Klimaänderungen in Ostafrika

Aus Klimawandel
Version vom 7. Juli 2017, 15:20 Uhr von Dieter Kasang (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Änderung der Vegetationsbedeckung in Ostafrika während der Dürre im Juni/Juli 2011

Williams

Die Region

Ostafrika liegt etwa zwischen 10 °N und 10 °S sowie vom 30. bis zum 50. Grad Ost. Im Kern werden dazu die größeren Staaten Äthiopien, Somalia, Kenia, Uganda und Tansania gezählt. Manchmal werden auch Mozambique und Madagaskar im Süden dazu gerechnet sowie der neue Staat Südsudan im Norden. Der nördliche Teil mit Äthiopien, Somalia und Südsudan wird auch als "Größeres Horn von Afrika" bezeichnet. Obwohl Ostafrika beiderseits des Äquators liegt, besitzt es kein typisch tropisches Klima. Hohe Gebirge und Hochländer bewirken, dass große Teile Ostafrikas teilweise kühler und – im Lee der Gebirge - trockener sind, als es für die Breitenlage zu erwarten wäre.

Die Hochland- und Gebirgsregionen, in denen aufgrund der niedrigeren Temperaturen tropische Krankheiten wie etwa die Malaria weniger verbreitet sind, zeichnen sich durch eine hohe Bevölkerungsdichte und eine intensive landwirtschaftliche Nutzung aus. In Äthiopien, Kenia und Tansania etwa ist die kleinbäuerliche Landwirtschaft der bestimmende Wirtschaftsfaktor. Sie steht in Äthiopien für 50 %, in Kenia für 30 % des Bruttosozialprodukts und ist mit Abstand der größte Arbeitgeber.[1] Sie ist stark von ausreichenden Niederschlägen abhängig, die jedoch starken Schwankungen unterliegen, die nicht selten zu Dürren und Überschwemmungen führen. Die jüngsten verheerenden Dürren von 2005/06 und 2010/11 mit nachfolgenden katastrophalen Starkregen haben die ökonomische Abhängigkeit Ostafrikas von angemessenen Niederschlägen deutlich vor Augen geführt.

Temperatur

Wegen der unsicheren Datenlage sind Temperaturveränderungen für ganz Ostafrika sehr schwierig abzuschätzen. In Äthiopien sind die Temperaturen zwischen 1948 und 2006 um 0,3 °C pro Jahrzehnt gestiegen. Eine Untersuchung einzelner Datensätze von Stationen in Kenia, Uganda, Ruanda und Burundi hat einen Temperaturanstieg von 1,54 Grad zwischen 1966 und 2006 ergeben, für Kericho im westlichen Hochland von Kenia sogar um 1,69 Grad.[2]

Niederschlagsverteilung und -herkunft

In den äquatornahen Gebieten Ostafrikas gibt es entsprechend dem Höchststand der Sonne zwei Hauptregenzeiten, die sog. kurze Regenzeit von Oktober bis Dezember und die sog. lange Regenzeit von März bis Mai. In den nördlichen und südlichen Randzonen gewinnen die Niederschläge im Nord- und Südsommer an Bedeutung. So liegt in den meisten Teilen Äthiopiens die Hauptregenzeit im Sommer. Das Hochland von Äthiopien erhält über 2000 mm Niederschlag im Jahr, von denen 50-90 % in der Zeit von Juni bis September fallen.[3] Aufgrund der sehr wechselhaften Topographie mit Bergländern und Tälern sind die klimatischen Verhältnisse jedoch in ganz Ostafrika sehr differenziert.

An den Rändern der Hochländer und Bergzüge Ostafrikas werden feuchte Luftmassen zum Aufstieg gezwungen, kühlen und regnen sich ab. In den niedrigen Küstengebieten ist es dagegen sehr trocken. Woher aber kommen die feuchten Luftmassen? Grundsätzlich gibt es drei maritime Herkunftsgebiete, den Golf von Guinea im Atlantik, den westlichen Indischen Ozean und das östliche Mittelmeer. Als vierte Niederschlagsquelle fungiert der tropische Regenwald des Kongobeckens. Wie viel Niederschlag aus dem jeweiligen Herkunftsgebiet stammt, hängt von der Region in Ostafrika und der Jahreszeit ab. In den meisten Fällen fehlen allerdings ausreichende Beobachtungsdaten, um den Weg der feuchten Luftmassen genauer zu bestimmen.

Nach einer aktuellen Untersuchung zur Herkunft der Niederschläge im äthiopischen Hochland im Nordsommer (Juli-August) stammt hier der Hauptanteil (51 %) aus dem Transport feuchter Luft vom östlichen Mittelmeer und dem Rotem Meer aus dem Norden. Aus den beiden subtropischen Meeren verdunstet sehr viel Wasser, das mit nördlichen Strömungen über die Arabische Halbinsel und das rote Meer in das Hochland von Äthiopien gelangt. An zweiter Stelle stehen Strömungen vom südwestlichen tropischen indischen Ozean, von denen 32 % der Niederschläge stammen. Ein Teil dieses Transportweges verläuft über das Kongobecken und erreicht das äthiopische Hochland von Südwesten her, weshalb es oft fälschlicherweise dem Golf von Guinea zugeschrieben wurde. Von hier stammen aber nur 4 % der Niederschläge des Hochlands von Äthiopien. Der Rest stammt aus regionalen Quellen und vom nördlichen Indischen Ozean.[3]

Niederschlagsänderungen und ihre Ursachen

Ostafrika leidet unter häufigen Extremereignissen. So hat es in den letzten Jahren in Ostafrika gehäuft starke Niederschläge mit z.T. verheerenden Überschwemmungen gegeben, von einem solcher Ereignisse pro Jahr in den 1980er Jahren zu sieben Ereignissen pro Jahr in den Jahren 2000-2006. Dadurch waren pro Jahr fast zwei Millionen Menschen betroffen.[4] Nicht weniger stark wird Ostafrika von Dürren heimgesucht. 2010/11 hat es am Horn von Afrika eine starke Dürre gegeben, die von einigen Messergebnissen als stärkste Dürre in den letzten 60 Jahren klassifiziert wurde.[5] Über weite Teile der Region fielen 50-80 % weniger Regen als im Mittel.[6] Die Niederschläge fallen nicht regelmäßig, sondern unterliegen starken Schwankungen. Solche Schwankungen gibt es von Jahr zu Jahr, aber auch über längere Zeitperioden von Jahrzehnten bis Jahrhunderten. So gab es im späten Mittelalter offensichtlich eine langanhaltende Dürre. Danach wurde es zunehmend feuchter mit dem Höhepunkt im 18. Jahrhundert. Dann folgte eine trockene Phase, die bis in die moderne Zeit anhält.[5]

Die kurzfristigen Niederschlagsschwankungen werden im allgemeinen auf das ENSO-Phänomen im Pazifik zurückgeführt. Bei El-Niño-Ereignissen kommt es zu stärkeren, bei La-Niña-Ereignissen zu geringeren Niederschlägen. Die Auswirkungen der ENSO-Schwankung werden über den Indischen Ozean vermittelt.[4] Entsprechend werden auch kurzfristig auftretende Dürren im allgemeinen La-Niña-Verhältnissen im Pazifik zugeschrieben, niederschlagsreiche Phasen mit Überschwemmungen dagegen El-Niño-Verhältnissen. Die kurzen Datenreihen machen solche Zuordnungen allerdings unsicher.[5]

Bei längerfristigen Schwankungen ist die Zuordnung noch unsicherer. Das liegt auch daran, dass die Datenlage es schwierig macht, solche Schwankungen überhaupt zu erkennen. Z.T. liegen nur Abschätzungen für einzelne Regionen Ostafrikas vor. Das nördliche Ostafrika (auch als „Größeres Horn von Afrika“ bezeichnet: südlicher Sudan, Äthiopien, nördliches Uganda und Kenia – zwischen Äquator und 15 °N) erfuhr ähnlich wie die Sahel-Zone eine deutliche Abnahme der Sommerniederschläge in den 1970er und 1980er Jahren. So nahmen die Niederschläge über große Teile des äthiopischen Hochlands um mehr als 30 mm pro Jahrzehnt ab, im westlichen Sudan sogar um über 60 mm pro Jahrzehnt. Im Anschluss an die 1980er Jahre scheint eine Erwärmung des Nordatlantiks bewirkt zu haben, dass die Niederschläge im Sahel wieder zunahmen. Für das nördliche Ostafrika scheint die Periode niedriger Niederschläge dagegen anzuhalten bzw. sich sogar zu verstärken. So fielen in der Periode 1990-2009 weniger Niederschläge als in der gegenüber früheren Jahrzehnten trockenen Periode 1970-1980. Besonders niedrig waren die Niederschläge 2008 und 2009, begleitet von starken Düren in einigen Ländern Ostafrikas.[7]

Die abnehmenden Sommerniederschläge im nördlichen Ostafrika stehen im Widerspruch zu Modellprojektionen, die für Ostafrika höhere Niederschläge voraussagen.[4] Als Ursache für die gegenwärtige Entwicklung wird von einigen Forschern die Erwärmung der Meeresoberflächentemperaturen im Indischen Ozean verantwortlich gemacht. Der Indische Ozean hat sich in den letzten Jahrzehnten besonders in seinem südwestlichen tropischen Teil deutlich erwärmt. Als Folge haben sich über dem Ozean Konvektion und Niederschläge verstärkt. Damit einher ging eine westliche Ausdehnung der Walkerzirkulation, deren aufsteigender Ast sich über dem Indischen Ozean nach Westen verschoben hat, wodurch sich der westlich anschließende absteigende Ast Richtung afrikanische Küste verschob. Die verstärkten Niederschläge über dem Indischen Ozean haben zudem bei der Kondensation in der mittleren Troposphäre sehr viel latente Energie freigesetzt, die sich als warme und trockene Höhenluft auch Richtung Ostafrika ausgebreitet hat. Hier hat sie die Stabilität der atmosphärischen Schichtung verstärkt und Konvektion unterdrückt. Außerdem wurde dadurch der Transport feuchter Luft vom Kongo-Becken abgeschwächt. Da Modellstudien die Erwärmung des Indischen Ozeans primär auf die zunehmende Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zurückführen, muss davon ausgegangen werden, dass die abnehmenden Sommerniederschläge im nördlichen Ostafrika anthropogen bedingt sind und auch in den nächsten Jahrzehnten anhalten werden.[7]

Einzelnachweise

  1. Cheung, W.H., G.B. Senay and A. Singh (2008): Trends and spatial distribution of annual and seasonal rainfall in Ethiopia, International Journal of Climatology 28, 1723-1734; Gitau, W., et al. (2012): Spatial coherence and potential predictability assessment of intraseasonal statistics of wet and dry spells over Equatorial Eastern Africa, International Journal of Climatology, DOI: 10.1002/joc.3620
  2. Stern, D.I., P.W. Gething, C.W. Kabaria, W.H. Temperley, A.M. Noor, et al. (2011): Temperature and Malaria Trends in Highland East Africa. PLoS ONE 6(9): e24524. doi:10.1371/journal.pone.0024524
  3. 3,0 3,1 Viste, E., and A. Sorteberg (2013): Moisture Transport into the Ethiopian highlands, International Journal of Climatology 33, 249-263
  4. 4,0 4,1 4,2 Shongwe, M.E., G.J. van Oldenborgh, B.J.J.M. van den Hurk, B. de Boer, C.A.S. Coelho, and M.K. van Aalst, (2011): Projected changes in mean and extreme precipitation in Africa under global warming. Part II: East Africa. Journal of Climate, 24(14), 3718-3732
  5. 5,0 5,1 5,2 Tierney, J.E., et al. (2013): Multidecadal variability in East African hydroclimate controlled by the Indian Ocean, Nature 493, 389-392
  6. WMO statement on the status of the global climate in 2011, http://www.wmo.int/pages/prog/wcp/wcdmp/documents/1085_en.pdf
  7. 7,0 7,1 Williams, A.P., et al. (2012): Recent summer precipitation trends in the Greater Horn of Africa and the emerging role of Indian Ocean sea surface temperature, Climate Dynamics 39, 2307–2328, DOI 10.1007/s00382-011-1222-y


Lizenzhinweis

Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen. CC-by-sa.png
Kontakt: Dieter Kasang