Dürren in Ostafrika

Aus Klimawandel
Abb. 1: Topographische Karte Ostafrikas

Klimatische Verhältnisse

2015 lebten 330 Mio. Menschen in Ostafrika (Abb. 1), die sich nach Prognosen bis 2050 mehr als verdoppeln werden. Die Bevölkerung ist primär von der Landwirtschaft und vom Nomadentum abhängig. Dabei trägt der Regenfeldbau bis zu 80% zur Ernährung der ostafrikanischen Bevölkerung und mehr als 40% zum Bruttoinlandprodukt bei.[1]

Obwohl Ostafrika beiderseits des Äquators liegt, besitzt es kein typisch tropisches Klima. Hohe Gebirge und Hochländer bewirken, dass große Teile Ostafrikas teilweise kühler und – im Lee der Gebirge - trockener sind, als es für die Breitenlage zu erwarten wäre. 65% der Region gelten als arid und semiarid, nur 5% als humid. Die mittleren Jahresniederschläge reichen von weniger als 100 mm in einigen ariden und semiariden Gebieten des Sudan, Eritreas, Somalias und Äthiopiens bis über 1000 mm im Hochland von Äthiopien, Tansania und Kenia. Allgemein sind das Tiefland und die Küstenzonen trocken und die Hochländer feucht (vgl. Abb. 1).[1] In den äquatornahen Gebieten Ostafrikas gibt es entsprechend dem Höchststand der Sonne zwei Hauptregenzeiten, die sog. kurze Regenzeit von Oktober bis Dezember und die sog. lange Regenzeit von März bis Mai. In den nördlichen und südlichen Randzonen gewinnen die Niederschläge im Nord- und Südsommer an Bedeutung.

Bisherige Entwicklung

In der kurzen Regenzeit hat das äquatoriale Ostafrika seit den 1970er Jahren eine Zunahme der Niederschläge erfahren, die mit der Erwärmung des westlichen Indischen Ozeans in Verbindung steht. Im Gegensatz dazu nahmen die Niederschläge in der langen Regenzeit zwischen 1986 und 2007 ab und die Regenzeit selbst wurde kürzer. Seit etwa 2000 zeigen die Niederschläge in der langen Regenzeit eine deutliche Beziehung zum ENSO-Phänomen mit mehreren Dürren während La-Niña-Ereignissen. Seit 2005 hat sich die Häufigkeit von Dürren vor allem in der langen Regenzeit von einmal alle 6 Jahre auf einmal alle 3 Jahre verdoppelt, und auch die Länge der Dürren hat zugenommen.[2] Einige Autoren führen den Trend zu mehr Dürren in der langen Regenzeit auf den anthropogenen Klimawandel zurück, der u.a. zu einer Erwärmung des westlichen Nordpazifik geführt haben soll, andere fanden z.B. auf die Dürren 2014 und 2016 keinen menschlichen Einfluss .[3]

Abb. 2: Regionale Verbreitung der Dürren 2021-2022 in Ostafrika nach dem Dürre-Index SPI (links) und SPEI (rechts)

In den letzten Jahren haben vor allem die über mehrere Jahre anhaltenden Dürren von 2020 bis 2022 weltweite Aufmerksamkeit hervorgerufen. Selbst in der kurzen Regenzeit Oktober-Dezember 2022 fielen so geringe Niederschläge wie seit 40 Jahren nicht mehr. Es war die fünfte Regenzeit ohne ausreichende Niederschläge in Folge, beginnend mit dem Jahr 2020. Die Konsequenzen waren verheerend; über 4 Mio. Menschen konnten nicht ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgt werden, und in Äthiopien und Somalia gab es 1,7 Mio. Flüchtlinge. Allein in Kenia waren 4,35 Mio. Menschen auf Nothilfe angewiesen. 2,4 Mio. Stück Vieh fanden den Tod.[3] Auf die Serie von Dürren folgten im März in Äthiopien und Somalia Starkregen und heftige Überschwemmungen mit Dutzenden Toten und 300.000 betroffenen Menschen.[4]

Eine Untersuchung der WWA (World Weather Attribution) führt die sich wiederholenden Dürren 2020-2022 eindeutig auf den anthropogenen Klimawandel zurück. Der Einfluss der globalen Erwärmung kann allerdings nur dann angemessen erfasst werden, wenn nicht nur die Niederschläge, sondern auch die Temperatur und die davon abhängige Verdunstung berücksichtigt werden. Der vielfach verwendete SPI-Index (Standardised Precipitation Index) basiert nur auf Niederschlagsänderungen und wird für die Bestimmung von meteorologischen Dürren angewandt. Der SPEI-Index (Standardised Precipitation Evaporation Index) wird zusätzlich auch von Temperatur und Verdunstung abgeleitet und beschreibt landwirtschaftliche Dürren. Abb. 2 verdeutlicht, dass 2020-2022 in Ostafrika ein wesentlich größeres Gebiet von landwirtschaftlichen (rechts) als von meteorologischen (links) Dürren erfasst waren. Modellsimulationen haben gezeigt, dass in einer um 1 °C kühleren Welt und damit einer geringeren Verdunstung es nicht zu einer vergleichbaren landwirtschaftlichen Dürre gekommen wäre. Durch den anthropogenen Klimawandel ist die ostafrikanische Dürre der letzten Jahre danach 100 Mal wahrscheinlicher geworden als in einer Welt ohne Klimawandel.[3]

Projektionen

Abb. 3: Die Änderung der Dürreanzahl nach dem SPI- und dem SPEI-Index sowie dem mittleren Szenario RCP 4.5 und dem hohen Szenario RCP8.5. Negative Werte zeigen trockene (ab -1), positive Werte feuchtere Verhältnisse.
Abb. 3: Änderung der Dürregebiete in Ostafrika nach verschiedenen Szenarien und Modellsimulationen. Die farbigen Linien zeigen die Mittelwerte der Modelle, die Flächen die Unsicherheitsbereiche.

Über dem östlichen Horn von Afrika wurden für die kurze Regenzeit zunehmende Regenfälle von über 100 mm projiziert. Auch für die lange Regenzeit wurden von einigen Untersuchungen bis zum Ende deds 21. Jahrhunderts mehr Niederschläge berechnet, von anderen aber auch keine Veränderungen. Projektionen der neuesten Modellgeneration CMIP6[5] zeigen im Vergleich zu 1981-2010 in großen Teilen Äthiopiens, Kenias, Tansanias und Ugandas insgesamt höhere Jahresniederschläge, wobei Niederschläge in der feuchten Jahreszeit zu- und in der trockenen Jahreszeit abnehmen sollen. So wird eine Zunahme der Niederschläge in Äthiopien bis Ende des Jahrhunderts in der langen Regenzeit (März-Mai) um 9-43% erwartet und in Kenia eine Abnahme in der Trockenzeit um 17-23%.[6] Auch im Sudan, Somalia und Tansania wird mit einer Zunahme der Dauer, Häufigkeit und Intensität von Dürren gerechnet. Die projizierten Zunahmen stehen im Widerspruch zu den beobachteten Abnahmen der Regenfälle in der langen Regenzeit, was als ‚ostafrikanisches Niederschlagsparadox‘ in die Literatur eingegangen ist. Andererseits wird mit ziemlicher Sicherheit bei einer Erwärmung von 2 °C und mehr eine Zunahme von Starkniederschlägen angenommen,[2] was auch die erwähnten CMIP6-Projektionen zeigen.[6]

Entscheidend ist aber auch hier, dass nicht nur die Niederschläge berücksichtigt werden. Mehrere Modellsimulationen nach den Szenarien RCP 2.6, 4.5 und 8.5 zeigen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts nach dem SPI-Index eine Abnahme von Dürren in Ostafrika, bedingt durch zunehmende Niederschläge. Nach Simulationen mit dem SPEI-Index nimmt dagegen die Anzahl von Dürren zu. Grund ist eine Erwärmung, die über dem globalen Mittel liegt (Abb. 3).[1] Der letzte Bericht des Weltklimarats IPCC nimmt bei dem mittleren Szenario RCP4.5 eine Erwärmung Ostafrikas bis zum Ende des 21. Jahrhunderts gegenüber 1961-1990 um ca. 3 °C an, bei dem hohen Szenario RCP8.5 um ca. 4 °C.[7] Dabei zeigt sich, dass die Wirkung der Verdunstung für das Dürrerisiko wichtiger ist als die der Niederschläge. Auch die von Dürren betroffenen Gebiete in Ostafrika weiten sich nach dem SPEI-Index deutlich aus. Nach dem niedrigen Szenario RCP2.6 nehmen die Dürregebiete bis in die 2080er Jahre um 16% zu, nach RCP4.5 und RCP8.5 um 36% bzw. 39%. Jahreszeitlich sind besonders die Monate Mai und April während der langen Regenzeit betroffen, die in Ostafrika zugleich die wichtigste Agrarsaison darstellen. Insgesamt zeigt sich in Ostafrika das Prinzip, dass durch den Klimawandel die feuchten Gebiete feuchter und die trockenen Gebiete trockener werden.[1]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Haile, G. G., Tang, Q., Hosseini‐ Moghari, S.‐M., Liu, X., Gebremicael, T. G., Leng, G., et al. (2020): Projected impacts of climate change on drought patterns over East Africa. Earth's Future, 8, e2020EF001502.
  2. 2,0 2,1 IPCC WGII (2022): Climate Change 2022: Impacts, Adaptation and Vulnerability. Ch. 9 Africa, 9.5.5
  3. 3,0 3,1 3,2 Kimutai, J, C. Barnes, M. Zachariah et al. (2023). Human-induced climate change increased drought severity in Horn of Africa. DOI: https://doi.org/10.25561/103482
  4. NASA Earth Observatory (2023): Heavy Rains Hit Drought-Stricken Horn of Africa
  5. Deutsches Klimarechnzentrum: CMIP 6
  6. 6,0 6,1 Gebrechorkos, S. H., Taye, M. T., Birhanu, B., Solomon, D., & Demissie, T. (2023): Future changes in climate and hydroclimate extremes in East Africa. Earth's Future, 11, e2022EF003011.
  7. IPCC AR6 WGI (2021): Atlas. In Climate Change 2021: The Physical Science Basis. Atlas 4.4


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