Mangroven im Klimawandel

Aus Klimawandel
Mangroven in Tonga, Polynesien

Bedeutung und Verbreitung

Mangroven sind bewaldete Feuchtgebiete, die sich durch Luftwurzeln, Mechanismen zur Salzausscheidung und andere Eigenschaften an Gezeitenverhältnisse und Brackwasser angepasst haben. Sie finden sich an geschützten Küsten, in Ästuaren, flachen Lagunen und Deltas. Sie wachsen zwischen terrestrischen und marinen Lebensgemeinschaften und stehen unter dem Einfluss des ozeanischen Salzwassers sowie dem Süßwasser aus den Flüssen des Binnenlands und deren Sedimenten und Nährstoffen. Die Bäume der Mangrovenwälder können 30-40 m hoch werden und sich einige km landeinwärts ausbreiten. Ihre vielfach verbreiteten Luftwurzeln verankern die Bäume in dem schlammigen Boden und nehmen Nährstoffe aus der Luft und dem Wasser auf. Sie bremsen die Fließgeschwindigkeit und verstärken so die Sedimentation, sie können Salz aus dem Meerwasser herausfiltern, und ihre Blätter sind in der Lage, Salz auszuscheiden.[1]

Die Ökosystemleistungen der Mangrovenwälder für die Bevölkerung von zahlreichen tropischen und subtropischen Küsten sind enorm vielfältig. Sie reichen vom Schutz vor Erosion an den Küsten, dem Schutz der Bevölkerung vor Extremereignissen wie Tsunamis, Sturmfluten, Hochwasser bis zur Beherbergung zahlreicher Fischarten. Mangroven sind ein wichtiger Lebensraum für eine Vielfalt von Tieren, neben Fischen auch für Reptilien, Vögel und Säugetiere. Für Fischer, Bauern und sonstige ländliche Bevölkerung bieten sie wichtige Nahrungsmittel, Bau- und Brennholz. Für den Menschen sind sie nicht nur wichtige Fischgründe, sondern auch eine ökonomisch wertvolle Umgebung für Muschel-, Austern- und Garnelenzucht.[2] Nicht zuletzt sind Mangroven ein bedeutender Kohlenstoffspeicher (s.u.).

Globale Verbreitung von Mangroven

2010 umfassten die Mangrovengebiete der Welt 137.000 km2. Sie kommen auf dem Globus zwischen 32° N und 39° S vor, wobei 96% der Mangroven zwischen den Wendekreisen in den Tropen und Subtropen zu finden sind. Fast 39% der Mangrovengebiete der Welt befinden sich in Asien, vor allem in Südostasien (32%). Weitere größere Vorkommen befinden sich mit 29% in Nord- und Südamerika und mit 20% in Afrika und 12% in Ozeanien. Bei den einzelnen Staaten weisen Indonesien (19,5%), Brasilien (8%) und Australien (7,3%) die meisten Mangrovenwälder auf.[1]

Gefährdung

Zwischen 1980 und dem Beginn der 2000er Jahre hat die Fläche der Mangrovengebiete um 20% abgenommen,[1] andere Quellen sprechen von 35%, wobei von den Mangrovenflächen in Südamerika und Asien 52% verloren gegangen sein sollen.[3] In den letzten Jahrzehnten hat sich die Verlustrate allerdings verlangsamt. Betrug der jährliche Flächenverlust in den 1980er Jahren noch ca. 185.000 ha, so waren es zu Beginn des neuen Jahrhunderts nur noch 102.000 ha.[1] Die Verringerung der Verluste setzte sich auch im folgenden Jahrzehnt bis mindestens 2016 fort. In diesem Zeitraum gingen dennoch 3.363 km2 bzw. 2,1% der globalen Fläche verloren. Die wichtigste Ursache für die Vernichtung von Mangrovenwäldern waren menschliche Aktivitäten, die für 62% des Rückgangs in der Zeit von 2000 bis 2016 verantwortlich waren, während natürliche Prozesse den Rest bewirkt haben.[4] Dabei ist durch den Klimawandel an den als natürlich eingestuften Ursachen zunehmend auch der Mensch beteiligt.

Direkte menschliche Eingriffe

Bereits im mittleren und späten Holozän gab es eine menschliche Nutzung von Mangroven auf niedrigem Niveau durch die Gewinnung von Holzkohle. Seit dem 18. Jahrhundert wurde von den Kolonialmächten Mangrovenholz für den Schiffbau genutzt. Im 19. Jahrhundert begann die Umwandlung von Mangroven für landwirtschaftliche Zwecke, z.B. in Kokusnuss-Plantagen in der Karibik. Bei den menschlichen Eingriffen im 20. Jahrhundert dominierte die Umwandlung von Mangrovenwäldern in Agrarflächen und Aquakulturen.[3] Vorherrschend waren der Anbau von Reis und Ölpalmen sowie Anlagen zur Garnelenzucht. Allein auf die sechs südostasiatischen Länder Indonesien, Myanmar, Malaysia, die Philippinen, Thailand und Vietnam entfielen 82% der weltweiten anthropogenen Verluste. In Südostasien konzentrierten sich auch neun Zehntel der globalen Umwandlung von Mangrovenwäldern in Aquakulturen und Anbauland.[4]

In der Zeit zwischen 2000 und 2016 nahmen die direkten menschlichen Eingriffe dann deutlich ab. Anfang der 2000 Jahre lagen sie vier Mal so hoch wie in den 2010er Jahren und waren in beiden Jahrzehnten deutlich niedriger als gegen Ende des 20. Jahrhunderts.[4] Als Ursache für den Rückgang der Mangroven-Verluste gelten einerseits Maßnahmen zum Schutz der empfindlichen Ökosysteme, zum anderen aber auch die Tatsache, dass bereits im 20. Jahrhundert die globale Fläche der Mangrovenwälder erheblich geschrumpft war.

Verluste von Mangroven und ihre Ursachen über den Zeitraum 2000-2016. (a) Verluste und ihre Ursachen nach Längengrad, (b) nach Breitengrad, (c) – (g) relative Anteile der Ursachen.

Natürliche Risiken und Gefährdung durch den Klimawandel

Neben den anthropogenen Verlusten von Mangrovenwäldern gibt es auch Verluste durch natürliche Prozesse. Sie machten nach Goldberg et al. (2020) im Zeitraum 2000-2016 38% der Gesamtverluste aus. Die natürlich verursachten Verluste gingen ebenfalls zurück, wenn auch deutlich weniger als bei den menschlich verursachten Zerstörungen der Mangrovenwälder. Als natürliche Ursachen kommen hauptsächlich Küstenerosion und Wetterextreme in Frage. Die Zentren der Küstenerosion, die 27% aller Verluste ausmachen, finden sich in den Sundarbans, den größten Mangrovenwäldern der Erde im Ganges-Brahmaputra-Delta in Indien und Bangladesch, sowie im Mekongdelta in Vietnam und dem Amazonasdelta in Brasilien. Verluste durch Extremereignisse wie tropische Wirbelstürme, Dürren, Hitzewellen oder extreme Überschwemmungen sind weltweit verteilt.[4]

Flächenverluste von Mangroven nach Staaten in 1000 ha

Nach Sippo et al. (2018)[5] gehen 45% der natürlich bedingten Zerstörungen auf das Konto von tropischen Wirbelstürmen. Dabei verursachen sehr hohe Windgeschwindigkeiten Astbrüche und die Entwurzelung von Bäumen. Starke Wellen haben Bodenerosion zur Folge und können die Fortpflanzung stören, indem sie Sämlinge wegschwemmen. Sturmfluten setzen ganze Mangrovenwälder unter Wasser und schädigen die Mangrovenbäume durch zu hohen Salzgehalt. Regionale Schwerpunkte sind die Karibik auf der Nordhalbkugel und Australien auf der Südhemisphäre. Dürren sind ebenfalls ein wichtiger Risikofaktor für Mangroven. Sie setzen die Pflanzen unter Trockenstress und reduzieren die Wasserzufuhr aus dem Landesinnern, wodurch die Sedimentation verringert wird. Damit kann die Verankerung der Bäume geschwächt werden, was sie wiederum stärker Stürmen und Fluten aussetzt. Das Zusammenwirken verschiedener Stressfaktoren kann das Risiko für Mangrovenwälder erheblich erhöhen. Eine Intensivierung der natürlichen Zerstörungskräfte geht schon jetzt vom anthropogenen Klimawandel aus.

In Zukunft ist davon auszugehen, dass die durch Küstenerosion und Wetterextreme bedingte Reduzierung der Mangrovenwälder dominieren wird. Auch dabei spielt der Mensch allerdings eine Rolle. Der zunehmende Bau von Staudämmen und Deichanlagen flussaufwärts verringert die Sedimentablagerung in den Mangrovengebieten und setzt sie damit verstärkt der Erosion aus. Außerdem kann es durch Entwaldung in höheren Lagen bei Starkniederschlägen zu stärkeren Überschwemmungen im Küstenbereich kommen. Hinzu kommt der vom Menschen verursachte Klimawandel. Die Erwärmung der Weltmeere und das Abtauen von Eismassen auf der Erde führen zu einem höheren Meeresspiegel, durch den die Erosion an den Küsten verstärkt wird und Mangrovenwälder überflutet werden.[4] Mangroven können sich zwar einem steigenden Meeresspiegel bis zu einem gewissen Grad anpassen, z.B. durch Wanderung landeinwärts oder durch Laubabwurf und Wurzelwachstum zur Anhebung des Bodenniveaus.[6] Aber die Bedingungen, unter denen das geschehen müsste, sind längst nicht mehr natürlich. Vielerorts verhindern Infrastrukturanlagen eine Höherwanderung der Mangroven, und die verringerten Sedimentzulieferungen infolge von Staudammbauten erhöhen die Wasserstände.[3] Hinzu kommt, dass die Anstiegsrate des Meeresspiegels möglicherweise in Zukunft mancherorts schneller erfolgt, als Mangroven sich anpassen können. Der globale Meeresspiegelanstieg liegt gegenwärtig bei 3,2 mm/Jahr. Es gibt aber Regionen, in denen er das Doppelte oder fast das Dreifache beträgt, z.B. in manchen Gebieten Indonesiens oder im Mississippi-Delta.[6]

Tropische Wirbelstürme werden durch den Klimawandel zwar nicht unbedingt häufiger, aber stärker. Ebenso wird der Meeresspiegelanstieg in Zukunft weiter anhalten, auch wenn die Menschheit ihre Treibhausgasemissionen eingestellt haben sollte. Auch die anderen Extremwetterereignisse nehmen schon gegenwärtig merklich zu. Es gibt aber auch positive Folgen des Klimawandels für die Mangrovenbestände. Die Erhöhung der Temperaturen in den nördlichen und südlichen Grenzräumen der Mangroven, wo bisher Frosteinbrüche das Wachstum von Mangroven einschränkten, kann zur Ausdehnung der Gebiete führen, in denen diese wertvollen Ökosysteme gedeihen.[5]

Mangroven als CO2-Speicher

Die Verteilung von Kohlenstoff in den oberen 100 cm Boden von Mangroven in 1000 t/ha. Die drei Beispiele zeigen einen niedrigen Kohlenstoffgehalt (A: Sundarbans), einen mittleren (B: Panama) und einen hohen (C: Papau, Indonesien)

Mangroven bedecken nur 0,1% (bzw. 81.500 km2) der kontinentalen Erdoberfläche,[7] gehören aber zu den kohlenstoffreichsten Ökosystemen der Erde. Pro Flächeneinheit speichern Mangroven vier Mal so viel Kohlenstoff pro Jahr wie tropische Regenwälder, nämlich 168 g C/m2 gegenüber 40 g C/m2.[8] Vor allem sind sie in der Lage, Kohlenstoff über Tausende von Jahren im Boden zu akkumulieren. Ihre komplexen Wurzelstrukturen, wassergesättigte Böden und das Fehlen von Feuern resultieren in deutlich höheren Speicherraten von Kohlenstoff als in terrestrischen Wäldern. Nach manchen Schätzungen betragen die in den Ökosystemen von Mangroven angereicherten Kohlenstoffmengen global 5-10 Gt C.[7] Nach anderen Quellen sind die Mengen doppelt so hoch, wobei sich mit fast 80% der allergrößte Teil davon im Boden befindet.[9] Modellberechnungen nach Sandermann et al. (2018) kommen auf 6,4 Gt C in den oberen 100 cm und 12,6 GtC in den oberen 2 m. Global sind die gespeicherten Kohlenstoffmengen pro ha sehr unterschiedlich verteilt. So findet sich in den Böden der Sundarbans von Bangladesch, dem größten Mangrovenwald der Welt, mit 127 Mg C/ha ein sehr niedriger Wert. Hier werden einerseits die organischen Bestandsteile im Ganges-Brahmaputra-Delta durch zu hohe Sedimentablagerungen immer wieder überdeckt, andererseits werden die organischen Ablagerungen häufig sowohl durch Sturmfluten wie durch Starkregen ausgeschwemmt. Die Mangroven-Böden der Inseln Indonesiens, wo es an größeren Zuflüssen und Sedimenteinträgen mangelt, zeigen dagegen Werte von 500 Mg C/ha und mehr (s. Abb.).[9]

Die großen Verluste an Mangrovengebieten bedeuten auch eine entsprechende Freisetzung von Kohlenstoff. Für 2000-2012 werden die gesamten Verluste an Kohlenstoff auf 86 Tg C geschätzt.[10] Allein aus den Böden wurden zwischen 2000 und 2015 30-122 Tg C emittiert. 75% der Verluste gehen auf das Konto der Länder Indonesien, Malaysia und Myanmar. Obwohl Malaysia eine ähnlich große Mangrovenfläche wie Myanmar verloren hat, betrug der Kohlenstoffverlust nahezu das Doppelte. Grund waren die höheren Kohlenstoffkonzentrationen in Malaysia. In vielen Fällen hat die Umwandlung von Mangrovenwald in Garnelen-Zuchtbecken zu nahezu dem vollständigen Verlust des Kohlenstoffs in den oberen 100 cm Boden geführt.[9]

Nach Modellprojektionen mit einem business as usual (weiter wie bisher) Szenario könnten die weiteren Kohlenstoffverluste bis 2100 akkumuliert ca. 650 Tg C erreichen. Die Hälfte davon würde in Indonesien und Südostasien anfallen. Dreiviertel der Verluste in dieser Region einschließlich des Golfs von Bengalen würden durch die Umwandlung von Mangrovenwäldern in landwirtschaftliche Nutzung und Aquakultur verursacht werden.[11] Die Verhinderung einer solchen Entwicklung wäre eine wichtige Maßnahme für den Klimaschutz. Allerdings wäre die globale Wirkung vernachlässigbar. Mangroven speichern zwar große Kohlenstoffmengen pro Fläche. Aufgrund ihrer geringen globalen Ausdehnung von 0,1% der kontinentalen Erdoberfläche beträgt ihre Speicherkapazität von Kohlenstoff jedoch nur 0,5% der Speicherkapazität der globalen terrestrischen Vegetation, gegenüber z.B. 30% durch die tropischen Regenwälder. Für die Klimaschutzziele einzelner Staaten mit größeren Mangrovenbeständen könnte die Bewahrung der Kohlenstoffspeicher in Mangrovenwäldern und ihren Böden dagegen eine wichtige Rolle spielen.[8]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 FAO (2007): The World’s Mangroves 1980–2005; Food and Agriculture Organization of the United Nations: Rome, Italy
  2. Bunting, P., A. Rosenqvist, R. Lucas, L. Rebelo et al. (2018): The global mangrove watch – A new 2010 global baseline of mangrove extent. Remote Sensing, 10(10), 1669. https://doi.org/10.3390/rs10101669
  3. 3,0 3,1 3,2 Friess, D.A., K. Rogers, C.E. Lovelock et al. (2019): The State of the World's Mangrove Forests: Past, Present, and Future, Annual Review of Environment and Resources 2019 44:1, 89-115
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Goldberg, L.D. Lagomasino, N. Thomas, T. Fatoyinbo (2020): Global declines in human‐driven mangrove loss. Global Change Biology 26, 5844–5855
  5. 5,0 5,1 Sippo, J.Z., C.E. Lovelock, I.R. Santos et al. (2018): Mangrove mortality in a changing climate: An overview, Estuarine, Coastal and Shelf Science 215, 241-149, https://doi.org/10.1016/j.ecss.2018.10.011
  6. 6,0 6,1 Ward, R. D., D. A. Friess, R. H. Day, and R. A. MacKenzie (2016): Impacts of climate change on mangrove ecosystems: a region by region overview. Ecosystem Health and Sustainability 2(4):e01211. doi:10.1002/ehs2.1211
  7. 7,0 7,1 Atwood, T., R. Connolly, H. Almahasheer et al. (2017): Global patterns in mangrove soil carbon stocks and losses. Nature Clim Change 7, 523–528 (2017). https://doi.org/10.1038/nclimate3326
  8. 8,0 8,1 Taillardat, P., D.A. Friess, M. Lupascu M. (2018): Mangrove blue carbon strategies for climate change mitigation are most effective at the national scale. Biol. Lett. 14: 20180251. http://dx.doi.org/10.1098/rsbl.2018.0251
  9. 9,0 9,1 9,2 Sanderman, J., T. Hengl, G. Fiske et al. (2018): A global map of mangrove forest soil carbon at 30 m spatial resolution. Environ. Res. Lett. 13: 055002, https://doi.org/10.1088/1748-9326/aabe1c
  10. Hamilton, S.E., and D.A. Friess (2018): Global carbon stocks and potential emissions due to mangrove deforestation from 2000 to 2012, Nature Climate Change 8, 240-244, https://doi.org/10.1038/s41558-018-0090-4
  11. Adame, M.F., R.M. Connolly, M.P. Turschwell, et al. (2021): Future carbon emissions from global mangrove forest loss, Global Change Biology, 10.1111/gcb.15571, 27, 12, (2856-2866)

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