Biosphäre im Klimasystem

Aus Klimawandel

Die Biosphäre spielt als Gesamtheit der mit Lebewesen besiedelten Schichten der Erde eine wichtige Rolle im Klimasystem. Sie umfasst sowohl die oberste Schicht der Erdkruste (Lithosphäre) einschließlich des Wassers (Hydrosphäre) als auch die unterste Schicht der Atmosphäre (die sogenannte planetare Grenzschicht).

Übersicht

Das aus dem Meer entstandene Leben auf der Erde hat vor allem in der geologischen Vergangenheit für die Zusammensetzung der Atmosphäre eine entscheidende Bedeutung gehabt. Ursprünglich bestand die Atmosphäre im wesentlichen aus Kohlendioxid und Stickstoff. Erst die primitiven Algen der Urmeere ersetzten mit Hilfe der Photosynthese das Kohlendioxid soweit durch Sauerstoff, daß höheres Leben möglich wurde. Auch heute liegt die klimatische Bedeutung der Biosphäre, zu der auch der Mensch gehört, vor allem in ihrem Einfluß auf die Chemie der Atmosphäre. Das Phytoplankton der Meere wie die Pflanzengemeinschaften auf dem Land steuern entscheidend den Kohlenstoffkreislauf. Bei der Photosynthese entziehen die Pflanzen der Atmosphäre bzw. dem Meereswasser ständig Kohlendioxid, das bei der Atmung und der bakteriellen Zersetzung der Pflanzen sowie durch Brände wieder frei wird bzw. durch Absinkvorgänge im Meer auch ganz der Atmosphäre entzogen werden kann. Auch die Konzentration von Methan und Distickstoffoxid, die in der Atmosphäre ebenfalls als Treibhausgase wirken, wird teilweise durch Prozesse in der Biosphäre gesteuert. Methan entsteht auf natürliche Weise vor allem durch anaerobe Zersetzung von organischem Material in Feuchtgebieten. Die Entstehung von Distickstoffoxid wird stark durch die Aktivität von Bakterien im Boden und in Gewässern beeinflusst. Die Intensität des natürlichen Treibhauseffektes ist daher auch stark von Prozessen in der Biosphäre abhängig.

Die Biosphäre besitzt aber auch einen direkten Einfluss auf das Klima. So ist die Bodenbedeckung für die Windverhältnisse und den Wasseraustausch mit der Atmopshäre wesentlich mitverantwortlich. Gegenüber einer Wüsten- oder Steppenoberfläche bremst z.B. Wald erheblich die Windgeschwindigkeit in Bodennähe. Auch die Wasseraufnahme, -speicherung und -verdunstung unterscheiden sich bei einer waldbedeckten Fläche erheblich von Flächen mit geringer Vegetation. Bei Niederschlag nehmen größere Wälder verhältnismäßig viel Wasser auf und verhindern das direkte Abfließen oder das Versickern in den Boden. Das aufgenommene Wasser können Wälder durch Verdunstung auch wieder an die Atmosphäre abgeben und damit die Niederschlagstätigkeit beeinflussen. Durch die Verdunstung wirken Wälder auf die Umgebung abkühlend, absorbieren meist jedoch mehr Sonnenlicht als der bloße Boden oder gar Schnee. Je nach Ort kann der eine oder der andere Effekt überwiegen. Oft wird das Klima auch größerer Regionen, z.B. des Amazonasgebietes oder der borealen Breiten, erheblich durch den Waldbestand mitgeprägt.

Vegetation im Klimasystem

Die terrestrische Vegetation als Teil der Biosphäre steht durch photosynthetische, transpirative und respirative Prozesse und über Oberflächenreflexion bzw. -absorption in direkter Wechselwirkung mit der Atmosphäre und spielt daher eine wichtige Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf und bodennahen Energie-, Impuls- und Wasserflüssen.

Lange Zeit wurde der Vegetation im Bezug auf Klimaveränderungen und -schwankungen der Stellenwert eines Klimaindikators zugeschrieben, der lediglich auf Schwankungen im Klimasystem reagiert. So ging beispielsweise der Entdecker Alexander von Humboldt davon aus, dass die Entstehung der Sahara nur auf geophysikalische Prozesse zurückzuführen sei (er spekulierte, die Vegetation wäre vom Ozean fortgespült worden). Heutige Berechnungen zeigen jedoch, dass die Entstehung der Sahara nur durch die Ergänzung bisheriger Klimasystemmodelle um die Komponente der Vegetation realistisch nachmodelliert werden kann. In modernen Klimasystemmodellen wird eine Wechselwirkung der Vegetation mit anderen Faktoren des Klimasystems (Atmosphäre, Kryosphäre, Ozean, Süßwasser- Hydrosphäre und Geosphäre) einbezogen.[1] Die terrestrische Vegetation als Teil der Biosphäre beeinflusst also maßgeblich das lokale und globale Klima heute und in der Vergangenheit.

Innerhalb des Klimasystems wechselwirkt die Vegetation durch biogeochemische und biogeophysikalische Rückkopplungsprozesse mit der Atmosphäre. Biogeochemische Rückkopplungsprozesse sind Wechselwirkungen zwischen der Vegetation und der chemischen Zusammensetzung der Atmosphäre. Wechselwirkungen zwischen der Vegetation und bodennahen Wasser-, Energie- und Impulsflüssen werden als biogeophysikalische Wechselwirkungen bezeichnet. Änderungen bei beiden Wechselwirkungen werden durch externe Einwirkungen auf das Klimasystem, beispielsweise durch Veränderungen der Erdumlaufbahn, der Neigung der Erdachse, durch Vulkanismus oder anthropogene Treibhausgaseinträge, initiiert und können zu positiven oder negativen Rückkopplungen führen. Während biogeochemische Rückkopplungen überwiegend globale Auswirkungen haben, führen biogeophysikalische Rückkopplungen zunächst zu regionalen Klimaänderungen, die aber auch globale Ausmaße annehmen können.[1][2]

Schematische Darstellung des terrestrischen Kohlenstoffkreislaufs. Die Werte geben Kohlenstoffflüsse in Gt C/Jahr an.

Biogeochemische Rückkopplungsprozesse

Der wichtigste biogeochemische Rückkopplungsprozess erfolgt über den Austausch von CO2 zwischen der terrestrischen Biomasse und der Atmosphäre. Die Vegetation spielt dabei eine Schlüsselrolle, da Pflanzen als autotrophe Primärproduzenten CO2 direkt aus der Atmosphäre entfernen, teilweise wieder abgeben, und so die atmosphärische CO2-Konzentration unmittelbar verändern. Sie erzeugen photosynthetisch, also mittels solarer Strahlung, aus atmosphärischem CO2 organische Kohlenwasserstoffe, die die Pflanze zum Aufbau von Biomasse und zur Energiegewinnung nutzt. Durch die Veratmung von Kohlenwasserstoffen gibt die Pflanze einen Teil des gebundenen Kohlenstoffes als CO2 wieder an die Atmosphäre ab. Dadurch ergibt sich global eine jährliche Nettoprimärproduktion von 60Gt Kohlenstoff (Die Masse von Kohlenstoff (C) verhält sich zu der von Kohlendioxid (CO2) wie 1 zu 3,67). Durch heterotrophe Respiration, also die Veratmung abgestorbener Biomasse durch heterotrophe Organismen, Holznutzung und Verbrennung ergibt sich schließlich eine Nettobiomproduktion von 1Gt Kohlenstoff pro Jahr, der als schwer abbaubares, organisches Material über längere Zeit im Boden gespeichert wird.

Rückkopplung der Vegetation über den CO2-Gehalt der Atmosphäre

Durch eine Veränderung des CO2-Austausches zwischen Vegetation und Atmosphäre kann es zu einer negativen oder zu einer positiven Rückkopplung kommen. Die negative Rückkopplung kann eine externe Veränderung folgendermaßen abschwächen: Verstärkt sich durch ein externes Ereignis die Möglichkeit zur Biomasseproduktion der Vegetationsdecke, wird vermehrt CO2 aus der Atmosphäre verbraucht. Durch die folgende, geringere Konzentration des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre kommt es zu einer atmosphärischen Abkühlung. Durch diese Abkühlung sinkt die Biomasseproduktion der Vegetationsdecke, weniger CO2 wird verbraucht und es kommt wieder zu einer höheren CO2-Konzentration in der Atmosphäre und somit wieder zu einer Erwärmung.

Unter bestimmten Umständen besteht auch die Möglichkeit einer positiven Rückkopplung. Durch eine extern angestoßene, starke Erwärmung in bereits wärmeren Klimaten kann es zu einem starken Anstieg der Respiration von z.B. Waldökosystemen kommen, der den Anstieg der Bruttoprimärproduktion überwiegt. Das Ökosystem gibt dann mehr CO2 ab, als es aufnimmt, was zu einem Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre und somit zu einer weiteren Erwärmung führt, die den Effekt wiederum verstärkt.[1]

Biogeophysikalische Rückkopplungsprozesse

Rückkopplung der Vegetation über die Albedo und den Wasserhaushalt

Ein wichtiger biogeophysikalischer Rückkopplungsprozess ist die Albedo-Vegetation-Rückkopplung. Die Albedo als Maß für das Reflektionsvermögen von auftreffender, solarer Strahlung einer Oberfläche ist für typische Vegetationsbedeckungen im Verhältnis zu vegetationslosen Oberflächen eher gering. So haben Wälder eine Albedo von ca. 10% und Savannen von ca. 20%, während geschlossene Schneedecken bis zu 90% und helle Sandwüsten ca. 50% der auftreffenden, solaren Strahlung reflektieren. Die Strahlung, die von der jeweiligen Oberfläche nicht reflektiert wird, wird absorbiert und als Wärmestrahlung an die bodennahe Atmosphäre abgegeben.

Die Albedo-Vegetation-Rückkopplung ist positiv, verstärkt also den externen Störeffekt. Kommt es also zu vermehrten Pflanzenwachstum und somit zu einer Verdichtung oder Ausdehnung der Vegetationsdecke, wird vermehrt solare Strahlung absorbiert und zum Teil wieder als Wärmestrahlung abgegeben. Dadurch erwärmt sich die bodennahe Atmosphäre, was in der Regel wiederum das Pflanzenwachstum fördert. Diese Rückkopplungsschleife ist in Gebieten starker Albedo-Gegensätze besonders deutlich ausgeprägt. Beispielsweise tritt eine Albedo-Vegetation- Rückkopplung in borealen Wäldern auf.

Dieser Waldtyp kommt nahezu ausschließlich auf der Nordhalbkugel zwischen 47°N und 69°N vor, umfasst ca. 1,5 Milliarden ha und ist über weite Teile des Jahres mit Schnee bedeckt. Der aus dem Schnee herausragenden Bäume absorbieren solare Strahlung und geben einen Teil der Energie wieder als Wärmestrahlung an die bodennahe Atmosphäre ab. Durch das Schmelzen des Schnees, werden weitere Teile der Vegetationsdecke freigelegt, die ihrerseits wieder solare Strahlung absorbiert und Wärmestrahlung freigeben. Das Ausmaß der Rückkopplung hängt dabei vom Ausmaß der einfallenden, solaren Strahlung ab. Auch in Wüstengebieten (z.B. in der Sahara) tritt dieser Rückkopplungseffekt verstärkt auf, der entweder den Rückzug oder die Ausbreitung von Wüstengebieten fördert.[1]

Weitere biogeophysikalische Rückkopplungsprozesse ergeben sich aus Wechselwirkungen zwischen der Vegetation mit dem Wasserhaushalt der bodennahen Atmosphäre. Durch Niederschläge werden Böden mit Wasser angereichert. Ist eine Vegetationsdecke vorhanden, wird ein Teil des Bodenwassers über die Wurzeln der Pflanzen aufgenommen und in die oberen Pflanzenteile transportiert. Durch die Absorption solarer Strahlung und die Abgabe von Wärmestrahlung der Pflanzen, erwärmt sich die bodennahe Luftschicht. Durch diese Erwärmung kommt es zur Verdunstung von Bodenwasser (Evaporation).[3]

Weiterhin kommt es zur Transpiration, es entweicht also vermehrt Wasser durch die Spaltöffnungen (Stomata), die zur Aufnahme von CO2 und Abgabe von O2 geöffnet sind, und die Cuticula (Wachsschicht) der Pflanzenblätter. Durch Transpiration und Evaporation wird ein Teil der sensiblen Wärme in latente Wärme umgewandelt, so dass die Luftfeuchtigkeit der bodennahen Atmosphäre steigt.[4]

Wird nun durch externe Einflüsse die Temperatur beispielsweise erhöht, kommt es zu vermehrter Evapotranspiration und somit wieder zu einer Abkühlung der bodennahen Luftschicht. Bei dieser Wechselwirkung handelt es sich also um eine negative Rückkopplung.

Weiterhin kommt es zur Anreicherung der bodennahen Atmosphäre mit Wasserdampf. Im weiteren Prozess sind positive und negative Rückkopplungseffekte möglich. Einerseits kommt es durch den erhöhten Gehalt des Treibhausgases H2O zu vermehrter Rückstrahlung von Wärmeenergie, also zu einer Verstärkung des Treibhauseffektes und letztlich zu einer Erwärmung der bodennahen Luftschicht. Andererseits setzen Pflanzen durch stärkere Transpiration auch vermehrt Aerosole (z.B. Terpene) frei.[5] Diese sind hydrophil und können daher als Kondensationskeime dienen. Durch die Kondensation des Wasserdampfes nimmt schließlich die Wolkenbildung und somit auch die regionale oder sogar globale Albedo zu und es kommt zu einer Abkühlung.[6]

Die vegetationsbedingte Wolkenbildung beeinflusst zudem regionale Niederschläge. Während die hydrophilen, pflanzlichen Aerosole die Bildung großer Wassertröpfchen erlauben, kommt es durch hydrophobe Aerosole, beispielsweise Wüstenstaub, zur Bildung kleiner Tröpfchen. Diese Tröpfchen verdunsten bevor sie den Boden erreichen und ermöglichen somit keine Evaporation oder Transpiration, die wieder Niederschläge und somit weiteres Pflanzenwachstum fördern würden.[7]

Neben der Albedo-Vegetation-Rückkopplung und der Wechselwirkung zwischen dem Wasserhaushalt der bodennahen Atmosphäre mit der Vegetation, beeinflusst Vegetation auch bodennahe Strömungseigenschaften und den Feuchtigkeitshaushalt des Bodens.[8]

Zusammenwirken von Rückkopplungsprozessen

Biogeochemische und biogeophysikalische Rückkopplungsprozesse können untereinander oder mit weiteren Wechselwirkungen im Klimasystem verknüpft sein und somit das regionale oder globale Klima wesentlich beeinflussen. Dabei können verschiedene Wechselwirkungen einander entgegen- oder in die selbe Richtung wirken. Auch das Auftreten von Synergieeffekten ist möglich.

Ein Beispiel für das Zusammenwirken biogeophysikalischer Rückkopplungen ist die Entstehungsgeschichte der holozänen und der heutigen Sahara. Sie ist durch biogeophysikalische Rückkopplungsprozesse in Form von Albedo-Vegetation- Rückkopplungen und Wechselwirkungen zwischen dem Wasserhaushalt der bodennahen Atmosphäre und der Vegetation zu erklären. Der heutige, aride Zustand der Sahara entstand vor ca. 5500 Jahren nach einer humiden Phase, in der ein Großteil der Sahara von Savannenvegetation bedeckt war. Der humide Zustand der Sahara im mittleren Holozän wurde wahrscheinlich durch eine stärkere Erwärmung des eurasischen Kontinents initiiert, die einen stärkeren Sommermonsun und somit vermehrt Niederschläge im Bereich der Sahara zur Folge hatte. Erlaubt man der Vegetation im Klimasystemmodell auf die stärkeren Niederschläge zu reagieren, so wird eine Sahara mit humidem Klima modelliert, die mit den Auswertungen fossiler und archäologischer Funde (z.B. Pollen und Höhlenmalereien) übereinstimmt.[1]

Der heutige Zustand wurde vermutlich durch eine Verringerung der solaren Strahlung initiiert und wird durch biogeophysikalische Rückkopplungsprozesse stabilisiert. Durch die hohe Albedo der Wüstenoberfläche (im Gegensatz zu vegetationsbedeckten Flächen) und spärliche Bewölkung wird über der Sahara mehr Energie in den Weltraum abgestrahlt, als durch solare Strahlung eingestrahlt wird. Am Oberrand der Atmosphäre über der Sahara herrscht also eine negative Strahlungsbilanz wodurch die darüber liegende Atmosphäre im Verhältnis zur sie umgebenden Atmosphäre kalt ist. Aus umliegenden Gebieten mit positiver Strahlungsbilanz fließen nun wärmere Luftmassen in das Gebiet negativer Strahlungsbilanz nach, die dort absinken und sich dabei erwärmen. Durch die Erwärmung der Luftmassen werden sie zunehmend trockener, so dass keine Konvektion und somit keine Wolkenbildung (die ebenfalls den Strahlungshaushalt über der Sahara zu gunsten des Pflanzenwachstums verändern würde) oder Niederschlagsbildung möglich ist.[1]

Durch den Mangel an Bewölkung und Niederschläge auf Grund der fehlenden Vegetationsdecke wird somit nachhaltig das Pflanzenwachstum in der Sahara erschwert. Weiterhin tragen auch oben genannte Wechselwirkungen zwischen dem Wasserhaushalt der bodennahen Atmosphäre und der Vegetation zur Stabilisation der heutigen, ariden Sahara bei.

Weiterhin können verschiedene Rückkopplungsprozesse auch einander entgegenwirken. So führt eine Vegetationsdecke einerseits zu einer niedrigen Albedo und somit zu einer Erwärmung der bodennahen Atmosphäre, andererseits hat sie auch einen vermehrten Verbrauch von CO2 und somit eine Abkühlung der Atmosphäre zur Folge. Die biogeochemische Wechselwirkung arbeitet also der biogeophysikalischen Rückkopplung entgegen. Welcher Rückkopplungsprozess überwiegt hängt stark von der geographischen Lage ab. In den tropischen Regenwäldern ist auf Grund des ganzjahrlich hohen Sonnenstandes durchgehendes Pflanzenwachstum möglich. Die Biomasseproduktion und somit auch der CO2-Verbrauch ist daher wesentlich höher als in borealen Wäldern, in denen die Vegetationsperiode wesentlich kürzer und kälter ist. In den Tropen überwiegt also der abkühlende, biogeochemische Effekt. In nördlichen Breiten über 50°N überwiegt dagegen die erwärmende Albedo-Vegetation-Rückkopplung, da der boreale Wald im Sommer auf Grund niedriger Temperaturen und geringer Sonneneinstrahlung nur wenig Biomasse produziert. Würde man also den borealen Wald aufforsten, würde dies zu einer Erwärmung der bodennahen Atmosphäre führen, da mehr Bäume aus dem Schnee herausragen würden. Eine Aufforstung der tropischen Regenwälder hätte dagegen eine Abkühlung der Atmosphäre zur Folge. Der gegenteilige Effekt gilt für das Abholzen beider Waldtypen.[1]

Neben Wechselwirkungen zwischen biogeochemischen und -physikalischen Rückkopplungen sind auch Wechselwirkungen mit anderen Prozessen des Klimasystems möglich. Vor 9000-6000 Jahren lag die Baumgrenze borealer Wälder weiter nördlich als heute. Auch Rekonstruktionen des mittleren und jüngeren Holozän ergaben für viele Regionen der Nordhalbkugel ein durchgehend wärmeses Klima, dass die Verschiebung der Baumgrenze ermöglichte. Als externer Antriebsfaktor fungierte die stärkere Neigung der Erdachse im Vergleich zu heute, wodurch die Nordhemisphäre im Nordsommer mehr, im Nordwinter jedoch weniger solare Strahlung als heute erhielt. Durch diesen externe Veränderung hätten die Sommer auf der Nordhalbkugel im jüngeren und mittleren Holozän wärmer, die Winter aber kälter sein müssen, was eine Verschiebung der nördlichen Baumgrenze nicht ermöglicht hätte.

Das wärmere Klima und somit die Ausbreitung der borealen Wälder auf der Nordhemisphäre ist durch Synergieeffekte zu erklären, die sich aus dem Zusammenwirken von Albedo-Vegetation-Rückkopplung und Meereis-Albedo- Rückkopplung ergeben. Durch ein gekoppeltes Atmosphäre-Vegetation-Modell in dem die Albedo-Vegetation-Rückkopplung möglich ist oder ein gekoppeltes Atmosphäre-Ozean-Modell, das die Meereis-Albedo-Rückkopplung erlaubt, ergeben sich nur schwache Erwärmungen für die Nordhemisphäre. Erst ein gekoppelte Atmosphäre-Vegetation-Ozean-Modell, in dem beide Rückkopplungsprozesse erlaubt sind und miteinander wechselwirken können, modelliert eine Erwärmung, die die nordwärts verschobene Baumgrenze erklärt.[1]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 Claussen, Martin 2003: Die Rolle der Vegetation im Klimasystem, in: promet, Jahrg. 29, Nr. 1- 4, 80-89
  2. Jacobeit, Jucundus 2007: Zusammenhänge und Wechselwirkungen im Klimasystem in: W. Endlicher und F.-W. Gerstengarbe (2007): Der Klimawandel - Einblicke, Rückblicke und Ausblicke, Berlin/Potsdam, 1-16
  3. V. Goldberg und C. Bernhofer (2004): Wasserhaushalt bewaldeter Einzugsgebiete, in: Lozán, J.L. u.a.(Hg.): Warnsignal Klima: Genug Wasser für alle? Wissenschaftliche Fakten, Hamburg, 74-78
  4. Motzer, Thomas 1998: Boden-Pflanzen-Atmosphäre
  5. Hessisches Landesamt für Geologie und Umwelt (Hrsg.) 2007: Klima und Klimawandel
  6. Motzer, Thomas 1998: Boden-Pflanzen-Atmosphäre
  7. Hessisches Landesamt für Geologie und Umwelt (Hrsg.) 2007: Klima und Klimawandel
  8. Jacobeit, Jucundus 2007: Zusammenhänge und Wechselwirkungen im Klimasystem in: W. Endlicher und F.-W. Gerstengarbe (2007): Der Klimawandel - Einblicke, Rückblicke und Ausblicke, Berlin/Potsdam, 1-16

Literatur

Weblinks


Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen. CC-by-sa.png