hervorgehenden organischen Aerosole wird auf 8-40 Mt/a geschätzt. Die Entstehung der organischen Aerosole wird allerdings zunehmend durch menschliche Aktivitäten, die für höhere Konzentrationen von O3 und NO3 verantwortlich sind, beeinflusst, so dass sich die biogene Aerosolproduktion seit vorindustriellen Zeiten verdrei- bis vervierfacht hat.

Siehe auch

Weblinks


Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen. CC-by-sa.png