Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme

Aus Klimawandel

Klimawandel und Ökosysteme

Im Rahmen des anthropogenen Klimawandels haben sich die globalen Durchschnittstemperaturen zwischen den Zeitintervallen 1850-1919 und 2001-2005 um 0,78°C erhöht (siehe dazu aktuelle Klimaänderungen). Für die Zeit 2090-2099 im Vergleich zu 1980-1999 wird je nach Szenario eine weitere Erhöhung um ca. 1,8-4°C prognostiziert (siehe dazu Klima im 21. Jahrhundert). Der Trend zur Erwärmung ist dabei regional unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch die globalen Niederschlagsmuster, die natürlichen Schwankungen im Klimasystem (z.B. NAO und ENSO) sowie auch die Häufigkeit und Intensität von Extremereignissen verändern sich durch den anthropogenen Klimawandel.

Es wird erwartet, dass die prognostizierten Klimaveränderungen einen erheblichen Einfluss auf Ökosysteme haben werden.

Einerseits beeinflussen die Veränderung klimatischer Faktoren wie Niederschlag oder Temperatur direkt die Ökologie bestimmter Arten. Andererseits verändern sich im Rahmen des Klimawandels auch weitere Faktoren (Zeitpunkte phänologischer Ereignisse, Nahrungsbeziehungen, Landschaften usw.), die sich ebenfalls auf die Ökologie einer Art auswirken. Eine Art kann durch eine Veränderung bzw. Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes oder durch Adaption auf sich verändernde Lebensbedingungen reagieren. Durch Veränderungen von Verbreitungsgebieten oder Adaption verschiedener Arten verändern sich auch Strukturen und Funktionen ganzer Ökosysteme. Die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme sind somit sehr komplex.

Phänologische Veränderungen

Bereits heute können in der Biosphäre Veränderungen beobachtet werden, die auf den aktuellen Klimawandel zurückzuführen sind. So haben sich frühjahrsphänologische Ereignisse (jährlich im Frühjahr wiederkehrende Entwicklungsphasen in der Biosphäre) wie z.B. Blüte und Blattentfaltung in Europa im Zeitraum zwischen 1969-2003 um ca. 7 Tage verfrüht. [1] Veränderungen phänologischer Ereignisse können sich wiederum auf trophische Interaktionen also auf Nahrungsbeziehungen in Ökosystemen auswirken. So können Schmetterlingsraupen beispielsweise den Blattaustrieb ihrer Nahrungspflanze verpassen wenn dieser verfrüht stattfindet und so ihre Nahrungsquelle verlieren. [2]

Migration

Es wird weiterhin angenommen, dass es durch den anthropogenen Klimawandel generell zu einer Verschiebung der Verbreitungsgebiete sämtlicher Arten nach Norden und in größere Höhen kommt (siehe dazu Verbreitung der Arten). Allerdings stellen nicht nur klimatische Faktoren wie Niederschlag und Temperatur, sondern auch trophische Interaktionen eine Voraussetzung für die Verbreitung einer Art dar. Beispielsweise ist das Verbreitungsgebiet des Natterwurzperlmutterfalters von der Verbreitung seiner Nahrungspflanze im Raupenstadium, dem Schlangen-Knöterich, abhängig. [3] Verändern sich im Rahmen des Klimawandels die Klimahüllen (Bereiche, in denen eine Art hinsichtlich klimatischer Faktoren gedeihen kann) beider Arten, kann dies zu einer erheblichen Verkleinerung des Verbreitungsgebietes des Falters führen.

Evolutionäre Änderungen

Weiterhin kann es im Rahmen des anthropogenen Klimawandels auch zu evolutionären Prozessen kommen. Arten können sich an sich verändernde klimatische Bedingungen (z.B. höhere Temperaturen) und klimatisch induzierte Veränderungen (z.B. Veränderung der Landschaft oder trophischer Interaktionen) anpassen.


Evolution als Reaktion auf den Klimawandel

Empirische Befunde zeigen, dass eine Adaption, also eine genetische Anpassung, an sich verändernde klimatische Bedingungen in Raten stattfindet, die für den aktuellen Klimawandel relevant sind. Beispielsweise hat sich der Waldfrosch (Rana sylvatica) auf lokaler Ebene innerhalb von 40 Jahren an höhere Temperaturen in seinem Lebensraum angepasst. [4] Dabei hat sich seine Temperaturtoleranz, Temperaturpräferenz und seine temperaturabhängige Entwicklungsgeschwindigkeit verändert. Adaption stellt also neben demographischen Veränderungen (z.B. Arealverschiebung) eine weitere mögliche Reaktion einer Art auf den Klimawandel dar. Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, die Adaption als Reaktion auf den Klimawandel behindern. Lange Generationszeiten können eine schnelle Adaption hemmen. [4] Auch kleine Populationen stellen ein Hindernis für Selektionsprozesse und somit für eine Adaption dar, da sie ein geringeres Maß an genetischer Vielfalt aufweisen. Natürliche Selektion kann nur dann stattfinden, wenn in der Population unterschiedliche Allele eines Merkmals vorliegen.

Weiterhin kann es zu einer Erosion genetischer Vielfalt kommen. Eine Art kann auf sich verändernde klimatische Bedingungen zunächst stark durch Adaption reagieren. Dieser Prozess kann sich jedoch mit der Zeit verlangsamen, da es durch Selektionsprozesse zu einem Verlust genetischer Vielfalt kommen kann. Anhand kurzfristiger Reaktionen kann somit kein langfristiger Trend prognostiziert werden. [4]

Einzelnachweise

  1. Chmielewski, F.-M. (2007): Phänologie – ein Indikator zur Beurteilung der Auswirkungen von Klimaänderungen auf die Biosphäre. In: promet, Jg. 33, Nr. 1/2, S. 28-35
  2. Forkner, R./ Marquis, R. J./ Lill, J./ Le Corff, J. (2008): Timing is everything? Phenological synchrony and population variability in leaf-chewing herbivores of Quercus. In: Ecological Entomology, Jg. 33, Nr. 2 S. 276-285
  3. Schweiger, O./ Settele, J./ Kudrna, O./ Klotz, S./ Kühn, I. (2008): Climate change can cause spatial mismatch of trophically interacting species. In: Ecology: Jg. 89, Nr. 12, S. 3472-3479
  4. 4,0 4,1 4,2 Skelly, D. K./ Joseph, L. N./ Possingham, H. P./ Freidenburg, L. K./ Farrugia, T. J./ Kinnison, M. T./ Hendry, A. (2007): Evolutionary Responses to Climate Change. In: Conservation Biology, Jg. 21, Nr. 5, S. 1353-1355


Siehe auch


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