Klimaänderungen und Landwirtschaft Indien: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Reis Pflanzen Indien.jpg|thumb|420px|Einsetzen von Reispflanzen nach dem Monsun in Tamil Nadu, Indien]]
[[Bild:Reis Pflanzen Indien.jpg|thumb|420px|Abb. 1: Einsetzen von Reispflanzen nach dem Monsun in Tamil Nadu, Indien]]
== Landwirtschaft und Klima ==


Die Landwirtschaft nimmt in Indiens Wirtschaft immer noch eine dominierende Stellung ein. Zwar ist der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt zwischen 1983 und 2001 von 39 % auf 24 % zurückgegangen. Der Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft an allen Beschäftigten hat sich im selben Zeitraum jedoch nur von 63 auf 57 % verringert und umfasst immer noch die Mehrheit der indischen Arbeitskräfte. Zwar konnte die Produktion zwischen dem Beginn der 1980er Jahre und dem Beginn des neuen Jahrhunderts von 130 auf 212 Mio. t gesteigert werden. Die wachsende Bevölkerung macht es jedoch erforderlich, dass bis 2020 die Produktion auf rund 300 Mio. t erhöht werden muss, um den heutigen Ernährungsstand von ohnehin sehr geringen 550 gr/Tag und Kopf (USA: 2850 gr) zu halten. 60 % der Agrarfläche, auf denen diese enorme Erntesteigerung geleistet werden muss, bestehen aus Regenfeldbau und sind von den unsicheren Niederschlägen des [[Indischer Monsun|Monsuns]] abhängig. Das zeigt deutlich die Abhängigkeit der indischen Landwirtschaft vom Klima.<ref name="Mall 2006">R.K. Mall et al. (2006): Impact of climate change on Indian agriculture: a review, Climatic Change (2006) 78: 445–478</ref>
== Die Bedeutung des landwirtschaftlichen Sektors in Indien ==
Indien ist mit 1,46 Mrd. Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Erde noch vor China<ref name="Statista 2025">Statista (2025): [https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1722/umfrage/bevoelkerungsreichste-laender-der-welt/ Die 20 Länder mit der größten Einwohnerzahl im Jahr 2025]</ref>  und stellt 17,7% der globalen Bevölkerung.<ref name="Hussain 2023">Hussain, S., H. Ejaz, S. Pallavi et al. (2023): [https://www.frontiersin.org/journals/sustainable-cities/articles/10.3389/frsc.2023.1308684 Navigating the impact of climate change in India: a perspective on climate action (SDG13) and sustainable cities and communities (SDG11)], Frontiers in Sustainable Cities</ref>  Die Landwirtschaft besitzt einen Anteil von 16,5% am Bruttosozialprodukt und beschäftigt 42,3% der arbeitenden Bevölkerung. Der landwirtschaftliche Sektor ist in den letzten drei Jahrzehnten um 3,2% jährlich gewachsen und damit fast doppelt so schnell wie die Bevölkerung mit 1,7%.<ref name="FAO 2024">FAO (2024): [https://openknowledge.fao.org/handle/20.500.14283/cd3614en Country Programming Framework for India, 2023–2027]</ref>  Die Wachstumsrate der landwirtschaftlichen Produktion war in dieser Zeit nahezu gleichbleibend, wogegen das Bevölkerungswachstum auf 1,1% pro Jahr zurückgegangen ist.<ref name="Chand 2022">Chand, R., P. Joshi, S. Khadka, Hrsg. (2022): [https://link.springer.com/book/10.1007/978-981-19-0763-0 Indian Agriculture Towards 2030]</ref>
Als Ergebnis hat sich Indien zu einem Agrar-Exportland entwickelt. Ein wesentlicher Grund ist die sog. Grüne Revolution, die wesentlich durch die weitreichende Anwendung von Bewässerung und den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln angetrieben wurde.<ref name="FAO 2024"/>  Über 7% der indischen Nahrungsmittelproduktion werden inzwischen exportiert.<ref name="Chand 2022"/>  Dennoch leben in Indien mit fast 350 Mio. Menschen (2017) so viele unterernährte Menschen wie in keinem anderen Staat der Welt.<ref name="Mohapatra 2024">Mohapatra, S., L. Wen, B. Sharp & D. Sahoo (2024): [https://doi.org/10.1016/j.eap.2024.07.021 Unveiling the spatial dynamics of climate impact on rice yield in India], Economic Analysis and Policy 83</ref>


Vor allem besteht eine deutliche Abhängigkeit der indischen Landwirtschaft vom Sommermonsun. Etwa 86 % der jährlichen Reisernte fällt in Indien in die Monsunzeit von Juni bis Oktober. Die Reisproduktion wird daher primär vom Verhalten des Monsuns bestimmt. So hat 2009/10 das späte Einsetzen der Monsunregenfälle zu einer Reduktion der Reisproduktion um ca. 10 Mio. t (bei einer Gesamtproduktion von ca. 95 Mio t in 2010/11) geführt.<ref name="Soora 2013" /> Der Monsunniederschlag zeigt starke Schwankungen von Jahr zu Jahr, die für weiträumige [[Dürren]] und [[Starkniederschläge und Hochwasser|Überschwemmungen]] verantwortlich sind. Auch für den Anbau in der Nachmonsunzeit (ab November) sind die vorausgegangenen Monsunniederschläge wichtig, da bei reichlichen Niederschlägen Bodenfeuchte und Grundwasserspeicher hoch sind, was den Winterpflanzen zugute kommt bzw. der Bewässerung dient. Die Veränderung der [[Globaler Monsun|Monsun]]zirkulation durch den [[Klimawandel]] ist daher von größter Bedeutung für die indische Landwirtschaft. Außerdem spielt auch der [[Klimaprojektionen Asien|prognostizierte Temperaturanstieg]] eine wichtige Rolle, da er mit einer höheren [[Verdunstung]] und mit [[Hitzewellen]] einhergeht. Günstig wird sich dagegen der steigende [[Kohlendioxid-Konzentration|CO<sub>2</sub>-Gehalt der Atmosphäre]] auf das [[Wirkung von Kohlendioxid und Ozon|Pflanzenwachstum]] auswirken.
Reis ist das wichtigste Grundnahrungsmittel des Landes (Abb. 1) und nimmt 40-43% der Getreideanbaufläche ein, die hauptsächlich im Regenfeldbau bewirtschaftet wird. Ein Fünftel der globalen Reisernte stammt aus Indien, das nach China an zweiter Stelle der Reisproduktion steht.<ref name="Mohapatra 2024"/> Indien besitzt mit 44 Mio. ha die größte Reisanbaufläche in der Welt und mit 118 Mio. t nach China die zweitgrößte Produktion. Die Produktivität von Reis hat sich über die letzten 70 Jahre dank der Grünen Revolution und späterer Entwicklung von 21 Mio. t um 1950 auf 118 Mio t fast um das Sechsfache erhöht. Nach Reis ist Weizen in Indien die zweitwichtigste Anbaufrucht. Die Weizenproduktion lag 2020/21 bei 110 Mio. t und wurde auf 32 Mio. ha angebaut. Der Anbau konzentriert sich zu 92% auf fünf Staaten, Uttar Pradesh, Punjab, Haryana, Madhya Pradesh, Rajasthan und Bihar im Norden und Nordwesten Indiens. Die Produktion von Weizen in Indien ist eine Erfolgsgeschichte der Grünen Revolution und liegt heute ca. 15 Mal höher als in den 1970er Jahren. Weizen wird in Indien im Winter von Mitte Oktober bis April angebaut, und zwar zu fast 90% auf bewässertem Land.<ref>Singh, S.K., S. Kumar, P.L. Kashyap et al. (2023): [https://doi.org/10.1007/978-981-19-7997-2%207 Wheat]. In: Ghosh, P.K., A. Das, R. Saxena et al. (eds): Trajectory of 75 years of Indian Agriculture after Independence. Springer, Singapore</ref>


== Klimaänderungen und Landwirtschaft ==
== Klimaänderungen und Landwirtschaft ==
[[Bild:Indien temp-mini 2000.jpg|thumb|420px|Änderung der jährlichen Minimumtemperatur von Indien 1901-2007]]
* Hauptartikel: [[Klimaänderungen in Südasien]]
Die indische Mitteltemperatur ist im 20. Jahrhundert um ca. 0,6 °C angestiegen.<ref name="Blunden 2011">Blunden, J., D. S. Arndt, and M. O. Baringer, Eds. (2011): State of the Climate in 2010. Bull. Amer. Meteor. Soc., 92 (6), 1–266.</ref> Das ist zwar etwas weniger als der [[Aktuelle Klimaänderungen|globale Durchschnitt von über 0,7 °C]], zeigt aber dennoch Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion. Untersuchungen haben ergeben, dass auch schon eine geringe Zunahme der Temperatur in Kombination mit der ebenfalls beobachteten Abnahme der [[Strahlung|Sonneneinstrahlung]] durch [[Aerosolwirkung in Asien|Aerosolbelastung]] in der Indus-Ganges-Ebene, dem Kerngebiet der indischen Landwirtschaft, zu einem negativen Trend in der Reis- und Weizenproduktion geführt haben. Der Temperaturanstieg zeigte sich vor allem bei den Minimumtemperaturen der Nacht, die 1991-2000 um 0,56 °C zugenommen hat. Die Sonneneinstrahlung ist dagegen 1981-2004 um 5 % gefallen. Beide Trends führten nach Untersuchungen zu einer Reduzierung der Reisernte. Die Erhöhung der Nachttemperaturen hat am Ende der sommerlichen Wachstumszeit sogar einen höheren Effekt als die Änderungen des Monsuns (s.u.).<ref name="Auffhammer 2011">Auffhammer, M., V. Ramanathan, J.R. Vincent (2011): Climate change, the monsoon, and rice yield in India, Climatic Change, DOI 10.1007/s10584-011-0208-4</ref>
* Hauptartikel: [[Dürren in Südasien]]
[[Bild:Indien ns 1960-2006.jpg|thumb|420px|Änderung der indischen Monsun-Niederschläge (Juni-Sept.)]]
* Hauptartikel: [[Hitzewellen in Südasien]]
* Hauptartikel: [[Starkregen und Hochwasser in Südasien]]
Indien und seine Nachbarländer, die zusammen den südasiatischen Subkontinent bilden, sind durch ein [[Tropen|tropisches]] bis [[Subtropen|subtropisches]] Klima bestimmt und stehen weitgehend unter dem Einfluss des [[Südasiatischer Monsun|südasiatischen Monsuns]]. Südasien gilt als eine der am stärksten durch den [[Klimawandel]] gefährdeten Regionen der Erde.<ref name="Abeysekara 2024">Abeysekara, W.C.S.M., M. Siriwardana & S. Meng (2024): [https://doi.org/10.1111/1467-8489.12541 Economic consequences of climate change impacts on South Asian agriculture: A computable general equilibrium analysis]. Australian Journal of Agricultural and Resource Economics, 68, 77–100</ref> Die Jahresmitteltemperatur ist in Indien seit Anfang der 1970er Jahre um ca. 1 °C angestiegen, die Maximum- und Minimumtemperaturen in vielen Regionen sogar um 2 °C. Nach [[Erdsystemmodelle|Modellprojektionen]] wird die Jahresmitteltemperatur des Landes bis 2080 um 3,3-4,8 °C zunehmen. Allein in Indien gab es zwischen 1970 und 2021 573 wetter- und klimabezogene Katastrophen, die 138.000 Menschenleben forderten. [[Dürren in Südasien|Dürren]] (Abb. 3) und [[Starkregen und Hochwasser in Südasien|Starkniederschläge]] waren die folgenreichsten [[Wetter- und Klimaextreme|Wetterextreme]].<ref name="Hussain 2023"/>  


In der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts sind die Monsunniederschläge weniger häufig, aber intensiver geworden, wodurch das Risiko von [[Dürren]] und [[Starkniederschläge und Hochwasser|Überschwemmungen]] mit Zerstörungen von Reisernten zugenommen hat. Dürren haben dabei einen deutlich größeren negativen Effekt als extreme Niederschläge. Aktuelle Untersuchungen haben ergeben, dass der indische Monsun sich auf zwei Arten verändert hat: 1. ist er schwächer geworden, und 2. sind die Niederschläge während der Monsunzeit extremer geworden. Im Zeitraum 1961-1998 lag der mittlere Niederschlag während der Monsunzeit Juni-September bei 1211 mm und damit um 5 % unter dem Mittel der davor liegenden 30-Jahresperiode 1931-1960, das 1259 mm betrug. In nahezu derselben Zeit stieg die jährliche Wahrscheinlichkeit einer Dürre von 8,6 % auf 16,4 %. Zwischen 1951 und 2000 hat außerdem die Häufigkeit von starken und sehr starken Niederschlagsereignissen in Zentralindien um 50 bzw. 100 % zugenommen.<ref name="Auffhammer 2011" /> Dabei sind vor allem die kurzfristigen Schwankungen der Sommermonsunniederschläge ein Problem für die landwirtschaftliche Produktion. So hat der Abfall der Niederschläge im Jahre 2002 um 19 % zu einer Abnahme der Nahrungsmittelproduktion von 212 Mio. t auf 174 Mio. t (bzw. um 18 %) geführt.<ref name="Mall 2006" />
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| [[Bild:Drought-S-Asia.jpg|thumb|480px|Abb. 2: Von Dürren betroffene Agrarflächen in Südasien als Änderung zu 1995-2014 in % nach dem Szenario SSP5-8.5]]||[[Bild:India dry soil.jpg|thumb|380px|Abb. 3: Trockener Boden in Nord-Indien am mittleren Ganges, aufgenommen am 16.1.2019 ]]
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Allerdings zeigt Indien nicht durchgehend eine Temperaturzunahme seit den 1950er Jahren. In einem Gebiet, das vom Nordosten des Landes bis nach Zentralindien reicht, zeigt sich je nach Jahreszeit auch eine Abkühlung, die im Nordosten während der Vormonsunzeit (April und Mai) bis -1,2 °C erreicht. Als Ursache wird eine durch anthropogene Emissionen bedingte Aerosolschicht über dem nördlichen Indischen Ozean und Südasien angenommen, die die Erdoberfläche gegen die solare Einstrahlung abschirmt und eine Abkühlung am Boden bewirkt.<ref name="Ross >Ross, R.S., T.N. Krishnamurti, S. Pattnaik et al. (2018): [https://doi.org/10.1038/s41598-018-25347-2 Decadal surface temperature trends in India based on a new high-resolution data set]. Sci Rep 8, 7452</ref>


== Projektionen ==
Der [[Globaler Monsun|Monsun]] ist der Hauptregenbringer der Region und hat im 20. Jahrhundert aufgrund der [[Anthropogen|anthropogenen]] [[Aerosolwirkung in Asien|Aerosolbelastung]] abgenommen. Für das 21. Jahrhundert wird jedoch eine Zunahme der Niederschläge erwartet, da die Aerosolemissionen durch die staatliche Gesundheitspolitik auch in Indien zurückgehen werden. [[Hitzewellen in Südasien|Hitzewellen]] und Dürren werden jedoch nach Modellberechnungen häufiger und intensiver werden,<ref name="Abeysekara 2024"/> so dass Überschwemmungen, Dürren und Wassermangel die Ernährungssicherheit bedrohen werden, besonders in Indien und Pakistan.<ref name="IPCC 2022a">IPCC AR6 WGII (2022): Asia, 10.3</ref> In Südasien wird zudem ein verstärkter Land-Meer-Gegensatz die Sommerniederschläge verstärken, wodurch die Monsunniederschläge wahrscheinlich in Ost-, Südost- und Südasien wahrscheinlich zunehmen werden.<ref name="IPCC 2022a"/>
[[Bild:Indien reisernte.jpg|thumb|620px|Änderung der Reisernte in Nord- und Südindien in % - in Abhängigkeit vom Anstieg des CO<sub>2</sub>-Gehalts und der Temperatur.]]
Zahlreiche [[Klimamodelle|Modelluntersuchungen]] haben versucht, die Folgen einer Klimaerwärmung und Erhöhung der [[Projektionen Kohlendioxid|CO<sub>2</sub>-Konzentration]] auf die Ernte der wichtigsten Anbaufrüchte in Indien für das 21. Jahrhundert zu berechnen. Bei allen zeigen die Erhöhung des Kohlendioxidgehalts der [[Atmosphäre]] und die Zunahme der Temperatur gegensätzliche Effekte. So zeigen einige Modellrechnungen, dass eine Verdoppelung der CO<sub>2</sub>-Konzentration die Reisernte um 15 %, die Weizenernte um 28 % und die Sojaernte um 50 % erhöhen würde. Eine Temperaturerhöhung um 3 °C würde diesen positiven Effekt jedoch wieder aufheben. Der Grund liegt vor allem in der Verkürzung der Kornfüllungsphase. Ohne Berücksichtigung des CO<sub>2</sub>-Effekts würde schon eine Erwärmung um 2 °C genügen, um die Einnahmen in der Landwirtschaft um 8,4 % zu reduzieren.<ref name="Mall 2006" />  
Die Zunahme der Niederschläge in Südasien wird gegen Ende des 21. Jahrhunderts auf fast 30% im Vergleich zu der Zeit um 2000 geschätzt. Regional wird es jedoch Abnahmen im Westen (bes. Afghanistan, Pakistan und der Nordwesten Indiens) und stärkere Zunahmen im Osten geben. Auch für Bangladesch wird mit Abnahmen gerechnet. Die potentielle [[Verdunstung]] wird mit der steigenden Temperatur deutlich zunehmen, wodurch es zu Trockenheit trotz zunehmender Niederschläge kommen kann.<ref name="Mondal 2024">Mondal, S.K., B. Su, J. Huang et al. (2024): [https://doi.org/10.1029/2023EF003872 Climate change will aggravate South Asian cropland exposure to drought by the middle of 21st century]. Earth's Future, 12, e2023EF003872</ref> In den letzten Jahrzehnten kam es in Südasien etwa fünfmal pro Jahr zu Dürreereignissen (Abb. 2). Die Häufigkeit von Dürren wird sich nach Modellberechnungen bis zur Mitte des Jahrhunderts um 20% und mehr erhöhen, überraschenderweise aber bis zum Ende des Jahrhundert besonders bei hohen [[Klimaszenarien|Emissionsszenarien]] wieder abschwächen. Eine ähnliche Entwicklung werden die von Dürren betroffenen Anbauflächen nehmen. Bis zur Jahrhundertmitte werden die Anbaugebiete, die von Dürren erfasst werden, gegenüber historischen Verhältnissen um ca. 50% zunehmen, bis Ende des Jahrhunderts aber wieder um ca. 10% abnehmen. Letzteres gilt vor allem für den Nordwesten Indiens sowie Teile Pakistans und Afghanistans.<ref name="Mondal 2024"/>


Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede zwischen Nord- und Südindien. Vor allem Südindien muss bei steigender Temperatur mit  Ernteverlusten rechnen, die allerdings durch einen höheren CO<sub>2</sub>-Gehalt bis zu einem gewissen Grad wieder ausgeglichen werden können. So würde  eine Temperaturzunahme um 3 °C in Südindien zu einer Reduzierung der Reisernte um 20 % führen, die nur kompensiert werden kann, wenn die CO<sub>2</sub>-Konzentration auf nahezu 650 ppm steigt. In Nordindien würde eine Temperaturerhöhung um 3 °C nur zu einem Ernteverlust von ca. 10 % führen. Und hier genügen schon 500 ppm CO<sub>2</sub>, um den Verlust wieder auszugleichen.<ref name="Mall 2006" />
Ein großes Problem sind neben der Wassernutzung (s.u.) [[Schädlinge und Krankheiten (Ökosysteme)|Schädlinge und Krankheiten]]. Bereits in den letzten Jahrzehnten sind Heuschreckenschwärme Aus Afrika und dem Mittleren Osten bis nach Indien gelangt. Eine verlängerte Monsunzeit, wie sie möglicherweise in Zukunft zu erwarten ist, könnte die Heuschreckenplage weiter verstärken. Der Maisanbau ist durch den Heerwurm bedroht, Weizen im Westen Indiens durch den Echten Mehltau. Die Ernteverluste durch Pflanzenschädlinge lagen in den 1960er Jahren bei 7,2%, in den 2010er Jahren bei 16,8%.<ref name="Aggarwal 2022">Aggarwal, P., J. Roy, H. Pathak et al. (2022): Managing Climatic Risks in Agriculture, in: Chand et al., Hrsg. (2022): Indian Agriculture Towards 2030</ref>


===Reis===
== Bewässerung als Problem der Zukunft ==
Reis ist das Hauptnahrungsmittel in Indien. Die Verbesserungen im Reisanbau haben in Indien deutlich dazu beigetragen, die Armut und den Hunger in der indischen Bevölkerung zu reduzieren. Um dem wachsenden Bedarf durch die zunehmende Bevölkerung und die ökonomische Entwicklung zu begegnen, müsste die Produktion bis zur Mitte des Jahrhunderts in Indien wie in anderen Entwicklungsländern etwa verdoppelt werden. Auf diesem Hintergrund ist der Einfluss des Klimawandels auf die Reisproduktion von elementarer Bedeutung.
Die [[Wasserprobleme_und_Klimawandel_in_Asien#Südasien|Bewässerung]] ist eines der großen Zukunftsprobleme Indiens, dessen Landwirtschaft in seiner Abhängigkeit von der Grundwassernutzung an der Spitze der Welt steht (Abb. 4). Indien besitzt etwa 155 Mio. ha Ackerland, wovon 142 Mio. ha tatsächlich genutzt werden. 28% davon befinden sich unter Bewässerung mit Grundwasser, 20% sind durch Oberflächenwasser bewässert und 51% sind Regenfeldbauflächen. Letztere sind besonders durch den Klimawandel und Dürren gefährdet.<ref name="FAO 2024"/>  [[Wassernutzung|Die Landwirtschaft ist der größte Verbraucher von Wasser und Land]]. Sie nutzt weltweit 70% des Wassers, in Indien sogar 80-90%. Die Wasserversorgung in Indien verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Ein Zeichen ist der Verbrauch von [[Wasserressourcen#Grundwasser|Grundwasser]], dessen Niveau sich auf alarmierende Weise absenkt (Abb. 5).<ref name="Chand 2022"/>
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| [[Bild:Indien Grundwasserstress.jpg|thumb|420px|Abb. 4: Klimawandel und Grundwasserstress in der indischen Landwirtschaft]]||[[Bild:Indien-Grundwasseränderung.jpg|thumb|300px|Abb. 5: Änderung des Grundwasserspiegels in Indien bis 2050 nach dem Szenario RCP2.6 ]]
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Mit dem Klimawandel wird der Wasserbedarf der Nutzpflanzen sowohl in der Monsun- als auch in der Wintervegetationsperiode ansteigen, da durch die höheren Temperaturen die [[Verdunstung]] und Transpiration der Pflanzen zunimmt. Dadurch geraten Pflanzen und der Boden in Wasserstress, worauf die Landwirte, soweit möglich, mit erhöhter Bewässerung reagieren. Der Wasserstress erhöht sich dabei durch die höheren Temperaturen stärker in der sommerlichen Monsun-Saison, der Reisanbauzeit, als in der Weizensaison im Winter. Ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1°C hatte eine Verringerung der Grundwasserzunahme durch Niederschläge in der Monsunzeit um 25 cm und eine Erhöhung der Grundwasserentnahme im Winter 11 cm zur Folge.<ref name="Bhattarai 2023">, N., D.B. Lobell, Balwinder-Singh et al. (2023): [https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.adi1401 Warming temperatures exacerbate groundwater depletion rates in India].Sci.Advances 9</ref> 


Der Klimawandel wirkt zum einen durch den CO<sub>2</sub>-Düngungseffekt auf die Reisernte. So könnte nach Freilandexperimenten eine Erhöhung der CO<sub>2</sub>-Konzentration auf 570 ppm zu einem Plus von 7-15 % bei der Reisernte führen. Eine deutliche Temperaturzunahme könnte diesen Effekt jedoch wieder aufheben. Auch Niederschlagsänderungen sind von Bedeutung.<ref name="Soora 2013">Soora, N.K., et al. (2013): An assessment of regional vulnerability of rice to climate change in India, Climatic Change, DOI 10.1007/s10584-013-0698-3</ref>
In Zukunft nehmen in Indien die Temperaturen und die Monsunniederschläge zu. Die Niederschläge im Winter werden dagegen zurückgehen, und ebenso wird die Nutzung von Grundwasser mit dem fallenden Grundwasserspiegel weniger werden. Höhere Temperaturen werden vor allem einen Rückgang der Niederschläge im Winter zur Folge haben, der die Zunahme der Monsunniederschläge übertreffen wird. Die Grundwasserpegel werden nach Modellberechnungen bis 2080 dreimal stärker fallen als die gegenwärtige Abnahmerate. Die Abnahme des Grundwassers wird sich vor allem auf den Nordwesten, Südwesten und einige Teile Zentralindiens erstrecken.<ref name="Bhattarai 2023"/>


Die Ernten des bewässerten Reisanbaus werden  nach Modellberechnungen bis Ende des Jahrhunderts um etwa 10 % durch den Klimawandel zurückgehen. Dabei sind die regionalen Unterschiede relativ groß. Die stärksten Verluste werden mit 23-30 % im trockenen Nordwesten erwartet, die geringsten im regenreichen Osten und Nordosten. Entscheidend ist dabei die Reaktion der Reispflanzen auf die höheren Temperaturen. Reis ist zwar als tropische Pflanze relativ gut an hohe Temperaturen angepasst. Die indischen Reissorten sind jedoch empfindlich gegenüber hohen Minimumtemperaturen von über 19 °C, hauptsächlich wegen einer reduzierten Verlagerung der organischen Stickstoff- und Kohlenstoffverbindungen in der Pflanze. Aber auch zu hohe Maximumtemperaturen, wie sie mit einem Anstieg um 4-5,3 °C vor allem für den Nordwesten Indiens projiziert werden, können die Reispflanzen unter Stress setzen.<ref name="Soora 2013" />
== Änderung der Produktion durch den Klimawandel ==
=== Jüngste Vergangenheit ===
Der Klimawandel hat sich bereits heute durch Dürren, Starkregen, Überschwemmungen, [[Tropische Wirbelstürme|tropische Zyklonen]] und Hitzewellen als ernsthaftes Problem für Indiens Landwirtschaft erwiesen. Durch extreme Temperaturen und Niederschläge haben die landwirtschaftlichen Einkommen nach Schätzungen während der sommerlichen Monsunzeit um 12% und im Winter um 6% abgenommen.<ref name="Aggarwal 2022"/>  Der Anbau ist vor allem durch häufige Dürren und andere Wetterextreme bedroht, die lokal Ernteverluste bis zu 40% hervorgerufen haben. So waren in Indien über 50% des Anbaulandes von Dürren betroffen und im benachbarten Bangladesch kam es im Mittel alle 2,5 Jahre zu Ernteverlusten von 40%.<ref name="Mondal 2024"/> 2005-2015 haben Monsun-Überschwemmungen zu hohen Verlusten in der Agrarproduktion in ganz Südasien geführt.<ref name="IPCC 2022b">IPCC AR6 WGII (2022): Asia, 10.4.5</ref>  


Beim Regenfeldbau, auf den 42 % der Reisanbaugebiete Indiens fallen, zeigen die Modelle eine relativ starke Reduktion der Reisernte bis 2020 um 6 %. In den folgenden Jahrzehnten wird jedoch mit einer relativ unbedeutenden Verringerung von weniger als 2,5 % gerechnet. Der Grund sind deutliche Zunahmen der Reisernte durch den Klimawandel von z.T. bis zu 20 % bis zum Jahrhundertende im Süden Indiens, die die Verluste in den übrigen Regionen z.T. ausgleichen. Der Süden erhält mit 400-800 mm gegenwärtig relativ mäßige Monsunniederschläge. Eine Erhöhung um 15-25 %, wie sie Modellprojektionen zeigen, bedeutet eine deutliche Verbesserung der Anbaubedingungen. Im Osten und Nordosten dagegen mit gegenwärtig schon über 1000 mm Niederschlägen während des Sommermonsuns führt eine Zunahme der Regenfälle um 10-35 % zu Ernteverlusten.<ref name="Soora 2013" />
Weizen und Reis sind die beiden wichtigsten Anbaufrüchte in Indien und zugleich die wichtigsten Grundnahrungsmittel für die Bevölkerung. Sie wachsen in Indien zu einem großen Teil in Rotation auf mindestens 12 Mio. ha, Reis in der sog. Kharif-Periode von Juni bis Oktober, Weizen in der Rabi-Periode von November bis Februar. In der landwirtschaftlich intensiv genutzten und als „Brotkorb“ Indiens bezeichneten Ganges-Ebene dominiert Reis im Osten im Regenfeldbau, im Westen dagegen mit Hilfe von Bewässerung. 2013-14 wurden hier 67 % der Weizenproduktion Indiens erzeugt.<ref name="Zhang 2017">Zhang, X., R. Obringer, C. Wei, N. Chen & D. Niyogi (2017): Droughts in India from 1981 to 2013 and Implications to Wheat Production. Scientific Reports 7, 44552; doi: 10.1038/srep44552</ref>  Die Ernten sind entscheidend von den Niederschlägen des Südwest-Monsuns im Juli bis September abhängig. Die langfristigen (1906-2005) mittleren Niederschläge in der Indus-Ganges-Ebene betragen 1099 mm. 81 % davon fallen in der Monsunzeit. West-Bengalen im Osten erhält mit 2038 mm den höchsten Jahresniederschlag in der Ganges-Ebene, Haryana im Westen mit 571 mm den geringsten.<ref name="Subash 2011">Subash, N. & Mohan, H. S. R. (2011): Trend detection in rainfall and evaluation of standardized precipitation index as a drought assessment index for rice-wheat productivity over IGR in India. Int. J. Climatol. 31, 1694–1709, doi: 10.1002/joc.2188</ref> Für den Weizenanbau ist das Winterhalbjahr entscheidend, das jedoch nur geringe Niederschläge aufweist. Die Bewässerung der Felder nimmt daher mit 40 % der Fläche (2009/10) eine prominente Stellung ein.<ref name="Zhang 2017"/>
 
=== Zukünftige Entwicklung ===
In den nächsten Jahrzehnten wird Südasien neben Afrika durch den Klimawandel am stärksten betroffen sein, besonders im Hinblick auf die Nahrungsmittelproduktion.<ref name="IPCC 2022b"/>  Die Ernteverluste könnten bis Ende des Jahrhunderts bis zu 60% betragen. Die meisten Studien prognostizieren schon bis 2040 im Vergleich zu 2000-2007 nach dem [[RCP-Szenarien|Szenario RCP4.5]] je nach Anbaufrucht eine Abnahme der Ernten, bei Weizen z.B. um 9%, bei Reis um 12% und bei Mais um 18%. Dabei ist der [[Klimaänderungen_und_Landwirtschaft#Der_CO2-Düngungseffekt|CO<sub>2</sub>-Düngungseffekt]] mit eingerechnet, Anpassungsmaßnahmen sind jedoch nicht berücksichtigt.<ref name="Aggarwal 2022"/> 
 
Obwohl der steigende Kohlendioxidgehalt das Wachstum von Anbaupflanzen fördert, bedrohen Auswirkungen des Klimawandels wie hohe Temperaturen, Dürren und Überschwemmungen die Ernährungssicherheit der Bevölkerung.<ref name="Li 2024">Li, N., Y. Zhao, J. Han et al. (2024): [https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S004896972405188X Impacts of future climate change on rice yield based on crop model simulation—A meta-analysis], Science of The Total Environment 949</ref>  Die durch Dürren gefährdete landwirtschaftliche Fläche wird bis zur Mitte des Jahrhunderts gegenüber der Referenzperiode 1995–2014 um fast 50% zunehmen. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird diese Fläche aber wieder um ca. 8% abnehmen. Um die Mitte des Jahrhunderts besteht die Dürregefahr bei dem mittleren [[SSP-Szenarien|Szenario SSP2-4.5]] vor allem für den Norden des Landes, während sie in Südindien etwas abnehmen wird. In der Periode 2081-2100 ist bei dem hohen Szenario SSP5-8.5 vor allem der Nordwesten Indiens von häufigeren Dürren betroffen. In Ost- und Zentralindien nehmen die Dürren bis zum Ende des 21. Jahrhunderts dagegen im Winter um bis zu 20% ab. Der wichtigste Grund sind die zunehmenden Monsun-Niederschläge vor allem bei dem hohen Szenario SSP5-8.5 im Norden und Osten Indiens, wo der Reisanbau dominiert, während sie im ohnehin trockenen Westen weiter abnehmen und damit vor allem den Weizenanbau gefährden.<ref name="Mondal 2024"/>
 
Die optimale Temperatur für Reis liegt bei 30 °C am Tage und 24 °C nachts, für Weizen bei 25 °C bzw. 19 °C. Die projizierte Mitteltemperatur gegen Ende des 21. Jahrhunderts wird für Südasien auf 23-30 °C geschätzt. Ein Temperaturanstieg um 2 °C wird daher bei Reis zu geringeren Einbußen führen als bei Weizen und Mais.<ref name="Aggarwal 2022"/>  Der Klimawandel wird in Indien nach Modellberechnungen von Abeysekara et al. (2024) bis 2050 zu einer Abnahme der Ernten bei Mais und Weizen um 5%, bei Reis um 2,6% führen.<ref name="Abeysekara 2024"/>  Dabei gibt es jedoch deutliche regionale Unterschiede. So wird in Tamil Nadu in Südindien die Reisernte durch zunehmende Monsunregen möglicherweise um bis zu 50% höher ausfallen.<ref name="Debnath 2020">Debnath, S., A. Mishra, D.R. Mailapalli et al. (2020): [https://doi.org/10.2166/wcc.2020.086 Assessment of rice yield gap under a changing climate in India]. J. Water Clim. Chang. 12, 1245–1267</ref>
 
=== Arbeitsproduktivität ===
[[Bild:Wet-bulb S-Asia RCP8.5.jpg|thumb|550px|Abb. 6: 30jahres-Mittel (1976-2005 und 2071-2100) der jährlichen maximalen Kühlgrenztemperatur historisch und nach dem Szenario RCP8.5]]
* Hauptartikel: [[Hitzewellen in Südasien]]
Der hohe Beschäftigungsgrad in der Landwirtschaft zeigt, dass in Indien die menschliche Arbeitskraft ein wesentlicher Inputfaktor ist. In diesem Zusammenhang spielt die Belastung durch die in Indien häufigen feuchten Hitzeereignisse besonders während des Sommermonsuns eine entscheidende Rolle. Ein längerer Aufenthalt im Freien bei erhöhter feuchter Hitze kann zu Gesundheitsschäden führen, die unter bestimmten klimatischen Bedingungen tödlich sein können. Bei der Wirkung auf den menschlichen Körper kommt es nicht nur auf die hohen Temperaturen an. Besonders belastend für den Menschen sind hohe Temperaturen in Kombination mit hoher Luftfeuchtigkeit. Als Maß dafür wird die [[Hitzewellen_in_Südasien#Gesundheitliche_Folgen|Kühlgrenztemperatur]] (engl. wet-bulb temperature) benutzt. Sie drückt physikalisch aus, auf welchen Wert Luft durch Verdunstung bis zum Sättigungswert (100 % relative Luftfeuchtigkeit) abgekühlt werden kann. Bei einem Anstieg der Kühlgrenztemperatur auf über 31 °C wird Arbeit im Freien extrem gefährlich, da sich der menschliche Körper durch Schwitzen nicht mehr selbst abkühlen kann. Bei einer länger anhaltenden Kühlgrenztemperatur von 35 °C, die für ein bis zwei Stunden Dauer an vielen Orten Südasiens durchaus schon festgestellt wurden, ist menschliches Überleben kaum noch möglich. Die Arbeitsproduktivität könnte durch starke Hitze bei hoher Luftfeuchtigkeit bis zum Ende des Jahrhunderts um 30-40% abnehmen.<ref name="Ambika 2024">Ambika, A. K., A. Rajeev & M. Huber (2024): [https://doi.org/10.1029/2024EF004673 Global warming amplifies outdoor extreme moist heat during the Indian summer monsoon]. Earth's Future, 12, e2024EF004673</ref>  Südasien gehört in dieser Hinsicht zu den gefährdetsten Regionen der Welt.<ref name="Abeysekara 2024"/> 
Das Vorkommen feuchter Hitzeextreme hat in jüngster Zeit auf Grund der globalen Erwärmung, aber auch durch die Ausdehnung der künstlichen Bewässerung besonders in der Indus-Ganges-Ebene und in der östlichen Küstenregion zugenommen. Die bewässerte Fläche hat sich zwischen 1951 und 2020 um 43 Mio. km<sup>2</sup> ausgedehnt, auf denen über 600 Mio. Menschen leben.<ref name="Ambika 2024"/> Durch die hohen Verdunstungsraten der bewässerten Felder erhöht sich auch die Luftfeuchtigkeit.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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'''Schülerarbeiten zum Thema des Artikels''' aus dem [https://bildungsserver.hamburg.de/themenschwerpunkte/klimawandel-und-klimafolgen/schulprojekt-klimawandel/ergebnisse-des-schulprojekts Schulprojekt Klimawandel]:
'''Schülerarbeiten zum Thema des Artikels''' aus dem [https://bildungsserver.hamburg.de/themenschwerpunkte/klimawandel-und-klimafolgen/schulprojekt-klimawandel/ergebnisse-des-schulprojekts Schulprojekt Klimawandel]:


* [https://bildungsserver.hamburg.de/resource/blob/265476/83fc0b91c0e43a9d3b494d6dbc9784d4/2011-indischer-monsun-data.pdf Indischer Sommermonsum] Führt die Klimaerwärmung zur Unbewohnbarkeit von Teilen des indischen Sommermonsumgebietes? (Johanneum zu Lübeck, Lübeck)<br>
* [https://bildungsserver.hamburg.de/resource/blob/756144/0cff2c77fcb2ab6a3dfb383cc9144c0a/2011-indischer-monsun-data.pdf Indischer Sommermonsum] Führt die Klimaerwärmung zur Unbewohnbarkeit von Teilen des indischen Sommermonsumgebietes? (Johanneum zu Lübeck, Lübeck)<br>


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Aktuelle Version vom 2. Juni 2025, 09:54 Uhr

Abb. 1: Einsetzen von Reispflanzen nach dem Monsun in Tamil Nadu, Indien

Die Bedeutung des landwirtschaftlichen Sektors in Indien

Indien ist mit 1,46 Mrd. Einwohnern das bevölkerungsreichste Land der Erde noch vor China[1] und stellt 17,7% der globalen Bevölkerung.[2] Die Landwirtschaft besitzt einen Anteil von 16,5% am Bruttosozialprodukt und beschäftigt 42,3% der arbeitenden Bevölkerung. Der landwirtschaftliche Sektor ist in den letzten drei Jahrzehnten um 3,2% jährlich gewachsen und damit fast doppelt so schnell wie die Bevölkerung mit 1,7%.[3] Die Wachstumsrate der landwirtschaftlichen Produktion war in dieser Zeit nahezu gleichbleibend, wogegen das Bevölkerungswachstum auf 1,1% pro Jahr zurückgegangen ist.[4]

Als Ergebnis hat sich Indien zu einem Agrar-Exportland entwickelt. Ein wesentlicher Grund ist die sog. Grüne Revolution, die wesentlich durch die weitreichende Anwendung von Bewässerung und den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln angetrieben wurde.[3] Über 7% der indischen Nahrungsmittelproduktion werden inzwischen exportiert.[4] Dennoch leben in Indien mit fast 350 Mio. Menschen (2017) so viele unterernährte Menschen wie in keinem anderen Staat der Welt.[5]

Reis ist das wichtigste Grundnahrungsmittel des Landes (Abb. 1) und nimmt 40-43% der Getreideanbaufläche ein, die hauptsächlich im Regenfeldbau bewirtschaftet wird. Ein Fünftel der globalen Reisernte stammt aus Indien, das nach China an zweiter Stelle der Reisproduktion steht.[5] Indien besitzt mit 44 Mio. ha die größte Reisanbaufläche in der Welt und mit 118 Mio. t nach China die zweitgrößte Produktion. Die Produktivität von Reis hat sich über die letzten 70 Jahre dank der Grünen Revolution und späterer Entwicklung von 21 Mio. t um 1950 auf 118 Mio t fast um das Sechsfache erhöht. Nach Reis ist Weizen in Indien die zweitwichtigste Anbaufrucht. Die Weizenproduktion lag 2020/21 bei 110 Mio. t und wurde auf 32 Mio. ha angebaut. Der Anbau konzentriert sich zu 92% auf fünf Staaten, Uttar Pradesh, Punjab, Haryana, Madhya Pradesh, Rajasthan und Bihar im Norden und Nordwesten Indiens. Die Produktion von Weizen in Indien ist eine Erfolgsgeschichte der Grünen Revolution und liegt heute ca. 15 Mal höher als in den 1970er Jahren. Weizen wird in Indien im Winter von Mitte Oktober bis April angebaut, und zwar zu fast 90% auf bewässertem Land.[6]

Klimaänderungen und Landwirtschaft

Indien und seine Nachbarländer, die zusammen den südasiatischen Subkontinent bilden, sind durch ein tropisches bis subtropisches Klima bestimmt und stehen weitgehend unter dem Einfluss des südasiatischen Monsuns. Südasien gilt als eine der am stärksten durch den Klimawandel gefährdeten Regionen der Erde.[7] Die Jahresmitteltemperatur ist in Indien seit Anfang der 1970er Jahre um ca. 1 °C angestiegen, die Maximum- und Minimumtemperaturen in vielen Regionen sogar um 2 °C. Nach Modellprojektionen wird die Jahresmitteltemperatur des Landes bis 2080 um 3,3-4,8 °C zunehmen. Allein in Indien gab es zwischen 1970 und 2021 573 wetter- und klimabezogene Katastrophen, die 138.000 Menschenleben forderten. Dürren (Abb. 3) und Starkniederschläge waren die folgenreichsten Wetterextreme.[2]

Abb. 2: Von Dürren betroffene Agrarflächen in Südasien als Änderung zu 1995-2014 in % nach dem Szenario SSP5-8.5
Abb. 3: Trockener Boden in Nord-Indien am mittleren Ganges, aufgenommen am 16.1.2019

Allerdings zeigt Indien nicht durchgehend eine Temperaturzunahme seit den 1950er Jahren. In einem Gebiet, das vom Nordosten des Landes bis nach Zentralindien reicht, zeigt sich je nach Jahreszeit auch eine Abkühlung, die im Nordosten während der Vormonsunzeit (April und Mai) bis -1,2 °C erreicht. Als Ursache wird eine durch anthropogene Emissionen bedingte Aerosolschicht über dem nördlichen Indischen Ozean und Südasien angenommen, die die Erdoberfläche gegen die solare Einstrahlung abschirmt und eine Abkühlung am Boden bewirkt.[8]

Der Monsun ist der Hauptregenbringer der Region und hat im 20. Jahrhundert aufgrund der anthropogenen Aerosolbelastung abgenommen. Für das 21. Jahrhundert wird jedoch eine Zunahme der Niederschläge erwartet, da die Aerosolemissionen durch die staatliche Gesundheitspolitik auch in Indien zurückgehen werden. Hitzewellen und Dürren werden jedoch nach Modellberechnungen häufiger und intensiver werden,[7] so dass Überschwemmungen, Dürren und Wassermangel die Ernährungssicherheit bedrohen werden, besonders in Indien und Pakistan.[9] In Südasien wird zudem ein verstärkter Land-Meer-Gegensatz die Sommerniederschläge verstärken, wodurch die Monsunniederschläge wahrscheinlich in Ost-, Südost- und Südasien wahrscheinlich zunehmen werden.[9]

Die Zunahme der Niederschläge in Südasien wird gegen Ende des 21. Jahrhunderts auf fast 30% im Vergleich zu der Zeit um 2000 geschätzt. Regional wird es jedoch Abnahmen im Westen (bes. Afghanistan, Pakistan und der Nordwesten Indiens) und stärkere Zunahmen im Osten geben. Auch für Bangladesch wird mit Abnahmen gerechnet. Die potentielle Verdunstung wird mit der steigenden Temperatur deutlich zunehmen, wodurch es zu Trockenheit trotz zunehmender Niederschläge kommen kann.[10] In den letzten Jahrzehnten kam es in Südasien etwa fünfmal pro Jahr zu Dürreereignissen (Abb. 2). Die Häufigkeit von Dürren wird sich nach Modellberechnungen bis zur Mitte des Jahrhunderts um 20% und mehr erhöhen, überraschenderweise aber bis zum Ende des Jahrhundert besonders bei hohen Emissionsszenarien wieder abschwächen. Eine ähnliche Entwicklung werden die von Dürren betroffenen Anbauflächen nehmen. Bis zur Jahrhundertmitte werden die Anbaugebiete, die von Dürren erfasst werden, gegenüber historischen Verhältnissen um ca. 50% zunehmen, bis Ende des Jahrhunderts aber wieder um ca. 10% abnehmen. Letzteres gilt vor allem für den Nordwesten Indiens sowie Teile Pakistans und Afghanistans.[10]

Ein großes Problem sind neben der Wassernutzung (s.u.) Schädlinge und Krankheiten. Bereits in den letzten Jahrzehnten sind Heuschreckenschwärme Aus Afrika und dem Mittleren Osten bis nach Indien gelangt. Eine verlängerte Monsunzeit, wie sie möglicherweise in Zukunft zu erwarten ist, könnte die Heuschreckenplage weiter verstärken. Der Maisanbau ist durch den Heerwurm bedroht, Weizen im Westen Indiens durch den Echten Mehltau. Die Ernteverluste durch Pflanzenschädlinge lagen in den 1960er Jahren bei 7,2%, in den 2010er Jahren bei 16,8%.[11]

Bewässerung als Problem der Zukunft

Die Bewässerung ist eines der großen Zukunftsprobleme Indiens, dessen Landwirtschaft in seiner Abhängigkeit von der Grundwassernutzung an der Spitze der Welt steht (Abb. 4). Indien besitzt etwa 155 Mio. ha Ackerland, wovon 142 Mio. ha tatsächlich genutzt werden. 28% davon befinden sich unter Bewässerung mit Grundwasser, 20% sind durch Oberflächenwasser bewässert und 51% sind Regenfeldbauflächen. Letztere sind besonders durch den Klimawandel und Dürren gefährdet.[3] Die Landwirtschaft ist der größte Verbraucher von Wasser und Land. Sie nutzt weltweit 70% des Wassers, in Indien sogar 80-90%. Die Wasserversorgung in Indien verschlechtert sich von Jahr zu Jahr. Ein Zeichen ist der Verbrauch von Grundwasser, dessen Niveau sich auf alarmierende Weise absenkt (Abb. 5).[4]

Abb. 4: Klimawandel und Grundwasserstress in der indischen Landwirtschaft
Abb. 5: Änderung des Grundwasserspiegels in Indien bis 2050 nach dem Szenario RCP2.6

Mit dem Klimawandel wird der Wasserbedarf der Nutzpflanzen sowohl in der Monsun- als auch in der Wintervegetationsperiode ansteigen, da durch die höheren Temperaturen die Verdunstung und Transpiration der Pflanzen zunimmt. Dadurch geraten Pflanzen und der Boden in Wasserstress, worauf die Landwirte, soweit möglich, mit erhöhter Bewässerung reagieren. Der Wasserstress erhöht sich dabei durch die höheren Temperaturen stärker in der sommerlichen Monsun-Saison, der Reisanbauzeit, als in der Weizensaison im Winter. Ein Anstieg der Durchschnittstemperatur um 1°C hatte eine Verringerung der Grundwasserzunahme durch Niederschläge in der Monsunzeit um 25 cm und eine Erhöhung der Grundwasserentnahme im Winter 11 cm zur Folge.[12]

In Zukunft nehmen in Indien die Temperaturen und die Monsunniederschläge zu. Die Niederschläge im Winter werden dagegen zurückgehen, und ebenso wird die Nutzung von Grundwasser mit dem fallenden Grundwasserspiegel weniger werden. Höhere Temperaturen werden vor allem einen Rückgang der Niederschläge im Winter zur Folge haben, der die Zunahme der Monsunniederschläge übertreffen wird. Die Grundwasserpegel werden nach Modellberechnungen bis 2080 dreimal stärker fallen als die gegenwärtige Abnahmerate. Die Abnahme des Grundwassers wird sich vor allem auf den Nordwesten, Südwesten und einige Teile Zentralindiens erstrecken.[12]

Änderung der Produktion durch den Klimawandel

Jüngste Vergangenheit

Der Klimawandel hat sich bereits heute durch Dürren, Starkregen, Überschwemmungen, tropische Zyklonen und Hitzewellen als ernsthaftes Problem für Indiens Landwirtschaft erwiesen. Durch extreme Temperaturen und Niederschläge haben die landwirtschaftlichen Einkommen nach Schätzungen während der sommerlichen Monsunzeit um 12% und im Winter um 6% abgenommen.[11] Der Anbau ist vor allem durch häufige Dürren und andere Wetterextreme bedroht, die lokal Ernteverluste bis zu 40% hervorgerufen haben. So waren in Indien über 50% des Anbaulandes von Dürren betroffen und im benachbarten Bangladesch kam es im Mittel alle 2,5 Jahre zu Ernteverlusten von 40%.[10] 2005-2015 haben Monsun-Überschwemmungen zu hohen Verlusten in der Agrarproduktion in ganz Südasien geführt.[13]

Weizen und Reis sind die beiden wichtigsten Anbaufrüchte in Indien und zugleich die wichtigsten Grundnahrungsmittel für die Bevölkerung. Sie wachsen in Indien zu einem großen Teil in Rotation auf mindestens 12 Mio. ha, Reis in der sog. Kharif-Periode von Juni bis Oktober, Weizen in der Rabi-Periode von November bis Februar. In der landwirtschaftlich intensiv genutzten und als „Brotkorb“ Indiens bezeichneten Ganges-Ebene dominiert Reis im Osten im Regenfeldbau, im Westen dagegen mit Hilfe von Bewässerung. 2013-14 wurden hier 67 % der Weizenproduktion Indiens erzeugt.[14] Die Ernten sind entscheidend von den Niederschlägen des Südwest-Monsuns im Juli bis September abhängig. Die langfristigen (1906-2005) mittleren Niederschläge in der Indus-Ganges-Ebene betragen 1099 mm. 81 % davon fallen in der Monsunzeit. West-Bengalen im Osten erhält mit 2038 mm den höchsten Jahresniederschlag in der Ganges-Ebene, Haryana im Westen mit 571 mm den geringsten.[15] Für den Weizenanbau ist das Winterhalbjahr entscheidend, das jedoch nur geringe Niederschläge aufweist. Die Bewässerung der Felder nimmt daher mit 40 % der Fläche (2009/10) eine prominente Stellung ein.[14]

Zukünftige Entwicklung

In den nächsten Jahrzehnten wird Südasien neben Afrika durch den Klimawandel am stärksten betroffen sein, besonders im Hinblick auf die Nahrungsmittelproduktion.[13] Die Ernteverluste könnten bis Ende des Jahrhunderts bis zu 60% betragen. Die meisten Studien prognostizieren schon bis 2040 im Vergleich zu 2000-2007 nach dem Szenario RCP4.5 je nach Anbaufrucht eine Abnahme der Ernten, bei Weizen z.B. um 9%, bei Reis um 12% und bei Mais um 18%. Dabei ist der CO2-Düngungseffekt mit eingerechnet, Anpassungsmaßnahmen sind jedoch nicht berücksichtigt.[11]

Obwohl der steigende Kohlendioxidgehalt das Wachstum von Anbaupflanzen fördert, bedrohen Auswirkungen des Klimawandels wie hohe Temperaturen, Dürren und Überschwemmungen die Ernährungssicherheit der Bevölkerung.[16] Die durch Dürren gefährdete landwirtschaftliche Fläche wird bis zur Mitte des Jahrhunderts gegenüber der Referenzperiode 1995–2014 um fast 50% zunehmen. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wird diese Fläche aber wieder um ca. 8% abnehmen. Um die Mitte des Jahrhunderts besteht die Dürregefahr bei dem mittleren Szenario SSP2-4.5 vor allem für den Norden des Landes, während sie in Südindien etwas abnehmen wird. In der Periode 2081-2100 ist bei dem hohen Szenario SSP5-8.5 vor allem der Nordwesten Indiens von häufigeren Dürren betroffen. In Ost- und Zentralindien nehmen die Dürren bis zum Ende des 21. Jahrhunderts dagegen im Winter um bis zu 20% ab. Der wichtigste Grund sind die zunehmenden Monsun-Niederschläge vor allem bei dem hohen Szenario SSP5-8.5 im Norden und Osten Indiens, wo der Reisanbau dominiert, während sie im ohnehin trockenen Westen weiter abnehmen und damit vor allem den Weizenanbau gefährden.[10]

Die optimale Temperatur für Reis liegt bei 30 °C am Tage und 24 °C nachts, für Weizen bei 25 °C bzw. 19 °C. Die projizierte Mitteltemperatur gegen Ende des 21. Jahrhunderts wird für Südasien auf 23-30 °C geschätzt. Ein Temperaturanstieg um 2 °C wird daher bei Reis zu geringeren Einbußen führen als bei Weizen und Mais.[11] Der Klimawandel wird in Indien nach Modellberechnungen von Abeysekara et al. (2024) bis 2050 zu einer Abnahme der Ernten bei Mais und Weizen um 5%, bei Reis um 2,6% führen.[7] Dabei gibt es jedoch deutliche regionale Unterschiede. So wird in Tamil Nadu in Südindien die Reisernte durch zunehmende Monsunregen möglicherweise um bis zu 50% höher ausfallen.[17]

Arbeitsproduktivität

Abb. 6: 30jahres-Mittel (1976-2005 und 2071-2100) der jährlichen maximalen Kühlgrenztemperatur historisch und nach dem Szenario RCP8.5

Der hohe Beschäftigungsgrad in der Landwirtschaft zeigt, dass in Indien die menschliche Arbeitskraft ein wesentlicher Inputfaktor ist. In diesem Zusammenhang spielt die Belastung durch die in Indien häufigen feuchten Hitzeereignisse besonders während des Sommermonsuns eine entscheidende Rolle. Ein längerer Aufenthalt im Freien bei erhöhter feuchter Hitze kann zu Gesundheitsschäden führen, die unter bestimmten klimatischen Bedingungen tödlich sein können. Bei der Wirkung auf den menschlichen Körper kommt es nicht nur auf die hohen Temperaturen an. Besonders belastend für den Menschen sind hohe Temperaturen in Kombination mit hoher Luftfeuchtigkeit. Als Maß dafür wird die Kühlgrenztemperatur (engl. wet-bulb temperature) benutzt. Sie drückt physikalisch aus, auf welchen Wert Luft durch Verdunstung bis zum Sättigungswert (100 % relative Luftfeuchtigkeit) abgekühlt werden kann. Bei einem Anstieg der Kühlgrenztemperatur auf über 31 °C wird Arbeit im Freien extrem gefährlich, da sich der menschliche Körper durch Schwitzen nicht mehr selbst abkühlen kann. Bei einer länger anhaltenden Kühlgrenztemperatur von 35 °C, die für ein bis zwei Stunden Dauer an vielen Orten Südasiens durchaus schon festgestellt wurden, ist menschliches Überleben kaum noch möglich. Die Arbeitsproduktivität könnte durch starke Hitze bei hoher Luftfeuchtigkeit bis zum Ende des Jahrhunderts um 30-40% abnehmen.[18] Südasien gehört in dieser Hinsicht zu den gefährdetsten Regionen der Welt.[7]

Das Vorkommen feuchter Hitzeextreme hat in jüngster Zeit auf Grund der globalen Erwärmung, aber auch durch die Ausdehnung der künstlichen Bewässerung besonders in der Indus-Ganges-Ebene und in der östlichen Küstenregion zugenommen. Die bewässerte Fläche hat sich zwischen 1951 und 2020 um 43 Mio. km2 ausgedehnt, auf denen über 600 Mio. Menschen leben.[18] Durch die hohen Verdunstungsraten der bewässerten Felder erhöht sich auch die Luftfeuchtigkeit.

Einzelnachweise

  1. Statista (2025): Die 20 Länder mit der größten Einwohnerzahl im Jahr 2025
  2. Hochspringen nach: 2,0 2,1 Hussain, S., H. Ejaz, S. Pallavi et al. (2023): Navigating the impact of climate change in India: a perspective on climate action (SDG13) and sustainable cities and communities (SDG11), Frontiers in Sustainable Cities
  3. Hochspringen nach: 3,0 3,1 3,2 FAO (2024): Country Programming Framework for India, 2023–2027
  4. Hochspringen nach: 4,0 4,1 4,2 Chand, R., P. Joshi, S. Khadka, Hrsg. (2022): Indian Agriculture Towards 2030
  5. Hochspringen nach: 5,0 5,1 Mohapatra, S., L. Wen, B. Sharp & D. Sahoo (2024): Unveiling the spatial dynamics of climate impact on rice yield in India, Economic Analysis and Policy 83
  6. Singh, S.K., S. Kumar, P.L. Kashyap et al. (2023): Wheat. In: Ghosh, P.K., A. Das, R. Saxena et al. (eds): Trajectory of 75 years of Indian Agriculture after Independence. Springer, Singapore
  7. Hochspringen nach: 7,0 7,1 7,2 7,3 Abeysekara, W.C.S.M., M. Siriwardana & S. Meng (2024): Economic consequences of climate change impacts on South Asian agriculture: A computable general equilibrium analysis. Australian Journal of Agricultural and Resource Economics, 68, 77–100
  8. Ross, R.S., T.N. Krishnamurti, S. Pattnaik et al. (2018): Decadal surface temperature trends in India based on a new high-resolution data set. Sci Rep 8, 7452
  9. Hochspringen nach: 9,0 9,1 IPCC AR6 WGII (2022): Asia, 10.3
  10. Hochspringen nach: 10,0 10,1 10,2 10,3 Mondal, S.K., B. Su, J. Huang et al. (2024): Climate change will aggravate South Asian cropland exposure to drought by the middle of 21st century. Earth's Future, 12, e2023EF003872
  11. Hochspringen nach: 11,0 11,1 11,2 11,3 Aggarwal, P., J. Roy, H. Pathak et al. (2022): Managing Climatic Risks in Agriculture, in: Chand et al., Hrsg. (2022): Indian Agriculture Towards 2030
  12. Hochspringen nach: 12,0 12,1 , N., D.B. Lobell, Balwinder-Singh et al. (2023): Warming temperatures exacerbate groundwater depletion rates in India.Sci.Advances 9
  13. Hochspringen nach: 13,0 13,1 IPCC AR6 WGII (2022): Asia, 10.4.5
  14. Hochspringen nach: 14,0 14,1 Zhang, X., R. Obringer, C. Wei, N. Chen & D. Niyogi (2017): Droughts in India from 1981 to 2013 and Implications to Wheat Production. Scientific Reports 7, 44552; doi: 10.1038/srep44552
  15. Subash, N. & Mohan, H. S. R. (2011): Trend detection in rainfall and evaluation of standardized precipitation index as a drought assessment index for rice-wheat productivity over IGR in India. Int. J. Climatol. 31, 1694–1709, doi: 10.1002/joc.2188
  16. Li, N., Y. Zhao, J. Han et al. (2024): Impacts of future climate change on rice yield based on crop model simulation—A meta-analysis, Science of The Total Environment 949
  17. Debnath, S., A. Mishra, D.R. Mailapalli et al. (2020): Assessment of rice yield gap under a changing climate in India. J. Water Clim. Chang. 12, 1245–1267
  18. Hochspringen nach: 18,0 18,1 Ambika, A. K., A. Rajeev & M. Huber (2024): Global warming amplifies outdoor extreme moist heat during the Indian summer monsoon. Earth's Future, 12, e2024EF004673


Klimadaten zum Thema

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Schülerarbeiten zum Thema

Schülerarbeiten zum Thema des Artikels aus dem Schulprojekt Klimawandel:

  • Indischer Sommermonsum Führt die Klimaerwärmung zur Unbewohnbarkeit von Teilen des indischen Sommermonsumgebietes? (Johanneum zu Lübeck, Lübeck)

Lizenzhinweis

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Klimaänderungen und Landwirtschaft Indien aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

Kontakt: Dieter Kasang