ENSO und der anthropogene Treibhauseffekt: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Klimawandel
Keine Bearbeitungszusammenfassung
KKeine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
[[Bild:ENSO_Index1950-2010.jpg|thumb|620px|Der ENSO-Index setzt sich aus sechs Variablen zusammen: Luftdruck, meridionale und zonale Windkomponenten, Meeresoberflächentemperatur, Lufttemperatur, Wolkenbedeckung. Gezeigt sind die Standardabweichung vom Mittel 1950-1993 ]]
[[Bild:ENSO_Index1950-2010.jpg|thumb|620px|Der ENSO-Index setzt sich aus sechs Variablen zusammen: Luftdruck, meridionale und zonale Windkomponenten, Meeresoberflächentemperatur, Lufttemperatur, Wolkenbedeckung. Gezeigt ist die Standardabweichung vom Mittel 1950-1993]]
== Beobachtete Veränderungen ==
== Beobachtete Veränderungen ==



Version vom 10. Januar 2011, 14:38 Uhr

Der ENSO-Index setzt sich aus sechs Variablen zusammen: Luftdruck, meridionale und zonale Windkomponenten, Meeresoberflächentemperatur, Lufttemperatur, Wolkenbedeckung. Gezeigt ist die Standardabweichung vom Mittel 1950-1993

Beobachtete Veränderungen

Beobachtungen der Meeresoberflächentemperaturen im äquatorialen Pazifik über die letzten 100 Jahre zeigen, daß sich die El-Niño-Ereignisse besonders in den letzten Jahrzehnten verstärkt haben. So wurde etwa der "Jahrhundert"-El-Niño von 1982/83 noch von dem El Niño 1997/98 übertroffen. Außerdem haben sich El-Niño-Situationen in den neunziger Jahren gehäuft, während La-Niña-Ereignisse an Intensität und Häufigkeit zurückgegangen sind. So zeigen El Niños eine Temperaturanomalie von bis zu 4,5°C und mehr, während La Niñas nur eine Abweichung von 3°C vom Mittel aufweisen.[1] Offensichtlich hat das ENSO-Phänomen seit der Mitte der 1970er Jahre eine dynamische Veränderung durchlaufen, mit stärkeren Windanomalien, einer veränderten Ausbreitung des warmen Oberflächenwassers, stärkeren El-Niño-Amplituden usw.

Vieles spricht dafür, dass die Gründe in einer allgemeinen, seit 1976 beobachteten Erwärmung des tropischen Pazifik um 0,3-0,4 °C liegen. Nicht nur das ENSO-Phämomen hat sich seit Mitte der 1970er Jahre verändert, sondern auch andere Klimaphänomene, die das Hintergrundklima von ENSO bestimmen.[2] So befindet sich die Pazifische Dekaden Oszillation, eine niedrigfrequente Schwankung über 20-30 Jahre im außertropischen Nordpazifik, von der eine Wechselwirkung mit dem ENSO-Phänomen angenommen wird, seit Mitte der 1970er Jahre in einer Warmphase. Auch die bereits oben besprochene MJO ist seit den späten 1970er Jahren in Verbindung mit einer systematischen Erwärmung des Indischen Ozeans aktiver als früher. Insbesondere liegt die Verstärkung der El-Niño-Ereignisse in der Logik der These von ENSO als Wärmepumpe: Je höher der Wärmepool im Westpazifik, desto stärker muss der Abbaumechanismus dieser Wärme, d.h. der folgende El Niño, ausfallen. Tatsächlich zeigt die Meeresoberflächentemperatur am Westrand des äquatorialen Pazifik seit Mitte der 1970er Jahre einen auffälligen Trend nach oben, der zudem über das gesamte 20. Jahrhundert weitgehend mit dem globalen Erwärmungstrend übereinstimmt.

Welche Wirkung hat der anthropogene Treibhauseffekt auf das ENSO-Phänomen?

Die genannten Beobachtungen haben die Frage entstehen lassen, ob eventuell der globale Temperaturanstieg, der von vielen Forschern als Folge einer Erhöhung der Treibhausgaskonzentration der Atmosphäre durch den Menschen interpretiert wird, das ENSO-Phänomen beeinflusst. Modellsimulationen des ENSO-Mechanismus unter den Bedingungen einer künftigen Treibhauserwärmung kommen mehrheitlich zu dem Resultat, dass das El-Niño-Muster im äquatorialen Pazifik in den nächsten Jahrzehnten verstärkt wird. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts würde sich hiernach die Meeresoberflächentemperatur des tropischen Pazifik um 2-4 °C erwärmen und der östliche Pazifik eine El-Niño-artige Erwärmung zeigen. Es gibt aber auch vereinzelte gegenteilige Resultate, nach denen es entweder eine homogene Erwärmung oder eine Bevorzugung des La-Niña-Musters geben wird.[3] Der Zweifel an einem Zusammenhang zwischen dem Verhalten von ENSO und einer allgemeinen Erwärmung hat in jüngster Zeit Unterstützung durch eine Langzeituntersuchung gefunden, die durch Analysen fossiler Korallen zu dem Ergebnis kommt, dass es in den letzten ca. 1000 Jahren keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen ENSO und dem jeweiligen Hintergrundklima gegeben hat.[4] So gab es während der sogenannten "Kleinen Eiszeit" im 17. Jahrhundert starke El-Niño-Ereignisse und während des Mittelalterlichen Optimums keine auffällige ENSO-Aktivität. Die Variabilität des ENSO-Phänomens scheint hiernach unabhängig von den klimatischen Randbedingungen zu sein und im wesentlichen aus einer internen Dynamik heraus erzeugt zu werden.

Physikalische Argumente

Physikalische Argumente gibt es sowohl für eine Stärkung des kalten wie des warmen Zustands von ENSO durch den anthropogenen Treibhauseffekt. Eine globale Erwärmung würde die SST im tropischen Pazifik überall erhöhen. Jede Erwärmung erzeugt aber sowohl negative wie positive Rückkopplungen, die einen mit dem Ergebnis einer vermehrten Wolkenbedeckung und verringerten Sonneneinstrahlung im Westpazifik, die anderen mit einer Ausweitung des Warmwasserbereichs bis in das Gebiet der Kaltzunge im mittleren bis östlichen Pazifik hinein. Nach der einen Lesart würde eine Erwärmung der ozeanischen Deckschicht die atmosphärische Konvektion über dem warmen westlichen und mittleren Pazifik antreiben, mit der Folge einer Intensivierung der Walker-Zirkulation, durch die der Gegensatz zwischen der warmen SST im West- und der kalten SST im Ostpazifik verstärkt, die Walker-Zirkulation weiter intensiviert würde und das ganze System sich auf La-Niña-Bedingungen zubewegen könnte. Die Konvektion im Westpazifik erzeugt aber auch Abkühlung durch Verdunstung und eine dichtere Wolkenbedeckung, die zu einer Reduktion der Sonneneinstrahlung führt, während die Einstrahlung über dem Ostpazifik wenig beeinträchtigt wird. Der zonale Temperaturgegensatz würde damit ebenso wie die Walker-Zirkulation geschwächt und als Folge der Auftrieb des kalten Wassers vor der südamerikanischen Küste verringert werden, wodurch die Walker-Zirkulation weiter zurückginge usw. Außerdem würde die Erwärmung der SST im Westpazifik sich auch nach Osten ausbreiten und der aufsteigenden Ast der Walker-Zirkulation sich wie bei heutigen El-Niño-Ereignissen nach Osten verschieben, während es im Westen zunehmend zum Absinken von Luftmassen kommen könnte. Hinzu kommt, dass der Abkühlungseffekt durch Verdunstung und Wolkenbildung durch den Erwärmungseffekt der langwelligen Strahlung infolge erhöhter Treibhausgaskonzentration durchaus übertroffen werden kann.

Einzelnachweise

  1. Jin, F.-F., S.-I. An, A. Timmermann, and J. Zhao (2003): Strong El Niño events and nonlinear dynamical heating, Geophysical Reseach Letters 30, 20-1 bis 20-4
  2. vgl. McPhaden, M.J. (1999): Genesis and Evolution of the 1997-98 El Niño, Science 283, 950-954; McPhaden, M.J. (1999): The child prodigy of 1997-98, Nature 398, 559-562
  3. IPCC 2001: Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of the Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change (Houghton, J.T. et al., eds), Cambridge and New York 2001, 9.3.5.2; Yu, B., and G.J. Boer (2002): The roles of radiation and dynamical processes in the El Niño-like response to global warming, Climate Dynamics 19, 539-553
  4. Cobb, K.M., C.D. Charles, H. Cheng, R.L. Edwards (2003): El Niño/Southern Oscillation and tropical Pacific climate during the last millennium, Nature 424, 271-276

Siehe auch


Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen. CC-by-sa.png