Lyme-Borreliose

Aus Klimawandel
Version vom 15. Oktober 2015, 15:47 Uhr von Dieter Kasang (Diskussion | Beiträge)
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Die Lyme-Borreliose ist in Europa die am häufigsten von Zecken auf den Menschen übertragene Krankheit. Sie kommt auf der Nordhemisphäre zwischen dem 40. und 60. Breitengrad vor.

Gemeiner Holzbock

Krankheitsbild

Die Lyme-Borreliose ist eine Multiorganerkrankung, die die Haut, das Nervensystem und die Gelenke betrifft. Sie ist in der Regel nicht lebensbedrohlich und heilt meistens auch ohne Behandlung aus. Man unterscheidet drei Stadien der Krankheit: Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich kommt es zunächst zu einer lokalen Infektion der Haut, die sich um den Einstich herum rötlich entzündet. In der Folgezeit breitet sich der Erreger über Blut- und Lymphbahnen im Körper aus und nach 8-10 Wochen stellen sich Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit und Nachtschweiß ein. Monate bis Jahre später kann es zu stärkeren Folgen kommen wie Arthritiden, Muskelentzündungen und Knochenschmerzen. Sehr selten können auch die Hirnnerven bis hin zur Demenz geschädigt werden.

Krankheitsüberträger

Überträger der Lyme-Borreliose sind Schildzecken. Zecken sind für Menschen neben Stechmücken die wichtigsten Überträger von Krankheitserregern wie Viren und Bakterien. Sie saugen in ihren verschiedenen Lebensstadien als Larve, Nymphe und Adultus je einmal über mehrere Tage von ihren Wirtstieren Blut als Nahrung. Dabei nehmen sie auch darin befindlichen Pathogene auf und geben sie später an andere Wirtstiere weiter. Die Lyme-Borreliose wird wie auch die Frühsommer-Meningoenzephalitis vor allem durch den sog. Gemeinen Holzbock übertragen. Der Gemeine Holzbock gehört zu der Familie der Schildzecken, die sich durch lang andauernde Blutmahlzeiten von 6-8 Tagen auszeichnen, während der sich die Körpermasse des Weibchens auf das 100-200-Fache steigern kann.[1]

Verbreitung und klimatische Einflüsse

Der Gemeine Holzbock kommt primär in Wäldern vor, aber auch in Parks und Gärten. In Mitteleuropa ist er mit Abstand die häufigste Zecke, findet sich aber auch in Skandinavien. Besondere Aufmerksamkeit hat sein Vorkommen an seinem nördlichen Verbreitungsrand im mittleren Schweden gefunden. Mehrere Untersuchungen haben gezeigt, dass sein Vorkommen in Mittelschweden in den 1980er und 1990er Jahren auf breiter Front zugenommen hat und er vereinzelt sogar bis nach Lappland nachgewiesen werden konnte. Als Ursache wurden mildere Winter verantwortlich gemacht, vor allem eine Verringerung der Zahl der Tage mit Temperaturen unter -12 °C. Möglich ist aber auch eine Zunahme der Rehpopulation als Ursache, da Rehe zu den Hauptwirten des Gemeinen Holzbocks gehören.

In Tschechien konnte auch eine Höhenmigration festgestellt werden. Während der Gemeine Holzbock im tschechischen Riesengebirge bis Anfang der 1980er Jahre nur bis 800 m Höhe vorkam, wurde er 20 Jahre später bis in 1200 m nachgewiesen. In Mitteleuropa ist verschiedentlich eine Zunahme der Population beobachtet worden. Z.T. konnte sie auf klimatische Erscheinungen zurückgeführt werden, so auf den milden Winter 2006/07. Z.T. haben aber auch ganz andere Faktoren eine Rolle gespielt, so z.B. dass man in einem Berliner Stadtpark seit den 1980er Jahren das Falllaub nicht mehr beseitigte, das für die Überwinterung der Zecke gute Bedingungen bietet.[1]

Die Befallsraten von heimischen Zecken mit Pathogenen haben in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen, z. T. um das Zehnfache. Untersuchungen in der Gegend um Bonn haben ergeben, dass ca. 10 % und mehr der Zecken mit Borrelien durchseucht waren. In Süddeutschland liegen die Infektionsraten noch höher. Bei eingeschleppten Zeckenarten lässt sich die Gefahr nur vermuten. Sie können z.B. durch Zugvögel oder den Import von Haustieren eingeschleppt werden. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass in Gebieten mit hoher Population von infizierten Zecken jeder 10. Zeckenstich zu einer Borrelien-Infektion führt.

In Europa sind verseuchte Zecken vor allem in Österreich, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Polen und den baltischen Staaten verbreitet. In den baltischen Ländern wurde ein Befall mit Viren zwischen 10 und 30 % der Zecken festgestellt. Auch die in Mittelschweden nachgewiesenen Gemeinen Holzbock-Populationen waren zu einem großen Teil infiziert: Die Fälle von Lyme-Borreliose haben sich hier von jährlich 25 und 40 in den 1970er und 1980er Jahren auf jährlich 140 im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts erhöht. Auch in der Region Archangelsk wurde, parallel mit einer deutlichen Temperaturzunahme, seit der Jahrtausendwende eine deutliche Steigerung der Borreliose-Fälle festgestellt.[2]

Obwohl sich die Zeckenproblematik in den letzten ca. 15 Jahren deutlich verschärft hat, kann eine Abhängigkeit von klimatischen Veränderungen bisher nicht nachgewiesen werden. In vielen Fällen haben sich mit der Zunahme der Zeckenpopulation und der Infektionsfälle von Borreliose zwar auch die Temperaturen erhöht. Andere Faktoren wie eine höhere Zahl der Wirtstiere, veränderte ökologische Bedingungen durch menschliche Eingriffe, ein verändertes Freizeitverhalten der Bevölkerung mit häufigeren Aufenthalten im Freien und eine geschärfte Wahrnehmung müssen ebenfalls in Rechnung gestellt werden.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Kahl, O., und H. Dautel (2008): Zur Biologie und Ökologie von Zecken und ihre Ausbreitung nach Norden, in: Lozán, J.L. (Hg.): Warnsignal Klima. Gesundheitsrisiken. Gefahren für Pflanzen, Tiere und Menschen. Hamburg, Freiburg, Bonn, List/Sylt, 215-218
  2. Evengard, B. and R. Sauerborn (2009): Climate change influences infectious diseases both in the Arctic and the tropics: joining the dots, Global Health Action, DOI: 10.3402/gha.v2i0.2106

Weblinks

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