Landnutzung: Unterschied zwischen den Versionen

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All die genannten Prozesse laufen bereits auf kleinen Zeiträumen zwischen Sekunden und Jahren ab. In Zeiträumen ab Jahrzehnten spielen noch weitere Rückkopplungen eine Rolle, die die Zusammensetzung der Arten und ihre Verbreitung betreffen. Man spricht hier von biogeographischen Rückkopplungen.
All die genannten Prozesse laufen bereits auf kleinen Zeiträumen zwischen Sekunden und Jahren ab. In Zeiträumen ab Jahrzehnten spielen noch weitere Rückkopplungen eine Rolle, die die Zusammensetzung der Arten und ihre Verbreitung betreffen. Man spricht hier von biogeographischen Rückkopplungen.


=== Entwaldung in borealen Breiten ===
== Bewertung ==
[[Bild:Taiga - Geographie.png|thumb|420px|Geographische Lage der borealen Wälder]]
Die borealen Wälder (auch Taiga genannt) erstrecken sich im Wesentlichen über Kanada, Skandinavien und Sibirien und bedecken etwa 12 Millionen Quadratkilometer der Erde. Bisher wurde nur ein geringer Anteil dieser Wälder gerodet (mit Ausnahme von Osteuropa), weshalb der mögliche Einfluss starker Entwaldung üblicherweise mit Computersimulationen nachvollzogen wird.
 
Zu einem großen Teil des Jahres liegt Schnee, was die Albedo zur wichtigsten Einfussgröße durch die Vegetation macht. Da sie über den Schnee hinausragen, haben die dort vorkommenden Bäume wie Fichten, Kiefern und Espen im Winter nur Albeden zwischen 0.2 und 0.4, im Gegensatz zu vollständig schneebedecktem Gras mit 0.75 - 0.9, der viel hellere Schnee wird somit durch die dunklen Bäume maskiert. Zwar existieren in Ostsibirien vor allem Lärchenwälder, die im Winter ihre Nadeln abwerfen, da aufgrund der extrem kalten Winter mit absoluten Tiefstwerten bis -70 °C keine anderen Bäume wachsen. Allerdings hält die Schneebedeckung dort eine lange Zeit des Jahres über an. Der niedrige Sonnenstand trägt zudem dazu bei, dass auch sommergrüne Bäume aufgrund der Stämme eine geringe Albedo aufweisen.
 
Der Unterschied zwischen der Oberflächenalbedo mit und ohne Bewaldung ist daher nirgends sonst so groß wie in borealen Wäldern. Obwohl dieser Unterschied den gesamten Winter über besteht, ist die Beeinflussung der Nettostrahlung und damit der Temperaturunterschied jedoch im Frühling und Frühsommer mit Abstand am deutlichsten, da erst dann der Sonnenstand ausreichend hoch und die Sonnenscheindauer lang ist. Im Herbst dagegen liegt aufgrund der thermischen Trägheit des Bodens erst dann Schnee, wenn die solare Einstrahlung ohnehin sehr gering ist. Dies führt also dazu, dass die Frühlingstemperatur bei einer Abholzung des borealen Waldes um etliche Grad niedriger wäre als heute.
 
Aufgrund der geringeren Temperatur würde der Schnee im Frühjahr wiederum 1-2 Monate später schmelzen, was den Temperaturunterschied noch verstärkt und im frühen Sommer aufrecht erhält. Dies gilt wohlgemerkt nur für eine hypothetische, großräumige Abholzung, bei der ein großer Teil des Waldes betroffen wäre. Als Gegenbeispiel stelle man sich eine Lichtung vor. Hier wäre die Lufttemperatur vom umliegenden Wald geprägt, der Schnee aber dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt – in diesem Fall würde es dort früher zur Schneeschmelze kommen. Nur weil der gesamte Wald die Temperatur hoch hält, verzögert sich die Schmelze, sollte er entfernt werden.
 
In diesem Zusammenhang spielt jedoch auch der Ozean eine wichtige Rolle. Über die Meereisbedeckung und die zusätzliche [[Eis-Albedo-Rückkopplung]] und seine thermische Trägheit  wird die Rückkopplung noch stärker: Da es im Frühling kälter ist als bei bewaldetem Kontinent, bildet sich auf dem Ozean mehr Eis, welches später schmilzt und mehr Sonnenlicht zurückreflektiert.
 
Modellrechnungen zeigen, dass unter Berücksichtigung des Ozeans die Abkühlung stärker, weiter ausgedehnt und gleichmäßiger über das Jahr verteilt ist.
 
Trotz den deutlich niedrigeren Temperaturen und der damit verbundenen geringeren terrestrischen Ausstrahlung zeigt sich keine signifikante Erhöhung der langwelligen Nettostrahlung, da die geringere Feuchte und Temperatur der Atmosphäre die Gegenstrahlung senken.
 
Die somit verringerte Nettostrahlung muss also durch eine Senkung der sensiblen und latenten Wärmeflüsse kompensiert werden. Außer durch die Temperaturabnahme und die geringere Rauigkeit wird der latente Wärmefluss zusätzlich durch die größere Schneebedeckung vermindert, da die Sublimation von Schnee schwächer ist als die Verdunstung von nassem Boden.
 
Im Sommer und Herbst kann die Transpiration der Bäume eine wichtige Feuchtequelle sein. Das  Schmelzwasser aus dem Schnee und Eis des Winters wird nun von den Wurzeln aufgenommen und dann transpiriert. Ohne Wald würde also dieser kühlende Einfluss wegfallen, was die Temperatur ansteigen ließe. Die Modelle zeigen jedoch, dass auch in dieser Jahreszeit die Temperatur gegenüber dem bewaldeten Fall geringer ist, allerdings aus widersprüchlichen Gründen. Außer dem simplen Überwiegen des nach wie vor existierenden Albedoeffekts ist es möglich, dass die Verdunstung am Boden zunimmt. Dies ist insofern nicht unrealistisch, als die Bedingungen in borealen Wäldern äußerst trocken sind (es fällt dort nicht mehr Niederschlag als in Wüstenregionen!), so dass Bäume die Transpiration über ihre Stomata deutlich einschränken.
 
Der ohnehin geringe Niederschlag würde bei einer Entwaldung noch weiter abnehmen, da weniger Wasser in die Atmosphäre gelangt. Dies gilt inbesondere für den Sommer, da im Winter das Wasser ohnehin als Schnee und Eis gebunden ist, wovon wenig in Wasserdampf umgewandelt wird (sublimiert). Die Bewölkung nimmt aufgrund der Abkühlung nahe der Oberfläche dagegen zu.
 
Die verstärkte Bewölkung kann dazu führen, dass weniger Sonnenlicht den Boden erreicht, was die Abkühlung abermals verstärkt.
 
Allerdings liegt in der Bewölkung auch der wichtigste Grund für Zweifel an der Stärke der Schneemaskierung: Gerade dort, wo viel Schnee fällt, ist schließlich die Bewölkung hoch, so dass das Sonnenlicht von dieser reflektiert wird und weniger an der Erdoberfläche, wo die Bäume den Schnee maskieren können.
 
Eine großräumige Abholzung der borealen Wälder hat schließlich auch Zirkulationsänderungen zur Folge, die Klimaänderungen auch an weit entfernten Orten der nördlichen Hemisphäre auslösen können:
Die Abkühlung hoher Breiten verändert den Temperaturunterschied zwischen Nord und Süd, was den [[Jetstream|Strahlstrom]] und die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete nach Süden verschiebt. Somit würde es mehr Niederschlag als bisher in Südeuropa geben. Außerdem würde der Temperaturunterschied zwischen Land und Ozean geschwächt, die Eurasische Kältequelle wäre im Winter stärker und das Hitzetief im Sommer schwächer. All dies könnte in Indien, Südostasien und Arabien zu schwächeren und verspäteten Monsunen führen.
 
Durch diese Prozesse ändern sich die Muster der Bewölkung und Schneebedeckung, was wiederum die dortige Energiebilanz ändert und weitere Zirkulationsänderungen auslöst.
 
Auch die Ozeanzirkulation wäre betroffen: geringere Temperaturen in hohen Breiten verstärken die [[Thermohaline Zirkulation]] und führen so zu mehr Wärmetransport nach Norden. Die Abkühlung über dem Nordatlantik und Europa würde daher etwas geschwächt.
 
All dies sind Ergebnisse idealisierter Experimente. Der Verlauf des zukünftigen Klimas hängt aber auch von anderen Faktoren ab: In Zukunft könnte aufgrund des ohnehin stattfindenden anthropogenen Klimawandels die Schneebedeckung zurückgehen, so dass der Albedounterschied zwischen Wald und Boden abnimmt.
 
Für die Zukunft des borealen Waldes ist außerdem wichtig, wie schnell der Klimawandel stattfindet: Ist er langsam genug, so könnten sich die Wälder nach Norden ausbreiten und dort zu einer zusätzlichen Erwärmung und damit wiederum für sie besseren Lebensbedingungen führen. Geschieht er aber zu schnell, so befinden sich die Bäume plötzlich in einem Gebiet, in dem sie nicht mehr wachsen können und der Wald würde stark zurückgehen (siehe auch Punkt 1.14, [[Kipppunkte im Klimasystem]]). Letztere Möglichkeit wird durch die Erkenntnis gestützt, dass gerade der boreale Wald sehr langsam wächst und sich eventuell noch heute an die Klimaänderung seit der letzten Eiszeit anpasst.
 
=== Entwaldung in den Tropen ===
[[Bild:Regenwald - Geographie.png|thumb|420px|Geographische Lage der tropischen Regenwälder]]
Seit Beginn der 80er Jahre wurden zahlreiche Modellsimulationen flächendeckender Abholzung in den Tropen durchgeführt, die meisten beschränkten sich dabei auf Amazonien.
 
Es zeigt sich, dass die Unsicherheiten hier größer sind als bei borealer Entwaldung. Grund dafür ist die mangelnde Beschreibung des Wasserkreislaufs, der durch die Vegetation stark beeinflusst ist. Erst durch den Einsatz von Modellen der terrestrischen Biosphäre, die die Photosynthese und den Wasserumsatz von Pflanzen explizit beschreiben, kann seit Ende der 90er Jahre überhaupt eine Abschätzung dieser Prozesse erfolgen. Zwar hat genau wie in den hohen Breiten eine Abholzung auch eine Erhöhung der Albedo zur Folge, die direkte Beeinflussung des Wasserkreislaufs ist jedoch von größerer Bedeutung für die Temperatur. Der tropische Regenwald verdunstet aufgrund der guten Wasserverfügbarkeit, der vielen Oberflächen und der hohen Temperatur sehr viel Wasser, welches dann wiederum als Niederschlag erneut zu Boden fallen kann. Schätzungen zufolge durchlaufen 25 – 50 % des Niederschlags in Amazonien ein solches Recycling – der Wald sorgt also zum Teil selbst für den Niederschlag, den er zum Leben benötigt. Dieses ständige Verdunsten und „Schwitzen“ des Waldes wirkt kühlend, so dass bei einer Abholzung mit großer Wahrscheinlichkeit eine lokale Erwärmung zwischen 0 und 3 °C folgen würde (das Resultat hängt unter anderem von der den Wald ersetzenden Vegetation ab – auch viele Gräser und Getreidesorten haben eine hohe Transpiration – zumindest vor der Ernte). Auch Temperaturmessungen in entwaldeten Gebieten zeigen eine Erwärmung, insbesondere aufgrund von stärkeren Extremwerten. Ohne die Bäume käme es zu einer Austrocknung der Böden, denn der Niederschlag würde sofort abfließen. Zwar wäre die Verdunstung vom Boden aus sogar höher (denn diese wird aufgrund des gebremsten Windes durch das Blattwerk eher verhindert), aber die Bereitstellung großer Flächen und das Anzapfen des Bodenwassers durch die Bäume hat einen weitaus größeren Effekt. Besonders in der Trockenzeit ist der Unterschied der Evapotranspiration und dadurch auch der Temperatur groß, da ein Wald dann weiter Wasser in die Atmosphäre abgeben kann. Dies ist auch durch zahlreiche Beobachtungen bestätigt, scheint in vielen Modellen aber unterschätzt zu werden.
 
Trotz der verminderten Evapotranspiration und reduziertem Wasserrecycling ist die Änderung des Niederschlags unsicher. Die Mehrheit der Modelle zeigt wie zu erwarten eine Abnahme. Allerdings ist auch denkbar, dass stattdessen mehr Feuchtekonvergenz stattfindet, also Wasser aus anderen Regionen herangeführt wird, was den Mangel an Evapotranspiration ausgleicht. Dieses Heranführen von feuchten Luftmassen wird dadurch erleichtert, dass die Baumkronen dem Wind einen Widerstand entgegen stellen, der nach einer großräumigen Rodung viel geringer wird. In Amazonien ist die hohe Gebirgskette der Anden zudem eine Barriere für den Feuchtetransport. Andererseits dreht sich der Wind bei geringerer Bodenrauigkeit (und damit höherer Geschwindigkeit) wegen der [[Corioliskraft]] nicht so stark in Richtung des geringen Luftdrucks, was eine Feuchtekonvergenz wiederum unterbindet. In Afrika und Asien könnte daher dieser Effekt überwiegen. Da Niederschlag in den Tropen vor allem durch hochreichende Konvektion (also Gewitter) erzeugt wird, hängt viel davon ab, wieviel Energie am Boden für Konvektion zur Verfügung steht. Hier sind sowohl latente als auch sensible Wärme relevant. Die latente Wärme in Form von Feuchte ist dabei so wichtig, dass trotz erhöhter Temperatur nicht mehr genügend Energie zur Konvektion zur Verfügung stehen könnte. Die Faustregel „warme Luft steigt auf, kalte sinkt ab“ stellt sich hier also als irreführend heraus! Ob genug Feuchte herangeführt werden kann, scheint von der Größe des entwaldeten Gebiets abzuhängen. Bei kleinen Gebieten in der Größenordnung einiger Kilometer (wie sie bisher entwaldet werden) steht genügend Wasser aus den umliegenden Waldgebieten zur Verfügung und es entstehen mehr Bewölkung und Niederschlag, denn die lokale Temperaturerhöhung begünstigt die Konvektion. Eine Zunahme der Bewölkung und Konvektion über Amazonien in den letzten Jahrzehnten geht auch aus direkten Messungen und Simulationen der Vergangenheit hervor. Der Niederschlag hat dagegen nicht zugenommen.
 
Bei großräumiger Abholzung aber kann sich die Wirkung aufgrund des Feuchtemangels umkehren.
Da die Summe aus sensibler und latenter Wärme durch die Nettostrahlung gespeist wird (siehe oben), ist auch in den Tropen die Albedoänderung von Relevanz – allerdings für den Niederschlag und die lokale Zirkulation, und weniger für die Temperatur. Paradoxerweise ist es dennoch nicht der direkte Einfluss der Albedo, der dazu führt, dass weniger Nettostrahlung am Boden absorbiert wird. Bei geringerer Bewölkung kommt mehr Sonnenlicht dort an, was den Effekt der höheren Albedo der Erdoberfläche ungefähr ausgleicht – vom Weltraum aus gesehen bleibt die Albedo also unverändert. Die Nettostrahlung sinkt dagegen erst indirekt als Folge höherer langwelliger Ausstrahlung (denn die Temperatur am Boden ist höher) und gesunkender Gegenstrahlung (denn in der Atmosphäre befindet sich weniger Wasserdampf).
Steigt die Albedo über einen gewissen Schwellwert, so entsteht weniger Konvektion, weniger hochreichende Bewölkung und weniger Niederschlag. In Afrika, wo die Böden besonders hell sind, könnte dieser Effekt am stärksten und der Temperaturanstieg am geringsten sein. Zudem kommt es zu noch einer weiteren Rückkopplung: Trockene Böden haben eine höhere Albedo, so dass noch weniger Energie an der Oberfläche verfügbar ist, was die Konvektion hemmt und den Niederschlagsmangel so weiter verschärft. Insgesamt zeigt sich also, dass der Niederschlag in den Tropen von allen drei Einflussgrößen, Evapotranspiration, Rauigkeit und Albedo abhängt und das Endresultat sehr schwer vorherzusagen ist.
Ausnahmen z.B. für den Sommermonsun in Ostindien und Bangladesh, wo vermutlich auch großräumige Entwaldung zu mehr Feuchtekonvergenz führen würde, da die Luft direkt vom Ozean kommt. Die Monsunzirkulation würde daher noch verstärkt.
 
Auf globaler Skala ist jedoch besonders die Beeinflussung der Prozesse in der [[Innertropische Konvergenzzone | innertropischen Konvergenzzone]] (ITCZ) relevant. In diesem Bereich stoßen die hochreichenden tropischen Gewitter an die Obergrenze der [[Aufbau der Atmosphäre | Troposphäre]], so dass die Luft auseinanderströmt und Feuchte und Energie in höhere Breiten transportiert. Zu jedem Zeitpunkt sind mehrere tausend solcher "hot towers" aktiv. Eine Aenderung ihrer Verteilung haette globale Konsequenzen. Auch der Subtropenjet, ein Band hoher Windgeschwindigkeiten bei etwa 30°, erhält so seine Energie.
 
Außerdem regt die Veränderung der Konvektionszentren in der Atmosphäre Wellen an (genauer gesagt so genannte Rossbywellen), die sich unter bestimmten Bedingungen in mittlere Breiten ausbreiten können. Da die Ursachen im Fall von Landnutzungsänderungen lange Zeit andauern, können solche permanenten Wellenanomalien zu einem veränderten Klima auch an Orten außerhalb der Tropen führen. Klimamodelle zeigen, dass die bereits erfolgte Abholzung in den Tropen zu einer nordwärtigen Verschiebung und Abschwächung sowohl des Jets als auch der ITCZ geführt hat. Beobachtungen lassen darauf schließen, dass Klimaänderungen durch Waldrodung mit natürlichen Klimaschwankungen in Wechselwirkung treten.
 
Wie der (rein biogeophysikalische) Einfluss tropischer Entwaldung auf die globale Mitteltemperatur ist, ist bislang nicht restlos geklärt. Zwar erwärmen sich die Tropen in den Regionen der Entwaldung, aufgrund der stark geschwächten Evapotranspiration wird jedoch auch weniger Wasserdampf in höhere Breiten exportiert. Auf der gesamten Erde wird daher der Treibhauseffekt schwächer, die Meeresoberflächentemperaturen sinken und es wird dadurch noch weniger Wasser verdunstet. Es ist möglich, dass dieser Effekt global der (biogeophysikalisch) dominierende ist; die globale Erwärmung aufgrund der Freisetzung des Kohlendioxids aus der Biomasse der tropischen Wälder kann er jedoch nicht aufwiegen. 
 
=== Entwaldung in temperierten Breiten ===
In den mittleren (temperierten) Breiten ist der Gesamteinfluss von großräumiger Entwaldung besonders schwer einzuschätzen. Dies liegt daran, dass der dominierende Einfluss der Albedo im Winter und der Evapotranspiration im Sommer miteinander konkurrieren und die mittlere Jahrestemperatur beeinflussen. In Winter und Frühling ähnelt die Reaktion des Klimas also der in borealen Breiten, in Sommer und Herbst jedoch mehr der in den Tropen. Im Winter führt eine Abholzung also zu Abkühlung, im Sommer zu Erwärmung – der Jahresgang der Temperatur wird stärker.
 
Erschwerend kommt hinzu, dass in mittleren Breiten recht verschiedene Waldtypen mit verschiedenen Eigenschaften wachsen: immergrüner Laubwald, immergrüner Nadelwald, sommergrüner Laubwald und Mischwald. Je nach Jahreszeit und Region können sich verschiedene Folgen ergeben. Im Allgemeinen gilt aber die Regel, dass der Albedounterschied zwischen Wald und Gras umso wichtiger und der Einfluss der Evapotranspiration umso unwichtiger wird, je weiter der Wald im Norden liegt. Der Mischwald der hohen Breiten verhält sich ähnlich wie ein borealer Wald, die Wälder der USA und Südchina zeigen dagegen am stärksten tropische Verhältnisse.
 
In mittleren Breiten hängen Zirkulation und Niederschlag nicht so sehr von der Landoberflächenalbedo ab, da der Niederschlag weniger aus starken lokalen Vertikalbewegungen, sondern eher aus durchziehenden Tiefdrucksystemen stammt. Generell aber gilt, dass die Albedo einen senkenden Einfluss auf die potentielle Verdunstung hat. In mittleren Breiten trocknet so der Boden bei geringer Albedo früher aus, in den Tropen dagegen wird dies durch den starken Niederschlag überkompensiert.
 
Gerade in temperierten Breiten hängt viel davon ab, welche Vegetation an die Stelle des Waldes tritt. In der Vergangenheit wurden Rodungen meist durchgeführt, um Getreidefelder anzulegen. Da Getreide eher viel Wasser verdunstet, hat diese Änderung vermutlich nicht nur aufgrund der höheren Albedo zu Abkühlung geführt. Lokal können solche Landnutzungsänderungen die Temperatur um wenige Grad gesenkt haben, der global gemittelte Wert ist jedoch weniger als ein Zehntel so groß. Es existiert dennoch die Vermutung, durch die Landnutzung bis zu Beginn der [[Industrielle Revolution|industriellen Revolution]] könnte der Mensch eine globale Abkühlung und sogar die „kleine Eiszeit“ ausgelöst haben, die dann durch den Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen beendet wurde. Solche Abschätzungen sind aufgrund der ungenauen Daten aus der Vergangenheit und der natürlichen Variabilität des Klimas jedoch viel zu unsicher, um stichhaltige Schlussfolgerungen zu ziehen.
 
=== Bewertung ===
[[Bild:Biogeophysikalische_WW.png|thumb|left|450px|Physikalischen Einflussgrößen der Waldbedeckung und ihre wichtigsten Rückkopplungen. Ein Pluszeichen neben einem Pfeil von A nach B bedeutet eine Verstärkung des Prozesses B durch eine fiktive Verstärkung von A, ein Minuszeichen eine Schwächung (die Vorzeichen geben also nicht den letztendlichen Einfluss der Abholzung wieder). Beide Pfade, verminderte Evapotranspiration und Rauigkeit (rot) und Albedoerhöhung (blau), sind überall gültig. In borealen Wäldern überwiegt jedoch der blaue, kühlende Pfad, in tropischen Wäldern der rote, erwärmende Pfad.]]
[[Bild:Biogeophysikalische_WW.png|thumb|left|450px|Physikalischen Einflussgrößen der Waldbedeckung und ihre wichtigsten Rückkopplungen. Ein Pluszeichen neben einem Pfeil von A nach B bedeutet eine Verstärkung des Prozesses B durch eine fiktive Verstärkung von A, ein Minuszeichen eine Schwächung (die Vorzeichen geben also nicht den letztendlichen Einfluss der Abholzung wieder). Beide Pfade, verminderte Evapotranspiration und Rauigkeit (rot) und Albedoerhöhung (blau), sind überall gültig. In borealen Wäldern überwiegt jedoch der blaue, kühlende Pfad, in tropischen Wäldern der rote, erwärmende Pfad.]]


Es zeigt sich, dass an verschiedenen Orten der Erde das Abholzen von Wald das Klima in einer völlig anderen Weise ändern kann, weil das Zusammenspiel der physikalischen Effekte sich verschiebt. Außerdem kommt es darauf an, wie das räumliche Muster dieser Entwaldung aussieht und welche Art der Landnutzung später dort betrieben wird (in den Tropen beispielsweise ist die Rinderzucht eine bedeutende Methanquelle).  
Es zeigt sich, dass an verschiedenen Orten der Erde das Abholzen von Wald das Klima in einer völlig anderen Weise ändern kann, weil das Zusammenspiel der physikalischen Effekte sich verschiebt (siehe dazu die Hauptartikel zu Deforestation in [[Deforestation (Tropen) | Tropen]], [[Deforestation (mittlere Breiten) | mittleren]] und [[Deforestation (hohe Breiten) | hohen Breiten]]). Außerdem kommt es darauf an, wie das räumliche Muster dieser Entwaldung aussieht und welche Art der Landnutzung später dort betrieben wird (in den Tropen beispielsweise ist die Rinderzucht eine bedeutende Methanquelle).  


Die Abkühlung über den Albedoeffekt (der blaue Zweig im Schaubild) ist im borealen Wald auch global und langfristig gemittelt so stark, dass die erwärmende Wirkung des beim Abholzen freigesetzten Kohlendioxids übertroffen wird. Das Pflanzen von Bäumen in diesen Regionen mindert also nicht den Klimawandel, sondern  verstärkt und beschleunigt ihn noch!
Die Abkühlung über den Albedoeffekt (der blaue Zweig im Schaubild) ist im borealen Wald auch global und langfristig gemittelt so stark, dass die erwärmende Wirkung des beim Abholzen freigesetzten Kohlendioxids übertroffen wird. Das Pflanzen von Bäumen in diesen Regionen mindert also nicht den Klimawandel, sondern  verstärkt und beschleunigt ihn noch!
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== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Biosphäre im Klimasystem]]
* [[Biosphäre im Klimasystem]]
* [[Deforestation (hohe Breiten)]]
* [[Deforestation (Tropen)]]
* [[Deforestation (mittlere Breiten))]]


== Lizenzhinweis ==
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[[Kategorie:Vegetation]]
[[Kategorie:Vegetation]]
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Version vom 17. Februar 2009, 00:39 Uhr

Unter Landnutzung versteht man jegliche Art der Inanspruchnahme von Böden und Landflächen (Teilen der festen Erdoberfläche) durch den Menschen. Das muss nicht unbedingt heißen, dass dort gar keine oder andere Pflanzen wachsen als es dem natürlichen Zustand entspräche; auch natürliche Ökosysteme werden fast immer bewirtschaftet; so wird beispielsweise durch das Fällen von Bäumen oder das Mähen von Wiesen Biomasse entfernt. Der Begriff der Landnutzungsänderungen schließt folglich nicht nur die Änderung der Landbedeckung ein, sondern auch die Art und Weise, wie mit dieser Landbedeckung verfahren wird, z.B. Management-Praktiken, Düngung, Feuer-Vermeidung und die Art des Pflügens. Da solche Effekte in ihrer Wirkung extrem schwer abschätzbar sind, beziehen sich klimatologische Untersuchungen meist nur auf die Art der Landbedeckung und ihren Einfluss auf das Klima.

Das bodennahe Klima wird entscheidend von den Eigenschaften der Oberfläche geprägt, denn dort werden Energie, Wasser, Spurengase und Impuls (der die Bewegung der Luft beschreibt) ausgetauscht. Daher verwundert es nicht, dass Änderungen in der Landbedeckung oder Bewirtschaftung einer Region einen Einfluss auf das dortige Klima und die Stoffkreisläufe haben können. Im Allgemeinen wirken solche Eingriffe unmittelbar und bleiben auf das entsprechende Gebiet beschränkt (lokal bzw. regional), mit anderen Worten: die globalen, d. h. in weit entfernte Gebiete reichenden Auswirkungen sind gering. Dies steht im fundamentalen Gegensatz zur Freisetzung von Treibhausgasen, die sich auf der ganzen Welt verteilen und daher global (überall) wirken, allerdings Jahrzehnte brauchen, um die Temperatur auf der Erde auf ein neues Gleichgewichtsniveau heben. Die Beeinflussung von Energie-, Wasser- und Impulsaustausch durch solche Landbedeckungsänderungen werden als so genannte biogeophysikalische Effekte zusammengefasst (siehe auch Biosphäre im Klimasystem). Man unterscheidet sie mithin von biogeochemischen Effekten, die den Kohlenstoffkreislauf und somit den Treibhauseffekt betreffen.

Zeitlicher Wandel der Landnutzung

Die Umwandlung der Landoberfläche ist wohl der erste nennenswerte Einfluss, den der Mensch auf das Klima hatte, wenn auch lokal begrenzt. Insbesondere die intensive Rodung von Wäldern und die Umwandlung in Weide- oder Ackerland kann so durch eine erhöhte Albedo lokal zu einer Reflektionsleistung von –5 W/m2 führen, vor allem über den landwirtschaftlichen Flächen Nordamerikas und Eurasiens. Außerdem wurden Wälder auch wegen des großen Bauholzbedarfs für Häuser und Schiffe gerodet. Diese Art der Beeinflussung des Klimas war vor Beginn der Industrialisierung deutlich entscheidender als der Ausstoß von Treibhausgasen, wirkte aber nicht global. Bereits 1750 waren etwa 6-7% der Landoberfläche landwirtschaftlich genutzt, insbesondere in Europa, Indien und China. Etwa 7-11 Mio km2 Wald fielen über die letzten 300 Jahre der Rodung zum Opfer. In den letzten 50 Jahren gab es kaum noch Änderungen der globalen landwirtschaftlichen Fläche. Allerdings schreitet die Entwaldung in den Tropen so schnell voran wie nie, unter anderem mit drastischen Folgen für das lokale Klima.

Die vom Menschen durchgeführten historischen Landnutzungsänderungen hatten etliche physikalische Folgen auf das Klima und führten der Atmosphäre insgesamt etwa ein Drittel des bisher insgesamt emittierten Kohlendioxids zu. Allerdings erfolgen diese Emissionen über viele Jahrhunderte hinweg und konnten so vor allem vom Ozean wieder kompensiert werden. Seitdem durch die Industrialisierung der Kohlendioxidgehalt der Luft gestiegen ist, nehmen auch die Pflanzen an Land zusätzlich CO2 auf, vor allem in den Tropen. Bisher ist noch immer nicht geklärt, ob die historischen Landnutzungsänderungen die Erde erwärmt oder abgekühlt haben. Dies liegt an den zahlreichen Wechselwirkungen, die letztlich alle Eigenschaften des Klimas beinhalten. Einen umfassenderen Überblick über die „biogeophysikalischen“ Auswirkungen von Waldrodungen gibt der nächste Abschnitt.

Mögliche Klimafolgen durch Entwaldung

Die biogeophysikalischen Wechselwirkungen zwischen Vegetation und Atmosphäre bestehen im Austausch von Energie, Impuls und Wasser. Diese Austauschprozesse sind jedoch nicht unabhängig voneinander, so dass eine Änderung der Vegetationsbedeckung im Allgemeinen eine Kette weiterer Folgen nach sich zieht. Das sich neu einstellende Klima ist ein Resultat dieser vielen Beziehungen und das Ergebnis kann deutlich von der Region und von den Eigenschaften der neuen Vegetation abhängen. Die drei physikalischen Schlüsselgrößen, die bei Abholzung geändert werden, sind die Albedo der Erdoberfläche, ihre Rauigkeit, sowie die Evapotranspiration.

Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass eine Entwaldung generell eine Steigerung der Albedo zur Folge hat, erstens weil Wälder sehr dunkle Oberflächen darstellen und zweitens, weil sie geometrisch kompliziert sind, so dass das Licht mehrfach reflektiert wird und dabei ein größerer Teil geschluckt wird. Allerdings hängt die Albedo der Erdoberfläche von vielen Eigenschaften der Böden und der Vegetation ab, insbesondere von der Blattfläche, Blattorientierung, Lichtdurchlässigkeit und Reflexionsvermögen der Blätter, Bodenstruktur und -feuchte; bei Schneebedeckung von Temperatur und Alter des Schnees, und sogar vom Sonnenstand und dem Anteil des gestreuten Lichts. Daraus ist ersichtlich, dass das Wetter selbst entscheidenden Einfluss auf die Albedo hat und nicht nur umgekehrt. Beispielsweise verdorren während einer Dürreperiode viele Blätter, was die Albedo erhöht, so dass weniger Sonnenlicht aufgenommen wird.

Eine Erhöhung der Albedo, α, hat einen direkten Einfluss auf die Strahlungsbilanz, da die aufgenommene Energie an der Oberfläche reduziert wird.

kurzwellig↓ + langwellig↓ – langwellig↑ = Nettostrahlung

Die am Boden einfallende langwellige Strahlung (der zweite Teil der Bilanz) stammt von den Wolken und Treibhausgasen, vor allem Wasserdampf. Die Nettostrahlung ist ein Energieüberschuss, der in Form von sensibler und latenter Wärme in die Atmosphäre abtransportiert werden muss. Ein sensibler (fühlbarer) Wärmefluss bedeutet, dass Wärme über Luftwirbel vom Boden in die Atmosphäre transportiert wird. Ein latenter Wärmefluss ist dagegen der Transport von Wasserdampf über diese Wirbel, der seine Wärme erst später freigibt, wenn er wieder zu flüssigem Wasser kondensiert.

Nettostrahlung = sensibler + latenter Wärmefluss

Erhöht sich also die Albedo, so sinkt die Temperatur, weil plötzlich weniger solare Strahlung absorbiert wird. Aus der geringeren Nettostrahlung folgt eindeutig, dass die beiden Wärmeflüsse zusammengenommen abnehmen müssen. Wie genau die Aufteilung unter den beiden ist, ist im Einzelfall kompliziert und auch für komplizierte Klimamodelle eine Herausforderung. Leider ergeben sich auch aus dieser Aufteilung wichtige Konsequenzen und weitere Rückkopplungen. Hier nur ein Beispiel: Steigt der sensible Wärmefluss in die untere Atmosphärenschicht (Grenzschicht), so wächst diese an und es entstehen turbulente Luftwirbel, was das Einmischen meist trockenerer Luft von oben zur Folge hat. Es wird also trockener und die Verdunstung, die bei Trockenheit angeregt wird, und damit der latente Wärmefluss werden wieder stärker.

Außerdem hängt das Entstehen von Gewittern, die vor allem in den Tropen den Niederschlag bringen, stark von dem Verhältnis zwischen sensiblem und latentem Wärmestrom ab.

Zusätzlich verändert sich aber auch die Wasserbilanz: Ein Herabsetzen der Oberflächenrauigkeit und -bedeckung reduziert den Anteil des Niederschlags, der von der Vegetation abgefangen wird. Die Verdunstung von den Oberflächen der Vegetation sinkt also, andererseits wird sie am Boden selbst erleichtert. Die Verdunstung (Evaporation) wird meist mit der Transpiration der Pflanzen als Evapotranspiration zusammengefasst. Transpiration ist die Verdampfung von Wasser aus den Stomata (Spaltöffnungen) der Pflanzen, das über die Wurzeln aus dem Bodenreservoir entnommen wurde. Ohne die tief reichenden Wurzeln der Bäume kann ein großer Teil der Bodenfeuchte daher nicht mehr verdunstet werden.

Der aus der Evapotranspiration resultierende latente Wärmefluss bewirkt eine Verknüpfung der Wasserbilanz mit der Oberflächenenergiebilanz: Steht weniger Wasser für die Verdunstung zur Verfügung, so gibt es auch weniger Verdunstungskälte und die Temperatur steigt.

Aufgrund der Funktionsweise der Spaltöffnungen in den Blättern (Stomata) kann aber auch bei Bewaldung die Transpiration stark eingeschränkt werden: Bei Wassermangel ziehen die Spaltöffnungen sich zusammen, um ein Austrocknen der Pflanze zu verhindern. So gelangt weniger Wasser nach draußen, was die trockenen Bedingungen noch weiter stützt. Zusätzlich hat auch der CO2-Gehalt einen Einfluss auf die Transpiration: Bei mehr CO2 in der Luft kann der Gasaustausch durch die Stomata effizienter erfolgen, denn die Pflanze braucht nicht mehr so viel Luft, um eine bestimmte Menge Kohlendioxid aufzunehmen. Somit verliert sie auch weniger Wasser. Jedes einzelne Blatt erzeugt also weniger Verdunstungskälte. Allerdings kann eine höhere CO2-Konzentration auch dazu führen, dass mehr und üppigere Pflanzen wachsen, denn sie haben ja mehr Nahrung - die Gesamtfläche aller Blätter auf der Erde kann also steigen. Das Mehr an Blattfläche kann somit das Weniger an Transpiration ausgleichen, so dass die Temperatur nicht unbedingt zusätzlich steigen muss. Die Rückkopplungen, die die Beeinflussung der Vegetationsdichte und der Oberflächen betreffen, nennt man strukturelle Rückkopplungen, jene, die Beeinflussung des Stoffwechsels eines einzelnen Blattes betreffen, nennt man physiologische Rückkopplungen.

Die Störung des Wasserkreislaufs zieht auch Änderungen der anderen Teile in der obigen Energiebilanz nach sich: Aufgrund des über die Evapotranspiration geänderten Wasserdampfgehalts und möglicher Änderungen der Bewölkung gibt es Rückwirkungen auf die einfallende solare Strahlung und die langwellige Gegenstrahlung, die bei einem Rückgang des Wasserdampfgehalts abnimmt. Gleichzeitig hängt die terrestrische Ausstrahlung stark von der Temperatur und etwas von der Emissivität (Strahlungsvermögen) der Oberfläche ab. Die optischen Eigenschaften der Oberfläche (Albedo und Emissivität) sind wiederum abhängig von der Bodenfeuchte und Schneebedeckung, was weitere Rückwirkungen zur Folge haben kann.

Wegen der verminderten Evapotranspiration steht der Atmosphäre zunächst weniger Wasser zur Verfügung, was einen senkenden Einfluss auf den Niederschlag hat. Dies gilt aber nur, wenn nicht durch Zirkulationsänderungen in der Atmosphäre mehr Wasser als bisher in die entsprechende Region geführt wird. Dieses Zusammenführen von Wasser über einem Punkt heißt Feuchtekonvergenz und entspricht einem Ungleichgewicht zwischen Niederschlag und Evapotranspiration:

Feuchtekonvergenz = Niederschlag - Evapotranspiration

Dies ist eine einfache Bilanz für die Atmosphäre. Was aber geschieht mit dem überschüssigen Wasser am Boden? Natürlich wird dieses Wasser nicht immer dort bleiben, sondern in Bächen und Flüssen an andere Orte fließen. Ein Teil wird aber vorübergehend im Boden gespeichert, so dass dieser auch an sonnigen Tagen feucht ist. (Man erinnere sich z.B. an das Buddeln im Sandkasten. Der Sand am Boden ist immer feuchter und daher dunkler und stabiler.)

Weniger Wurzelwerk reduziert allerdings die Speicherkapazität des Bodens für Wasser und kann so zu stärkerem und rascherem Abfluss führen. Die Folgen von Entwaldung für den Wasserkreislauf kann man regelmäßig in Form von Flutkatastrophen beobachten, die zum Teil dadurch entstehen, dass Wasser bei starkem Regen unmittelbar in die Täler abläuft, statt von den Baumwurzeln zurückgehalten zu werden.

Die dritte oben genannte Einflussgröße, die Oberflächenrauigkeit, hat einen Einfluss darauf, wie effizient Wärme zwischen Boden und der Atmosphäre ausgetauscht wird. Je größer die Rauigkeit, desto mehr Energie kann auch über die Luftwirbel vom Boden abtransportiert werden. Bei einer geringeren Rauigkeit (also z.B. einer Weide statt einem Wald) kann daher nicht soviel Energie abgeführt werden, wie durch die Strahlungsbilanz ursprünglich zur Verfügung steht. Daher wird die Erdoberfläche wärmer, bis sie genug langwellige Strahlung abgibt und die Bilanz zwischen Energiegewinn und -verlust wieder ausgeglichen ist. Für Oberflächen, die nicht einheitlich, z.B. mit wenigen Bäumen und dazwischen mit Gras bewachsen sind, ist die Beurteilung nicht immer so einfach: gegenüber einem Wald mit geschlossenen Baumkronen ist die Rauigkeit höher, weil sich zwischen den frei stehenden Bäumen gut Luftwirbel bilden können, die viel Wärme transportieren. Wie sich die Rauigkeit ändert, wenn Bäume abgeholzt werden, ist also im Einzelfall nicht leicht zu beurteilen.

Ein weiterer Einfluss der Rauigkeit ist die Änderung des Windes nahe dem Boden: Da dieser bei einer glatten Oberfläche wenig gebremst wird, kann er schneller werden und so einen noch besseren Energietransport bewirken (denn durch schnelleren Wind gibt es auch stärkere Luftwirbel). Dieser Effekt wirkt dem vorigen also entgegen: er wirkt kühlend bei geringer Rauigkeit, statt wärmend. Zusätzlich kann auch die Windrichtung betroffen sein, da die Corioliskraft auf die Bremsung des Windes reagiert und das Gleichgewicht zur Kraft des Luftdruckunterschieds nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Betroffen ist die lokale Zirkulation der Luft, was wiederum Auswirkungen auf den Feuchtetransport, den Niederschlag und schließlich die Evapotranspiration und die Energiebilanz haben kann.

Zusätzlich zu lokalen Klimaänderungen ist es auch möglich, dass es zu einer Beeinflussung von Gebieten kommt, die außerhalb des von Deforestation betroffenen Bereichs liegen. Außer durch den direkten Transport von Luftmassen geschieht dies über Änderungen der regionalen oder gar globalen Zirkulation. Solche Zirkulationen werden durch Temperaturunterschiede erzeugt, durch den Wasserkreislauf und Freisetzung latenter Wärme verstärkt und durch den Einfluss der Reibung am Boden beeinflusst, so dass es nicht verwundert, dass Landnutzungsänderungen die Zirkulation auf der Erde nicht unverändert lassen. All die genannten Prozesse laufen bereits auf kleinen Zeiträumen zwischen Sekunden und Jahren ab. In Zeiträumen ab Jahrzehnten spielen noch weitere Rückkopplungen eine Rolle, die die Zusammensetzung der Arten und ihre Verbreitung betreffen. Man spricht hier von biogeographischen Rückkopplungen.

Bewertung

Physikalischen Einflussgrößen der Waldbedeckung und ihre wichtigsten Rückkopplungen. Ein Pluszeichen neben einem Pfeil von A nach B bedeutet eine Verstärkung des Prozesses B durch eine fiktive Verstärkung von A, ein Minuszeichen eine Schwächung (die Vorzeichen geben also nicht den letztendlichen Einfluss der Abholzung wieder). Beide Pfade, verminderte Evapotranspiration und Rauigkeit (rot) und Albedoerhöhung (blau), sind überall gültig. In borealen Wäldern überwiegt jedoch der blaue, kühlende Pfad, in tropischen Wäldern der rote, erwärmende Pfad.

Es zeigt sich, dass an verschiedenen Orten der Erde das Abholzen von Wald das Klima in einer völlig anderen Weise ändern kann, weil das Zusammenspiel der physikalischen Effekte sich verschiebt (siehe dazu die Hauptartikel zu Deforestation in Tropen, mittleren und hohen Breiten). Außerdem kommt es darauf an, wie das räumliche Muster dieser Entwaldung aussieht und welche Art der Landnutzung später dort betrieben wird (in den Tropen beispielsweise ist die Rinderzucht eine bedeutende Methanquelle).

Die Abkühlung über den Albedoeffekt (der blaue Zweig im Schaubild) ist im borealen Wald auch global und langfristig gemittelt so stark, dass die erwärmende Wirkung des beim Abholzen freigesetzten Kohlendioxids übertroffen wird. Das Pflanzen von Bäumen in diesen Regionen mindert also nicht den Klimawandel, sondern verstärkt und beschleunigt ihn noch!

Vor diesem Hintergrund scheint es also widersinnig, dass politische Abkommen wie das Kyoto-Protokoll Ländern zugestehen, sich boreale Wälder als positiven Beitrag zum Klimaschutz anrechnen zu lassen. Eine Warnung vor vorschnellen Schlüssen ist hier aber wohl angebracht: Außer dem Speichern von Kohlenstoff haben Wälder eine ganze Reihe wichtiger Eigenschaften, von denen die Artenvielfalt, der Erholungswert, die Bereitstellung von Nahrung und Holz und die Regulierung des Wasserhaushalts nur einige wenige sind, so dass die Zerstörung von Wäldern zur Minderung des Klimawandels nicht als besonders angemessene Strategie erscheint.

In den Tropen ist der Einfluss der gesenkten Evapotranspiration (roter Zweig im Schaubild) lokal deutlich entscheidender als die Albedoänderung. Daher erwärmen sich die Tropen durch Abholzung. Außerhalb der von der Entwaldung betroffenen Gebiete führt der geringere Wasserdampfgehalt aber eventuell zu einer Abkühlung, die jedoch von der Erwärmung durch freigesetztes Kohlendioxid übertroffen wird. Eine Wiederaufforstung der Tropen hätte daher also durchaus einen kühlenden Einfluss auf das globale Klima, dessen Größe aber nicht gut bekannt ist.

Insgesamt muss aber bedacht werden, dass die globale Mitteltemperatur im Zusammenhang mit Landnutzung kein geeignetes Maß ist, um die Gefährlichkeit des Klimawandels und seine Auswirkungen auf das Leben der Menschen zu beurteilen. Die bislang entwaldeten Gebiete sind insgesamt groß, aber nicht zusammenhängend, sondern als Flickenteppich über den Globus verteilt. Es kann daher an jedem einzelnen Ort deutliche Klimaänderungen gegeben haben, die sich global gemittelt fast ausgleichen. Jeder Mensch erfährt jedoch für sich genommen die konkreten Auswirkungen des Klimawandels zu jedem Zeitpunkt an seinem Wohnort. Ein langzeitlicher und globaler Mittelwert einer Ursache wird die Gesamtheit der Auswirkungen also nicht beschreiben können.

Siehe auch

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