Klimaänderungen in der Antarktis

Aus Klimawandel
Abb. 1: Bellingshausensee (Vordergrund) Westantarktischer Eisschild (Hintergrund)

Die Antarktis

Die arktische Region ist der kälteste, stürmischste und trockenste Kontinent der Erde. Im Innern der Ostantarktis wurden 1983 an der Station Vostok mit -89,2 °C die niedrigsten je auf der Erde festgestellten Temperaturen gemessen.[1] Die Niederschläge fallen meistens als Schnee. Nur über der Antarktischen Halbinsel und den vorgelagerten antarktischen Inseln kann es im Sommer an den Küsten zu höheren Temperaturen und sporadischen Regenfällen kommen. Das Klima der Region ist stark durch natürliche Schwankungen beeinflusst, so z.B. durch den Southern Annular Mode (SAM[2]), der bei einem hohen Index mit starken Westwinden um den 60. Südlichen Breitengrad verbunden ist und auch die ozeanischen Strömungen antreibt. Außerdem spielen ENSO, der Indian Ocean Dipole und andere Klimaschwankungen eine Rolle. Vor Ort ist das Klima geprägt durch die Interaktion zwischen antarktischem Eisschild, Ozean, Meereis und Atmosphäre. Eine wichtige Rolle für die Westantarktis spielt zudem Stärke und Position des Tiefdruckgebiets über der Amundsensee.[3]

Abb. 1:Trends der bodennahen Temperatur von Wetterstationen in der West- und Ostantarktis (a) 1979-2000 und (b) 2001-2019 in °C/Jahrzehnt (farbige Kreise) im Süd-Frühling. (c) bis (h): Zeitserien der mittleren Frühlings-Temperaturen mit linearen Trends (rote Linien).

Klimaänderungen

Abb. 3:Änderung der bodennahen Lufttemperatur vor und nach 2000 in der West- und Ostantarktis

Die westliche und nördliche Antarktische Halbinsel hat sich 1957-2016 um 0,46 °C pro Jahrzehnt erwärmt.[3] Im Februar 2020 wurden auf der nördlichen Antarktischen Halbinsel sogar Rekordtemperaturen um die 20 °C registriert.[4] Eine signifikante Erwärmung von 0,22 °C/Jahrzehnt weist auch die gesamte Westantarktis auf, einzelne Station sogar um fast 0,3 °C/Jahrzehnt. Insgesamt kann bei der Westantarktis von einer langfristigen Erwärmung über mehrere Jahrzehnte ausgegangen werden. Vor 2000 hat sich die Westantarktis dreimal so schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt, während die Ostantarktis eine leichte Abkühlung aufwies. Entsprechend fielen 90% des Verlusts von Eis auf dem Festland der Antarktis auf die Westantarktis.[5] Aber auch einige Stationen auf der Ostantarktis zeigen eine Temperaturzunahme, so z.B. Vostok mit 0,15 °C/Jahrzehnt. Am Südpol wurde zwischen 1979 und 2016 sogar eine Zunahme der Temperatur um 0,61 °C/Jahrzehnt gemessen. Einige Küstenstationen der Ostantarktis weisen dagegen eine Abkühlung auf.[3]

Seit 2000 hat sich dieser Trend umgekehrt. Zahlreiche Stationen auf der Antarktischen Halbinsel zeigen einen abnehmenden Trend und mehrere Stationen auf der Ostantarktis eine Temperaturzunahme (Abb. 2). Berechnungen nach Reanalyse- und Stationsdaten zeigen, dass auch die bodennahe Lufttemperatur über die gesamte West- bzw. Ostantarktis dieselben Änderungen aufweist wie die meisten Wetterstationen (Abb. 3) Vor 2000 hat sich die Westantarktis dreimal so schnell erwärmt wie der globale Durchschnitt, während die Ostantarktis eine leichte Abkühlung aufwies.[5] Nach 2000 verhält es sich umgekehrt. Die Westantarktis kühlt sich im 21. Jahrhundert schwach ab, zeigt aber seit den 1950er Jahren insgesamt eine Temperaturzunahme. Die Ostantarktis hat sich dagegen vor 2000 geringfügig abgekühlt, danach aber deutlich erwärmt und zeigt ebenfalls eine Gesamterwärmung.

Ursachen der Klimaänderungen

Für die langfristige Erwärmung der Region im letzten halben Jahrhundert insgesamt wird die Zunahme der Treibhausgase in der Atmosphäre, insbesondere von Kohlendioxid, als wichtigste Ursache angenommen.[5] Für die Trendumkehr um die Jahrhundertwende werden jedoch eine Reihe von natürlichen und anthropogen bedingten Gründen diskutiert, zu denen auch Fernwirkungen gehören.[5] In Frage kommen etwa die Pazifische Dekaden-Oszillation (PDO) und die Atlantische Multidekaden-Oszillation (AMO). Besondere Aufmerksamkeit erfährt allerdings die Rolle der stratosphärischen Ozonkonzentration über der Antarktis.

Das stratosphärische Ozon über der Antarktis wurde in den letzten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts durch anthropogene Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) um etwa 50% verringert. Da Ozon ein Treibhausgas ist, war die Folge eine Abkühlung der unteren Stratosphäre im Süd-Frühjahr zwischen 1979 und 2001 um mehr als 10 °C.[6] Durch den dadurch bewirkten größeren Temperaturgegensatz zu den mittleren Breiten kam es in der Höhe zu stärkeren Westwinden bei 60° S. Diese Änderung pflanzte sich nach unten in die Troposphäre fort und bewirkte eine positive Phase des Southern Annular Mode (SAM[7]) mit ebenfalls starken Westwinden, die vor allem in der Region um die Antarktische Halbinsel und die Westantarktis eine Erwärmung bewirkte. Jahreszeitlich ereignet sich die stärkste Ozonzerstörung im Süd-Frühling. Die starke SAM-Phase folgt mit einer Verzögerung von einer Jahreszeit im Süd-Winter. Durch das Montrealer Protokoll[8] hat sich die Abnahme der Ozonkonzentration in der Stratosphäre abgeschwächt. Als Folge ist auch die positive SAM-Phase schwächer geworden und die Erwärmung der Antarktischen Halbinsel und der Westantarktis hat sich in einen leichten Abkühlungstrend umgekehrt.[9]

Abb. 4: Trends der bodennahen Luft-Temperatur 1958-2012 in °C/Jahrzehnt über Land (Skala in der Säule oben rechts) und in °C Meeresoberflächentemperatur (Skala unten rechts).

Die unterschiedlichen klimatischen Änderungen über der West- und Ostantarktis sind nach Jun et al. (2020)[10] weitgehend durch die antarktische Topografie beeinflusst. Die niedrige Westantarktis wird von der hochliegenden Ostantarktis durch das Transantarktische Gebirge getrennt, das den Luftaustausche zwischen den beiden Teilen des Kontinents stark behindert. Die tiefliegende Landoberfläche der Westantarktis ermöglicht die Advektion warmer Luft von Amundsensee und Rossmeer her bis über das Festland, die aber durch das Transantarktische Gebirge nicht in die Ostantarktis vordringen kann.

Einzelnachweise

  1. Turner, J., H. Lu, J. King et al. (2021): Extreme temperatures in the Antarctic. J Climate 34:2653–2668
  2. Auch als Antarktische Oszillation (AAO) bekannt
  3. 3,0 3,1 3,2 IPCC AR6, WGI (2021): Atlas 11: Polar Regions
  4. Rocha Francelino, M., C. Schaefer, M. Skansi et al. (2021): WMO evaluation of two extreme high temperatures occurring in February 2020 for the Antarctic Peninsula region. Bull Am Meteorol Soc 102:E2053–E2061
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Xin, M., K.R. Clem, J. Turner et al. (2023): West-warming East-cooling trend over Antarctica reversed since early 21st century driven by large-scale circulation variation, Environ. Res. Lett. 18 064034 DOI 10.1088/1748-9326/acd8d4
  6. Zambri, B., S. Solomon, D.W. Thompson & Q. Fu (2021): Emergence of Southern Hemisphere stratospheric circulation changes in response to ozone recovery. Nature Geoscience 14, 638–644
  7. Auch als Antarktische Oszillation (AAO) bekannt
  8. Wikipedia (2024): Montrealer Protololl
  9. Zheng, F. (2024): Slowing down of the summer Southern Hemisphere Annular Mode trend against the background of ozone recovery, Atmospheric and Oceanic Science Letters, 10.1016/j.aosl.2023.100375, 17, 1, (100375)
  10. Jun, S.-Y., J.-H. Kim, J. Choi et al. (2020): The internal origin of the west-east asymmetry of Antarctic climate change.Sci. Adv.6,eaaz1490, DOI:10.1126/sciadv.aaz1490


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