Direkte CO2-Nutzung: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:Direct Air Capture Iceland.jpg|thumb|520px|Abscheidung von atmosphärischem CO<sub>2</sub> direkt aus der Umgebungsluft auf Island ]]
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== Die Pariser Klimaziele und die Notwendigkeit von negativen Emissionen ==
== Die Pariser Klimaziele und die Notwendigkeit von negativen Emissionen ==
Im Pariser Abkommen von 2015 zur Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels durch den Menschen wurde beschlossen, die globale Erwärmung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts deutlich unter 2 °C und möglichst sogar auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, ist eine deutliche Reduzierung der anthropogenen Treibhausgasemissionen, vor allem der Emissionen von Kohlendioxid, unabdingbar. Ohne eine Intensivierung der bisherigen Klimapolitik würde die globale Mitteltemperatur eine Erwärmung von 3,2 °C zur Folge haben.<ref name="IPCC AR6, WGIII, SPM 2022">IPCC AR6, WGIII (2022): Climate Change 2022. Mitigation of Climate Change, Summary for Policymakers, C.1</ref>  Das verbleibende Kohlenstoff-Budget zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels mit einer 67%igen Wahrscheinlichkeit beträgt nur etwa 120 Gt C und zur Erreichung des 2-Grad-Ziels 350 Gt C. Bei den jetzigen Emissionen von rund 11 Gt C pro Jahr wäre es in 11 bzw. 32 Jahren aufgebraucht.<ref name="Friedlingstein 2022">Friedlingstein, P., M.W. Jones, M. O'Sullivan (2022): Global Carbon Budget 2021, Earth Syst. Sci. Data, 14, 1917–2005, https://doi.org/10.5194/essd-14-1917-2022</ref>  Das bedeutet, dass die Menschheit bei Beibehaltung der gegenwärtigen Kohlenstoffemissionen zu Beginn der 2030er Jahre bzw. im Falle einer 2-Grad-Erwärmung Mitte der 2050er Jahre kein weiteres Kohlendioxid mehr in die Atmosphäre freisetzen dürfte. Nahezu alle Modellrechnungen zeigen daher, dass die Pariser Klimaziele nur durch eine Reduktion der CO2-Emissionen nicht mehr erreichbar sein werden.<ref name="IPCC AR6, WGI, Ch. 1 2022">IPCC AR6, WGI, Ch. 1 (2022): The Physical Science Basis, Box 1.4</ref>   
Im Pariser Abkommen von 2015 zur Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels durch den Menschen wurde beschlossen, die globale Erwärmung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts deutlich unter 2 °C und möglichst sogar auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, ist eine deutliche Reduzierung der anthropogenen Treibhausgasemissionen, vor allem der Emissionen von Kohlendioxid, unabdingbar. Ohne eine Intensivierung der bisherigen Klimapolitik würde die globale Mitteltemperatur eine Erwärmung von 3,2 °C zur Folge haben.<ref name="IPCC AR6, WGIII, SPM 2022">IPCC AR6, WGIII (2022): Climate Change 2022. Mitigation of Climate Change, Summary for Policymakers, C.1</ref>  Das verbleibende Kohlenstoff-Budget zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels mit einer 67%igen Wahrscheinlichkeit beträgt nur etwa 120 Gt C und zur Erreichung des 2-Grad-Ziels 350 Gt C. Bei den jetzigen Emissionen von rund 11 Gt C pro Jahr wäre es in 11 bzw. 32 Jahren aufgebraucht.<ref name="Friedlingstein 2022">Friedlingstein, P., M.W. Jones, M. O'Sullivan (2022): Global Carbon Budget 2021, Earth Syst. Sci. Data, 14, 1917–2005, https://doi.org/10.5194/essd-14-1917-2022</ref>  Das bedeutet, dass die Menschheit bei Beibehaltung der gegenwärtigen Kohlenstoffemissionen zu Beginn der 2030er Jahre bzw. im Falle einer 2-Grad-Erwärmung Mitte der 2050er Jahre kein weiteres Kohlendioxid mehr in die Atmosphäre freisetzen dürfte. Nahezu alle Modellrechnungen zeigen daher, dass die Pariser Klimaziele nur durch eine Reduktion der CO2-Emissionen nicht mehr erreichbar sein werden.<ref name="IPCC AR6, WGI, Ch. 1 2022">IPCC AR6, WGI, Ch. 1 (2022): The Physical Science Basis, Box 1.4</ref>   

Version vom 11. November 2022, 14:39 Uhr

Abscheidungsanlage für atmosphärisches CO2 direkt aus der Umgebungsluft auf Island

Die Pariser Klimaziele und die Notwendigkeit von negativen Emissionen

Im Pariser Abkommen von 2015 zur Vermeidung eines gefährlichen Klimawandels durch den Menschen wurde beschlossen, die globale Erwärmung bis zum Ende des 21. Jahrhunderts deutlich unter 2 °C und möglichst sogar auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, ist eine deutliche Reduzierung der anthropogenen Treibhausgasemissionen, vor allem der Emissionen von Kohlendioxid, unabdingbar. Ohne eine Intensivierung der bisherigen Klimapolitik würde die globale Mitteltemperatur eine Erwärmung von 3,2 °C zur Folge haben.[1] Das verbleibende Kohlenstoff-Budget zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels mit einer 67%igen Wahrscheinlichkeit beträgt nur etwa 120 Gt C und zur Erreichung des 2-Grad-Ziels 350 Gt C. Bei den jetzigen Emissionen von rund 11 Gt C pro Jahr wäre es in 11 bzw. 32 Jahren aufgebraucht.[2] Das bedeutet, dass die Menschheit bei Beibehaltung der gegenwärtigen Kohlenstoffemissionen zu Beginn der 2030er Jahre bzw. im Falle einer 2-Grad-Erwärmung Mitte der 2050er Jahre kein weiteres Kohlendioxid mehr in die Atmosphäre freisetzen dürfte. Nahezu alle Modellrechnungen zeigen daher, dass die Pariser Klimaziele nur durch eine Reduktion der CO2-Emissionen nicht mehr erreichbar sein werden.[3]

Auch wenn um die Mitte des Jahrhunderts Treibhausgas-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger durch erneuerbare Energien gänzlich ersetzt sein sollten, so verbleiben doch schwer zu vermeidende Restemissionen: 1. von Nicht-CO2-Gasen wie Methan und Distickstoffoxid aus der Landwirtschaft und 2. von CO2, das bei industriellen Prozessen wie der Zement-, Kalk- und Glasherstellung anfällt. Diese Emissionen, aber auch die in 30 Jahren wahrscheinlich immer noch bestehenden energiebedingten CO2-Emissionen, lassen sich bei einem Festhalten an den Pariser Klimazielen nach heutigem Kenntnisstand kaum anders ausgleichen als durch Verfahren, die CO2 aus der Atmosphäre oder aus industriellen Prozessen entnehmen und möglichst langfristig entziehen. So urteilt eine Studie der Wissenschaftsplattform Klimaschutz: „Fortschreitende Verzögerungen stringenterer Klimaschutzmaßnahmen und ein ambitionierteres Klimaziel machen es aber mittlerweile unmöglich, ohne CO2-Entnahmen auszukommen.“[4] Derartige Verfahren werden als negative Emissionen oder auch CO2-Entnahme (Carbon Dioxid Removal, CDR) bezeichnet.

Kohlenstoffnutzung und andere CDR-Verfahren

Mit dem entnommenen Kohlendioxid kann grundsätzlich auf zweierlei Art verfahren werden: Es kann erstens durch das Verfahren des Carbon Capture and Storage (CCS) dauerhaft gespeichert werden und es kann zweitens durch Carbon Capture and Utilization (CCU) einer neuen Nutzung zugeführt werden. In beiden Fällen wird das Kohlendioxid zunächst entweder aus technischen Anlagen gewonnen, die CO2 emittieren, wie Kraftwerken, Biogas-, Müllverbrennungs- und anderen Industrieanlagen, oder es stammt direkt aus der Umgebungsluft. In dem ersten Fall wird verhindert, dass CO2 direkt in die Atmosphäre gelangt, in dem anderen Fall wird die bestehende CO2-Konzentration der Atmosphäre verringert.

Während CCS-Methoden darauf angelegt sind, das abgeschiedene CO2 möglichst dauerhaft zu speichern, wie z.B. in ehemaligen Öl- und Gaslagerstätten, ist das Ziel der Kohlenstoffnutzung, CO2 so weiter zu verwenden, dass daraus ein wirtschaftlicher Nutzen entsteht. Kohlendioxid wird schon heute in der chemischen Industrie als Rohstoff oder Lösungsmittel, in der Nahrungsmittelindustrie als Kühlmittel, in der Landwirtschaft zur Anregung des Pflanzenwachstums und vielen anderen Sektoren und Nutzungsformen angewendet. Die verschiedenen Nutzungsformen speichern das Kohlendioxid jedoch unterschiedlich lange. So ist z.B. CO2 als Beimischung von Brennstoffen nur Wochen bis Monate der Atmosphäre entzogen, sorgt aber dafür, dass nicht neue fossile Rohstoffe verwendet werden, die zusätzliche Emissionen zur Folge haben. Die Verweildauer in Betonbaustoffen kann dagegen 1000 Jahre und mehr betragen und ist darin mit CCS vergleichbar.[4] Hinzu kommt, dass CO2 nur in wenigen und von der Kapazität her begrenzten Fällen direkt genutzt werden kann. In den meisten Fällen muss es chemisch umgewandelt werden, was oft mit einem hohen Energie- und technischen Aufwand verbunden ist, u.a. weil CO2 ein sehr reaktionsträges und stabiles Molekül ist.[5]

CO2-Quellen und -Abscheidetechnologien

Natürliche Quellen

Grundsätzlich kann genutztes CO2 für verschiedene Anwendungen aus natürlichen Quellen, der Umgebungsluft, aus Biomasse und aus Industrieanlagen stammen. Bei der Extraktion aus natürlichen Quellen wird Kohlendioxid aus Reservoiren im Gestein wie kohlesäurehaltigen Wasserquellen sowie Öl- und Gaslagerstätten gewonnen. Das so gewonnene CO22 ist hoch konzentriert und daher ökonomisch vergleichsweise günstig zu gewinnen, weshalb diese Methode auch seit Jahrzehnten schon genutzt wird, vor allem für die intensivierte Öl- und Gasförderung. Kohlendioxid zu nutzen, das von Natur aus in Gestein eingeschlossen ist, steht jedoch im Widerspruch zu den klimabestimmten Zielen, seine Emissionen zu reduzieren.[6]

Darstellung der zwei Phasen des Direct Air Capture (DAC)

CO2 aus der Umgebungsluft

Technisch aufwendiger und teurer, aber klimatisch sinnvoller sind Verfahren, die das CO2 direkt aus der Umgebungsluft abscheiden (Direct Air Capture, DAC). Dabei werden Ventilatoren, die die Luft ansaugen, sowie flüssige Absorber und feste Adsorber eingesetzt, die das CO2 in einer Flüssigkeit lösen bzw. an einem Feststoff fixieren. Anschließend wird das Kohlendioxid bei hohen Temperaturen freigesetzt (Abb. 1). Vor allem die CO2-Abscheidung über ein flüssiges Filtermedium ist durch einen Temperaturbedarf von bis zu 900 °C bei der Regeneration des Lösungsmittels für die Wiederverwendung mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Feste Adsorber kommen dagegen mit 80-100 °C aus und brauchen weniger Energie. Neben den genannten Möglichkeiten werden auch Membrane genutzt, die durch selektive Durchlässigkeit das CO2 aus der Luft filtern. Das Produkt ist in allen Fällen hochreines Kohlendioxid mit einer Konzentration von über 99%.[7] Betrieben werden können DAC-Anlagen im Prinzip fast überall auf der Erde, weil CO2 gleichmäßig in der Atmosphäre verteilt ist.[8] Einschränkungen ergeben sich jedoch durch den hohen Energiebedarf, der aus Klimaschutzgründen nicht aus fossilen Energieträgern, die wieder neue CO2-Emissionen verursachen, abgedeckt werden sollte. Daher bieten sich nur solche Standorte an, an denen genügend regenerative Energie zur Verfügung steht, z.B. als Wind- oder Solarstrom. Diskutiert oder als Pilotanlagen bereits realisiert werden etwa Standorte auf Island und in Marokko. Unter günstigen Umständen können DAC-Anlagen zu einer zentralen Technologie einer ehrgeizigen Klimaschutzpolitik werden.[9]

2021 gab es weltweit mehr als 10 DAC-Anlagen mit einer Kapazität von knapp 1000 t CO2 pro Jahr. Wegen der geringen CO2-Konzentration in der Atmosphäre von 0.04% (gegenüber etwa 10% in den Rauchgasen von Kraftwerken und Industrieanlagen) ist die direkte Abscheidung von CO2 aus der Luft sehr teuer. Die Kostenabschätzungen liegen mit 60-1000 US$ pro t CO2 sehr weit auseinander und werden auch 2050 möglicherweise noch bei ca. 250 US$ liegen. Auch das Potential des Verfahrens wird mit 0,5-5 Gt CO2 pro Jahr um 2050 sehr unterschiedlich eingeschätzt.[10]

CO2 aus Biomasse

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, CO2 aus Biomasse zu gewinnen. Wenn dafür ein gesonderter Anbau betrieben wird, steht dieser Weg in Flächenkonkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion und gilt als nicht akzeptabel (IPCC AR6, WGIII, 11.3.6, 2022).[11] Eine vertretbare Methode wird allerdings in der CO2-Abscheidung von Mikroalgen gesehen. So beurteilen GHIAT & AL-ANSARI (2021)[12] die Kultivierung von Mikroalgen als einen vielversprechenden Ansatz einer weiteren Variante von CO2-Abscheidung aus der Luft. Die CO2-Fixierung durch Mikroalgen ist danach bei hoher CO2-Konzentration 50mal höher als bei terrestrisch angebauten Pflanzen. Mikroalgen können im Offshore-Bereich kultiviert werden und verbrauchen keine terrestrischen Kulturflächen. Sie gedeihen außerdem auch im Abwasser und weisen ein schnelles Wachstum auf.

CO2 aus industriellen Punktquellen

Gegenwärtig stammt das direkt genutzte Kohlendioxid zumeist aus natürlichen Quellen oder aus der Verbrennung fossiler Energierohstoffe vor Ort, wie z.B. in Gasöfen in Gewächshäusern. Das CO2 wird dabei zumeist nach relativ kurzer Dauer neu in den klimarelevanten Kohlenstoffkreislauf emittiert. Sinnvoller ist es, das CO2 aus Rauchgasen bei industriellen Verbrennungsprozessen, wo es bei der gegenwärtigen fossilen Produktion ohnehin anfällt, abzuscheiden und die Emission zumindest vorübergehend zu unterbinden. So kann Kohlendioxid aus den Abgasen von Kohle- oder Gaskraftwerken, Stahlwerken, Müllverbrennungsanlagen, Biogasanlagen oder Hochöfen gewonnen werden. Dabei gibt es drei Hauptverfahren.[13] Am Beispiel von Kraftwerken sind das 1. das Abscheiden nach dem eigentlichen Verbrennungsprozess der fossilen Rohstoffe (Post-Combustion), 2. das Abscheiden vor diesem Verbrennungsprozess (Pre-Combustion) und 3. die CO2-Abscheidung bei einer starken Sauerstoffanreicherung für den Verbrennungsprozess (Oxyfuel). Am verbreitetsten ist das Post-Combustion-Verfahren. Das Oxyfuel-Verfahren führt zwar zu deutlich höheren CO2-Konzentrationen im Rauchgas, bedarf aber auch deutlich höherer Temperaturen, was wiederum einen stärkeren Energieeinsatz nach sich zieht. Der Nachteil beim Post-Combustion-Verfahren liegt darin, dass damit CO2 aus prozessbedingten Emissionen (z.B. bei der Zementherstellung) nicht abgetrennt werden kann.[14]

Um den Aufwand bei der Abscheidung gering zu halten, sollte die Konzentration von Kohlendioxid im Rauchgas möglichst hoch sein. Für manche Anwendungen wie z.B. in Gewächshäusern muss es außerdem noch zusätzlich von Schadstoffen gereinigt werden. Die Konzentration von CO2 in industriellen Rauchgasen liegt z.B. bei Kohlenkraftwerken bei 12-14%, bei Gaskraftwerken bei 3-4%, was wesentlich höher als bei dem DAC-Verfahren ist. (MARKEWITZ 2017). Mit dem abgeschiedenen Kohlendioxid kann grundsätzlich auf zweierlei Art verfahren werden: Es kann erstens durch Carbon Capture and Storage (CCS) dauerhaft gespeichert werden (Kap. 2.2.1) und es kann zweitens durch Carbon Capture and Utilization (CCU) einer neuen Nutzung zugeführt werden.

Abscheidung, Transport, Nutzung und Speicherung von CO2

Transport

Bei allen CO2-Quellen spielt ein weiterer Faktor eine Rolle: Das gewonnene Kohlendioxid muss an den Ort seiner Nutzung gelangen. Von geologischen Quellen wird etwa in den USA CO2 per Pipeline zu den Ölfeldern transportiert. Bau und Betrieb einer Pipeline-Infrastruktur sind wiederum energieaufwändig. CO2 aus der Luft kann praktisch überall gewonnen werden, z.B. auf dem Gelände von Gewächshäusern oder an Chemiestandorten, so dass der Transportaufwand sehr gering ausfallen kann. Wenn jedoch erneuerbare Energien für die CO2-Abscheidung in ferneren Regionen genutzt werden wie Sonnen- und Windenergie oder Geothermie in Marokko oder auf Island, muss das abgeschiedene CO2 möglicherweise per Schiff nach Europa und dann weiter auf dem Landweg transportiert werden. Dagegen haben industrielle Punktquellen oft den Vorteil, dass sie in industriellen Ballungsräumen in der Nähe von Chemie- oder Zementfabriken liegen und die Wege kurz sind, wie das etwa im Raum Rotterdam-Antwerpen der Fall ist, wo es zusätzlich auch noch Gewächshäuser als CO2-Abnehmer gibt. Für den Transport muss das Kohlendioxid zumeist aufbereitet werden. So darf das CO2-reiche Gasgemisch nur einen sehr geringen Wassergehalt besitzen, um beim Pipeline-Transport Korrosionen zu vermeiden, und es muss bei allen Transportmitteln in einen flüssigen Zustand herabgekühlt werden.[14]

Kohlenstoffnutzung und Kohlenstoffspeicherung

Während CCS-Methoden darauf angelegt sind, das abgeschiedene CO2 möglichst dauerhaft zu speichern, wie z.B. in ehemaligen Öl- und Gaslagerstätten, ist das Ziel der Kohlenstoffnutzung, CO2 so weiter zu verwenden, dass daraus ein wirtschaftlicher Nutzen entsteht. Kohlendioxid wird schon heute in der chemischen Industrie als Rohstoff oder Lösungsmittel, in der Nahrungsmittelindustrie als Kühlmittel, in der Landwirtschaft zur Anregung des Pflanzenwachstums und vielen anderen Sektoren und Nutzungsformen angewendet. Schon seit langem wird CO2 direkt genutzt. In den meisten Fällen muss es jedoch chemisch umgewandelt werden, was oft mit einem hohen Energie- und technischen Aufwand verbunden ist, u.a. weil CO2 ein sehr reaktionsträges und stabiles Molekül ist. Die verschiedenen Nutzungsformen speichern das Kohlendioxid unterschiedlich lange. So ist z.B. CO2 als Beimischung von Brennstoffen nur Wochen bis Monate der Atmosphäre entzogen, sorgt aber durch Substitution dafür, dass nicht neue fossile Rohstoffe verwendet werden, die zusätzliche Emissionen zur Folge hätten. Die Verweildauer in Betonbaustoffen kann dagegen Jahrhunderte betragen und ist darin mit CCS-Methoden vergleichbar.

Einzelnachweise

  1. IPCC AR6, WGIII (2022): Climate Change 2022. Mitigation of Climate Change, Summary for Policymakers, C.1
  2. Friedlingstein, P., M.W. Jones, M. O'Sullivan (2022): Global Carbon Budget 2021, Earth Syst. Sci. Data, 14, 1917–2005, https://doi.org/10.5194/essd-14-1917-2022
  3. IPCC AR6, WGI, Ch. 1 (2022): The Physical Science Basis, Box 1.4
  4. 4,0 4,1 Fuss, S., F. Gruner, J. Hilaire u.a. (2021): CO2-Entnahmen: Notwendigkeit und Regulierungsoptionen. Studie im Auftrag der Wissenschaftsplattform Klimaschutz. Berlin
  5. de Kleijne, Kiane, S. V. Hanssen, L. van Dinteren, M.A.J. Huijbregts, R. van Zelm & H. de Coninck (2022): Limits to Paris compatibility of CO2 capture and utilization. One Earth 5, Elsevier Inc. 168-185
  6. European Commission (2019): Identification and analysis of promising carbon capture and utilisation technologies, including their regulatory aspects
  7. Fasihi, M., O. Efimova & C. Breyer (2019): Techno-economic assessment of CO2 direct air capture plants. J. Clean. Prod., 224, 957–980, doi:10.1016/j.jclepro.2019.03.086
  8. Beuttler, C., L. Charles and J. Wurzbacher (2019): The Role of Direct Air Capture in Mitigation of Anthropogenic Greenhouse Gas Emissions. Front. Clim. 1:10. doi: 10.3389/fclim.2019.00010
  9. Breyer, C., M. Fasihi, C. Bajamundi & F. Creutzig (2019): Direct Air Capture of CO2: A Key Technology for Ambitious Climate Change Mitigation. Joule, 3(9), 2053–2057, doi:10.1016/j.joule.2019.08.010.
  10. IPCC AR6, WGIII, Ch. 12 (2022): Climate Change 2022. Mitigation of Climate Change, 12.3.1.1
  11. IPCC AR6, WGIII, Ch. 11 (2022): Climate Change 2022. Mitigation of Climate Change, 11.3.6
  12. Ghiat I., Al-Ansari T. (2021): A review of carbon capture and utilisation as a CO2 abatement opportunity within the EWF nexus, Journal of CO2 Utilization, 45, Article 101432
  13. Markewitz, P., L. Zhao & M. Robinius (2017): Technologiebericht 2.3 CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS). In: Wuppertal Institut, ISI, IZES (Hrsg.): Technologien für die Energiewende. Teilbericht 2 an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Wuppertal, Karlsruhe, Saarbrücken
  14. 14,0 14,1 ACATECH (Hrsg., 2018): CCU und CCS – Bausteine für den Klimaschutz in der Industrie (acatech POSITION), München


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