Klimaänderungen im Mittelmeerraum

Aus Klimawandel
Abb. 1: Klimazonen des Mittelmeeraums

Die Region

Der europäische Mittelmeerraum liegt klimatisch im Übergangsbereich zwischen den subtropischen Wüstenzonen Nordafrikas und dem gemäßigten Klima Mitteleuropas (Abb. 1). Wesentliche Merkmale des mediterranen Klimas sind milde und feuchte Winter sowie heiße und trockene Sommer. Das Niederschlagsmaximum im Jahresverlauf liegt im Winter, weshalb man auch vom mediterranen Winterregenklima spricht. Neben den starken Unterschieden zwischen Sommer und Winter sind auch die großen Schwankungen von Jahr zu Jahr von Bedeutung. Hinzu kommen großräumige Unterschiede zwischen westlichem, mittlerem und östlichem Mittelmeerraum. Aufgrund des komplexen Reliefs mit vielen Gebirgen, Hoch- und Tiefländern, Inseln, Halbinseln und Buchten gibt es auch viele kleinräumige Besonderheiten des Klimas.[1] Das Mittelmeer selbst ist eine starke Verdunstungsquelle, die den regionalen hydrologischen Zyklus dominiert, der durch die Bildung lokaler Tiefs gekennzeichnet ist. Über dem Meer können sich die sog. Medicanes (mediterrane Hurrikane) bilden, die einige Ähnlichkeiten mit tropischen Wirbelstürmen aufweisen. Im Winter erreichen die Tiefdruckbahnen der mittleren Breiten die Region. Über dem Land können durch Feedbackprozesse mit der Atmosphäre längere Dürren und starke Hitzewellen entstehen.[2]

Die Nähe zum Atlantischen und Indischen Ozean und großen Landmassen setzt das Mittelmeer dem Einfluss verschiedener Klimamuster tropischen und extratropischen Ursprungs aus. Dazu gehören der nordatlantische Jetstream, blockierende Wetterlagen, das warme Azorenhoch im Westen und das sibirische Kältehoch im Osten. Für Teile des Mittelmeerraums, vor allem im Westen und im Zentrum sowie im Winter, ist die Nordatlantischen Oszillation (NAO) eine der wichtigsten Klimaschwankungen, die die Zugbahnen von Tiefdruckgebieten und die damit verbundenen Niederschläge beeinflusst. Die NAO selbst unterliegt Dekadenschwankungen und befindet sich seit den 1990er Jahren in einer negativen Phase und wird nach Modellprojektionen durch den Klimawandel in eine schwache positive Phase übergehen.[3]

Klimaänderungen

Temperatur

Abb. 2: Änderung der Mitteltemperatur im Mittelmeerraum 1891-2018 in absoluten Werten
Abb. 3: Änderung der regionalen Temperatur im Mittelmeerraum 1980-2018 in °C/Jahrzehnt

Klimaänderungen im Mittelmeerraum sind auch über die Region hinaus von besonderer Bedeutung. Die europäischen Mittelmeerküsten sind mit großem Abstand das wichtigste Touristenziel weltweit, wobei sie hauptsächlich vom innereuropäischem Tourismus profitieren. Im Jahr 2000 reisten aus dem kühleren Nordeuropa 116 Millionen Touristen ans europäische Mittelmeer, ein Sechstel aller touristischen Reisen in der Welt.[1] 2016 zählte der Mittelmeerraum insgesamt 330 Mio. Besucher.[2] Um das Jahr 2025 wird im gesamten Mittelmeerraum mit einem Touristenaufkommen von 655 Millionen gerechnet.[1] Die Zunahme extremer Temperaturen könnten dazu führen, dass die Region an Attraktivität für Touristen verliert. Auch der Wassermangel könnte die touristischen Kapazitäten begrenzen.[2]

Die Mitteltemperatur der Region liegt gegenwärtig 1,5 °C über dem Niveau des späten 19. Jahrhunderts (Abb. 2). Besonders seit den 1980er Jahren hat das Tempo der Erwärmung stärker als die globale Temperaturerhöhung zugenommen und liegt bei 0,1-0,5 °C/Jahrzehnt.[3] Dabei treten deutliche regionale Unterschiede hervor (Abb. 3). Höhere Erwärmungsraten von 0,4 bis über 0,5 °C pro Jahrzehnt finden sich auf dem Balkan und in den Ländern der östlichen Mittelmeerregion. Dagegen weist der westliche Mittelmeerraum sowohl auf dem europäischen wie auf dem afrikanischen Kontinent geringere Raten von 0,15 bis 0,3 °C pro Jahrzehnt auf. Die Erwärmungsrate übertrifft seit den 1980er Jahren die der globalen Erwärmung. Zugleich haben Temperaturextreme und Hitzewellen zugenommen. Auch die Meeresoberflächentemperatur hat sich bei regionalen Unterschieden in den letzten Jahrzehnten um 0,29 bis 0,44 °C pro Jahrzehnt erhöht, wobei sich das östliche Becken stärker erwärmt als das westliche Mittelmeer.[4]

Über den gesamten Zeitraum 1901 bis 2020 kann von einem Einfluss durch den Klimawandel auf die beobachtete Erwärmung ausgegangen werden, da die Trends über einen so langen Zeitraum jenseits der natürlichen Schwankungen liegen. In den jüngsten Jahrzehnten ab etwa 1980 spielt auch die Abnahme der anthropogenen Aerosolemissionen über Europa und Nordamerika für die Erwärmung der Mittelmeerregion eine wichtige Rolle. Aerosole, besonders Sulfataerosole, reflektieren Sonnenstrahlen und tragen zur Wolkenbildung bei, wodurch mehr Solarstrahlung zurück in den Weltraum reflektiert wird. Sie wirken daher abkühlend. Durch den Rückgang der Konzentration von Aerosolen in der Atmosphäre wird deshalb die Erwärmung durch die Zunahme von Treibhausgasen verstärkt. Ob dabei der Aerosol-Einfluss hauptsächlich durch den indirekten Aerosol-Effekt auf die Wolkenbildung oder den direkten Strahlungseffekt beruht, ist nicht geklärt.[2]

Abb. 4: Niederschlag, relative Luftfeuchtigkeit, Bodenfeuchte und Lufttemperatur 1979-2023 in SW-Europa

Niederschläge

Die mittleren jährlichen Niederschläge z.B. des nordwestlichen Mittelmeerraumes (SW-Europa) von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart haben sich kaum verändert (Abb. 4, oben links). Dennoch wurde die Region "trockener". Sowohl die bodennahe Luftfeuchtigkeit (Abb. 4, o.r.) wie die Bodenfeuchte in den oberen 7 cm (Abb. 4, u.l.) zeigen seit den 1990er Jahren einen deutlichen negativen Trend. Grund ist die zunehmende Temperatur (Abb. 4, u.r.), durch die die Verdunstung und damit die Austrocknung des oberen Bodens und der bodennahen Luftschicht verstärkt wird.

Deutlichere Trends ergeben sich jedoch auch bei den Niederschlägen, wenn man die einzelnen Regionen und historischen Zeitabschnitte betrachtet (Abb. 5). So nehmen die Jahresniederschläge im mediterranen Südeuropa und westlichen Nordafrika zwar über den gesamten Zeitraum seit 1950 gemittelt um 4-11 mm/Jahrzehnt ab (Abb. 5). In den letzten 40 Jahren verzeichnet von den europäischen Mittelmeerländern jedoch nur Italien einen Rückgang der Niederschläge, während die Iberische Halbinsel und Griechenland leichte Zunahmen aufweisen. Auch in Nordafrika nehmen die Niederschläge ab 1980 im Westen zu und im Küstenbereich Libyens und Ägyptens ab. Die Zunahmen im westlichen Mittelmeerraum beruhen dabei im Wesentlichen auf Winterniederschlägen, während im Sommer die Iberische Halbinsel und das nördliche Italien weniger Niederschläge erhalten.[3] Eine Untersuchung über 170 Jahre Niederschläge von 1850 bis 2018 in Südwest-Europa kommt auf der Basis von Beobachtungsdaten und Modellsimulationen zu dem Ergebnis, dass sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts kein Trend feststellen lässt. Nur über kürzere Zeiträume lassen sich gewisse Trends erkennen, so eine leichte Zunahme der Niederschläge zwischen 1940 und 1980 und eine Abnahme zwischen den 1960er und den 2000er Jahren. Ausgeprägt sind dagegen die jährlichen Schwankungen.[5]

Abb. 5: Regionale Niederschlagsänderungen in mm/Tag und Jahrzehnt 1950-2018 (links) und 1980-2018 (rechts)

Westlicher Mittelmeerraum

Veränderung des NAO-Index und der Niederschläge der Iberischen Halbinsel in den Wintermonaten Dezember bis März, lineare Trends gestrichelt.

Die Niederschläge fallen hier wie insgesamt im Mittelmeerraum im wesentlichen im Winter, in einzelnen Regionen gibt es Maxima aber auch im Herbst bzw. Frühjahr. Der Nordwesten, der im Winter unter dem Einfluss atlantischer Tiefdruckausläufer steht, ist mit bis zu über 500 mm Niederschlag in den Monaten Dezember-Februar die regenreichste Region der Iberischen Halbinsel. Im trockenen Inneren fallen dagegen unter 200 mm und am östlichen Rand nur noch unter 100 mm. Allgemein lässt sich ein atlantisches und ein mediterranes Niederschlagsgebiet auf der Iberischen Halbinsel unterscheiden. Der Westen und das Innere zeigen sich deutlich abhängig von den Schwankungen der NAO, während der östliche Saum der Halbinsel unter dem Einfluss regionaler Witterungsschwankungen steht.

In den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gab es im Westen und im Innern in den Wintermonaten deutliche Niederschlagsabnahmen, während der Osten im Winter regional leichte Zunahmen, aber insgesamt keinen deutlichen Trend zeigt.[6] Andere Untersuchungen zeigen, dass jedoch die jährlichen Niederschläge über dem mediterranen Osten ebenfalls deutlich abgenommen haben. Danach sind hier zwischen 1951 und 2000 die Jahresniederschläge insgesamt um -12,4 % zurückgegangen, besonders ausgeprägt im Sommer und Frühling mit jeweils rund -20 % Abnahme.[7] Diese Niederschlagsabnahme wird als besonders kritisch eingeschätzt, da in den mediterranen Küstengebieten Spaniens inzwischen ein Drittel der spanischen Bevölkerung lebt und im Sommer noch Millionen von Touristen hinzukommen.

Im Winter gibt es ausgeprägte Beziehungen zwischen der NAO und den Niederschlagsschwankungen auf der Iberischen Halbinsel. Zwischen 1950 und 2007 ist die Zunahme des NAO-Index, ein Maß für den Luftdruckgegensatz zwischen Azorenhoch und Islandtief, in den Monaten Dezember-März deutlich mit einer Abnahme der Niederschläge verbunden. Der NAO-Index hat in dieser Zeit um 0,17 pro Jahrzehnt zugenommen, während die Niederschläge um 4,3 mm pro Monat abgenommen haben. Besonders stark ist die Korrelation im Westen und in der Mitte der Iberischen Halbinsel, weniger ausgeprägt an der Ostküste. Im Mittel sind 74 % der Niederschlagsschwankungen von der NAO abhängig. Für das 21. Jahrhundert wird nach Modellprognosen eine Fortsetzung des Trends erwartet.[8]

Eine Beziehung der Niederschlagsentwicklung der Iberischen Halbinsel zum anthropogenen Treibhauseffekt wird diskutiert.[6] So könnte die Zunahme des NAO-Index mit einer Verstärkung des Polarwirbels über dem Nordpol zusammenhängen, die möglicherweise durch eine Abkühlung der unteren und mittleren Stratosphäre über dem Nordpol bedingt ist. Ein stärkerer Polarwirbel führt zu einer Verstärkung der Westwindzirkulation und deren Verschiebung nach Norden, wodurch auch die NAO weiter nach Norden verlagert wird. Die Iberische Halbinsel steht dann stärker unter dem Einfluss subtropischer Hochdruckzellen. Die Abkühlung der Stratosphäre wiederum ist ein allgemein beobachteter Effekt der Erwärmung der Troposphäre durch den Anstieg der Konzentration der Treibhausgase. Dieser Effekt kann über den Polen noch durch den Ozonabbau in der unteren Stratosphäre verstärkt werden.

Zentraler Mittelmeerraum

Änderung der Jahresmitteltemperatur (°C) und der Jahresniederschläge (Index) für ganz Italien – jeweils geglättet über 11 Jahre

Der zentrale Mittelmeerraum wird durch die italienische Halbinsel dominiert. Das Klima Italiens ist räumlich sehr unterschiedlich. Es reicht vom gemäßigt alpinen Klima im Norden bis zum fast schon afrikanischen Subtropenklima im Süden. Die mittleren Jahrestemperaturen liegen bei 8 °C im Norden und bei 16 °C im Süden. Die Niederschläge reichen von über 1500 mm im Norden bis unter 500 mm im Süden. Gebirgszüge im Innern und Luv- und Leelagen differenzieren das Klima oft sehr kleinräumig. Im Sommer sind subtropische Hochdruckgebiete bestimmend, die bis zur Poebene für hohe Temperaturen und Trockenheit sorgen. Im Winter bringen Tiefdruckausläufer vom Atlantik die Niederschläge. Besonders im Spätsommer, wenn die Temperaturen oft die 30-°C-Marke überschreiten, geht die Bodenfeuchte stark zurück.[9]

Klimaänderungen zeigen sich bisher vor allem im Temperaturbereich, weniger bei den Niederschlägen. Zwischen 1865 bis 2003 nahm die Temperatur im Mittel um 1 °C pro Jahrhundert zu, in den letzten Jahrzehnten mit deutlicher Steigerung. Die Erwärmung ist sowohl regional wie saisonal ziemlich uniform und liegt deutlich über dem globalen Mittel von 0,8 °C.[10]

Aufgrund der problematischen Datenlage und der großen auch kleinräumlichen Unterschiede lässt sich die Entwicklung der Niederschläge nur sehr schwierig bestimmen. Über die letzten ca. 150 Jahre konnte einerseits eine leichte Abnahme für ganz Italien um 5 % pro Jahrhundert festgestellt werden.[10] Eine andere Untersuchung ergab dagegen für die letzten ca. 50 Jahre bei den Jahresniederschlägen in ganz Italien keinen Trend.[11] Regionale Untersuchungen kommen teilweise zu andern Ergebnissen. So ergaben die Daten für Kampanien in Süditalien, dass hier die jährlichen Niederschläge in den letzten 100 Jahren um 280 mm bzw. 23 % deutlich abgenommen haben, und zwar besonders im Winter und in den letzten Jahrzehnten.[12]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Vgl. Hertig, E. (2008): Globaler Klimawandel: Auswirkungen auf den Mittelmeerraum, in: Fansa, M. & C. Ritzau (Hrsg.): Klimawandel – Herausforderung des 21. Jahrhunderts, Vorträge, 45-55
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 IPCC AR6 WGI (2021): Linking Global to Regional Climate Change, 10.6.4
  3. 3,0 3,1 3,2 MedECC (2020): Climate and Environmental Change in the Mediterranean Basin – Current Situation and Risks for the Future, First Mediterranean Assessment Report
  4. IPCC AR6 WGII (2022): Cross-Chapter Paper 4: Mediterranean Region
  5. Peña-Angulo, D., S.M. Vicente-Serrano, F. Domínguez-Castro, C. Murphy, F. Reig et al. (2020): Long-term precipitation in Southwestern Europe reveals no clear trend attributable to anthropogenic forcing. Environ. Res. Lett. 15, 094070
  6. 6,0 6,1 Lopez-Bustins, J.-A., et al. (2008): Iberia winter rainfall trends based upon changes in teleconnection and circulation patterns, Global and Planetary Change 63, 171-176
  7. Luis, M. de, et al. (2009): Seasonal precipitation trends in the Mediterranean Iberian Peninsula in the second half of the 20th century, International Journal of Climatology 29, 1312-1323
  8. Rodríguez-Puebla, C., & S. Nieto (2009): Trends of precipitation over the Iberian Peninsula and the North Atlantic Oscillation under climate change conditions, International Journal of Climatology, DOI: 10.1002/joc.2035
  9. Diodato, N., & G. Bellocchi (2008): Drought stress patterns in Italy using agro-climatic indicators, Climate Research 36, 53-63
  10. 10,0 10,1 Brunetti. M., et al. (2006): Temperature and precipitation variability in Italy in the last two centuries from homogenised instrumental time series. International Journal of Climatology 26, 345–381
  11. Toreti, A., et al. (2009): Annual and seasonal precipitation over Italy from 1961 to 2006, International Journal of Climatology, DOI: 10.1002/joc.1840
  12. Longobardi, A., & P. Villani (2009): Trend analysis of annual and seasonal rainfall time series in the Mediterranean area, International Journal of Climatology, DOI: 10.1002/joc.2001

Siehe auch


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