Globale Produktion

Grundlagen
Die Aufgabe der globalen Nahrungsmittelproduktion besteht darin, eine wachsende Bevölkerung von gegenwärtig 8,2 Mrd. Menschen zu ernähren, die 2050 nach Prognosen der Vereinten Nationen bei 9,7 Mrd. liegen könnte.[1] Das gelingt gegenwärtig immer noch nicht zufriedenstellend. 2023 waren 9,1% der Weltbevölkerung bzw. 733 Mio. Menschen von Hunger betroffen, der allergrößte Teil in Afrika (298 Mio.) und Asien (385 Mio.).[2] Die globale landwirtschaftliche Fläche betrug 2022 4,78 Mrd. ha, wovon ca. 1/3 Anbauland und 2/3 Wiesen und Weiden waren. Sie hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert, während die Produktion in den letzten 20 Jahren um 56% gestiegen ist. Grund ist die Intensivierung der landwirtschaftlichen Poduktion. Ein wichtiger Faktor der beobachteten Intensivierung ist die künstliche Bewässerung, die seit 2000 um 22% zugenommen hat und besonders in Indien, China und den USA betrieben wird. Durch die zunehmende Bewässerung, Mechanisierung, Düngemittel- und Pestizidanwendung hat die Beschäftigung in der Landwirtschaft trotz der erhöhten Produktion im Zeitraum 2000-2022 weltweit um 13% abgenommen und lag 2022 bei 26,2% aller Beschäftigten. Sie war im Jahr 2022 mit 5,2% besonders niedrig in Europa und mit 47,8% besonders hoch in Afrika.[3]
Ein wichtiger Einflussfaktor auf die landwirtschaftlichen Produktion ist der anthropogene Klimawandel. Die regional unterschiedlichen und teils gegenläufigen Effekte von Temperaturerhöhung, Niederschlagsveränderungen, CO2-Erhöhung und weiterer Faktoren wie Extremereignissen, Krankheiten, Schädlingen etc. machen es jedoch sehr schwierig, die gegenwärtigen und zukünftigen Wirkungen des Klimawandels auf die globale und regionale Nahrungsmittelproduktion einzuschätzen. Hinzu kommt, dass alle Entwicklungen von den gesellschaftlichen Szenarien abhängig sind, die den Klimaprojektionen zugrunde liegen.
Allgemeine Produktion
Die globalen Ernten der Hauptanbaufrüchte haben sich pro Einheit Landfläche seit 1960 um das 2,5-3fache erhöht. Die wichtigsten Gründe waren die Pflanzenzucht, die Düngung, die Bewässerung und eine integrierte Bekämpfung von Schädlingen und Krankheiten.[4] In den letzten ca. zwei Jahrzehnten wuchs die Produktion wichtiger Anbaufrüchte um 56%, die Fleischproduktion um 55%. Über 20 Jahre gemittelt war Zuckerrohr mit 21% die nach Gewicht am meisten angebaute Frucht, gefolgt von Mais, Weizen und Reis mit jeweils 10% (Abb. 1). Während Brasilien 2022 der Hauptproduzent von Zuckerrohr war, dominierten Indien und China mit großem Abstand beim Reisanbau und Indonesien bei der Produktion von Palmöl. Die globale Fleischproduktion, überwiegend Hähnchen, Schweine und Rinder, lag 2022 bei 361 Mio. t. Der Anteil von Hähnchenfleisch stieg zwischen 2000 und 2022 von 25% auf 34% am stärksten. Dagegen nahmen die anderen wichtigen Fleischprodukte ab und lagen 2022 bei einem Drittel (Schweine) bzw. einem Fünftel (Rinder) der Gesamtproduktion von Fleisch. Am meisten Hähnchenfleisch wurden 2022 in den USA produziert, knapp vor China, deutlich am meisten Schweinefleisch in China und das meiste Rindfleisch in den USA und Brasilien.[3]
Produktionsänderungen durch den Klimawandel
Rahmenbedingungen
Nach Jägermeyer et al. (2021)[5] könnten die Auswirkungen des Klimawandels auf die landwirtschaftliche Produktivität früher und deutlicher als bisher erwartet auftreten. Die Studie berücksichtigte im Hinblick auf die Ernten von Reis, Mais, Sojabohnen und Weizen verschiedene Auswirkungen des Klimawandels, darunter Temperaturanstieg, veränderte Niederschläge, Dürren und erhöhte Kohlendioxidkonzentrationen (CO2) in der Atmosphäre. Einige Regionen in hohen Breitengraden dürften Ertragssteigerungen verzeichnen, während tropische Regionen in niedrigen Breitengraden wahrscheinlich mit Ertragsrückgängen zu kämpfen haben.
Das entspricht den Ergebnissen einer Zusammenfassung jüngerer Studien über die Produktionsänderungen wichtiger Grundnahrungsmittel aufgrund des Klimawandels.[6] Allgemein wird erwartet, dass höhere Temperaturen und der CO2-Effekt in den hohen Breiten positive Auswirkungen auf die Ernten wichtiger Anbaufrüchte haben werden, die allerdings durch Wetterextreme gefährdet sind. In den niederen Breiten wird die Produktion wichtiger Grundnahrungsmittel jedoch ernsthaft unter dem Klimawandel leiden, besonders von C4-Pflanzen wie Mais, auf die sich der CO2-Effekt deutlich weniger positiv auswirkt als bei C3-Pflanzen. Insgesamt wird mit einem Ernterückgang von 4% bei dem hohen Emissionsszenario SSP5-8.5 bis 2050 gerechnet. Auch eine geringe Abnahme der Ernten liegt weit unter dem Produktionszuwachs, der erforderlich wäre, um den Nahrungsmittelbedarf der wachsenden Bevölkerung mit ihren sich verändernden Ernährungsgewohnheiten zu decken, was die Notwendigkeit rascher und wirksamer Anpassungen unterstreicht.
Bisherige Änderungen der Produktion

Die zukünftigen Folgen des Klimawandels für die landwirtschaftliche Produktion wurden bisher mithilfe von Modellsimulationen gründlicher untersucht als die Änderungen in den letzten Jahrzehnten.[7] Positive Effekte wurden für Reis und Weizen im östlichen Asien und für Weizen in Nordeuropa festgestellt. Eher negativ wirkte sich der Klimawandel in Südsahara-Afrika, Südamerika, Südasien, West- und Südeuropa aus. Dabei waren die klimatischen Faktoren mit der größten negativen Wirkung und die betroffenen Anbaufrüchte in den einzelnen Regionen verschieden. So haben in Westafrika Hitze- und Niederschlagsextreme die Hirseernte um 10-20% reduziert. In Australien haben abnehmende Niederschläge und höhere Temperaturen zu geringeren Weizenerträgen geführt, und in Südeuropa haben sich durch die Klimaerwärmung die Ernten fast aller wichtigen Kulturen reduziert. Ernteverluste durch Dürren wurden auf 75% der globalen Anbaufläche beobachtet. Gravierend hat sich auch die Kombination von Hitze und Dürren ausgewirkt. So haben sich in Europa in den letzten fünf Jahrzehnten die Ernteeinbußen dadurch verdreifacht. Verheerende Folgen haben in manchen Regionen wie z.B. in Pakistan und Myanmar auch Überschwemmungen gehabt.[4]
Eine Untersuchung für den Zeitraum 1974-2013 über den Einfluss des Klimawandels auf die global 10 wichtigsten Anbaufrüchte Gerste, Cassava, Mais, Ölpalmen, Raps, Reis, Sojabohnen, Zuckerrohr und Weizen (zu Weizen Abb. 2) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass sich die Produktion je nach Anbaufrucht sehr unterschiedlich verändert hat. Die Veränderungen der Erntemengen durch die globale Erwärmung reichen von -13,4% bei Ölpalmen bis +3,5% bei Sojabohnen. Die Maisernten sind nahezu gleich geblieben, Reis- und Weizenernten haben leicht um 0,3% bzw. 0,9% abgenommen.[7]
Zukünftige Produktionsänderungen

Je nach Klimaszenario und ohne Anpassung liegen die Simulationen der zukünftigen Ernteverluste durch den Klimawandel global bei 7-23%. Je nach globaler Temperaturzunahme von <2°C, 2-4°C und über 4°C werden die Erträge bei Weizen, Mais, Reis und Hirse in den tropischen und gemäßigten Breiten um 6,2% bis 18,3% abnehmen. Dabei sind Anpassungsmaßnahmen nicht berücksichtigt. In den Tropen sind die Verluste im Allgemeinen höher, da die tropischen Kulturen hier bereits unter optimalen Temperaturbedingungen wachsen und jede zusätzliche Temperaturerhöhung die negativen Folgen für die Ernten verstärkt. Außerdem profitieren die hier dominierenden C4-Pflanzen im Vergleich zu C3-Pflanzen nur minimal vom CO2-Düngungseffekt, der sich in tropischen Breiten positiv hauptsächlich bei Dürren auswirkt.[6]
Einzelne Untersuchungen zeigen etwa starke Zunahmen der Weizenernte in Australien und China um 25%, in anderen Regionen um 8-13%. Dagegen fallen die Projektionen von Mais für die Hauptanbaugebiete wie die USA mit Abnahmen von 0,3-8% für das niedrige Szenario SSP1-2.6 und von 10-35% für das hohe Szenario SSP5-8.5 deutlich negativ aus. Für die EU wird mit einer Zunahme der Weizenernte um 14% und einer Abnahme der Maisernte um 6% gerechnet. Die projizierten Folgen für die Reisernte in China, Indien, Bangladesch und Indonesien reichen bei den erwähnten Szenarien von 0% bis 10% Zunahme. Am stärksten von Ernterückgängen werden Subsahara-Afrika, der Nahe Osten und Nordafrika betroffen sein.[6] Die in Abb. 3 dargestellten globalen Maisernten bei demselben Szenario, jedoch mit dem Fokus auf extremen Hitzestress, zeigen teilweise andere Ergebnisse, mit deutlichen Zunahmen vor allem in den mittleren Breiten Eurasiens, besonders auch in Mitteleuropa, und starken Abnahmen in den Tropen.[8]
Einzelnachweise
- ↑ Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (2024): Weltbevölkerung erreicht 8 Milliarden
- ↑ FAO, IFAD, UNICEF, WFP and WHO (2024): The State of Food Security and Nutrition in the World 2024 – Financing to end hunger, food insecurity and malnutrition in all its forms, Rome
- ↑ Hochspringen nach: 3,0 3,1 FAO (2024): World Food and Agriculture – Statistical Yearbook 2024. Rome
- ↑ Hochspringen nach: 4,0 4,1 IPCC AR6, WGII (2022): Food, Fibre, and Other Ecosystem Products, 5.4.1
- ↑ Jägermeyr, J., C. Muller, A.C. Ruane et al. (2021): Climate Impacts on Global Agriculture Emerge Earlier in New Generation of Climate and Crop Models. Nat. Food 2021, 2, 873–885
- ↑ Hochspringen nach: 6,0 6,1 6,2 Rezaei, E.E., H. Webber, S. Asseng et al. (2023): Climate change impacts on crop yields. Nat Rev Earth Environ 4, 831–846
- ↑ Hochspringen nach: 7,0 7,1 Ray, D.K., P.C. West, M. Clark et al. (2019): Climate change has likely already affected global food production. PLoS ONE 14(5): e0217148
- ↑ Deryng, D., D. Conway, N. Ramankutty et al. (2014): Global crop yield response to extreme heat stress under multiple climate change futures, Environmental Research Letters 9, 3
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