Klimaänderungen im Amazonasgebiet: Unterschied zwischen den Versionen

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== Einleitung ==
== Einleitung ==
Das Amazonasbecken beherbergt nicht nur den größten und artenreichsten tropischen Regenwald der Erde, sondern besitzt auch eine zentrale Bedeutung für das globale Klimasystem durch seine Rolle im globalen Wasser- und Kohlenstoffkreislauf. Das Amazonasbecken insgesamt umfasst 7 Mio. km2, wovon das Regenwaldgebiet 5,3 Mio. km2 einnimmt. Für den Wasserkreislauf sind die hohen Niederschläge von 2200 mm/Jahr bezeichnend, die etwa zur Hälfte durch Verdunstung wieder in die Atmosphäre gelangen und für einen erneuten Niederschlag zur Verfügung stehen. Die andere Hälfte gelangt über das größte Flusssystem der Erde größtenteils in den Atlantik. Für den globalen Kohlenstoffkreislauf ist der Amazonasregenwald, in dem schätzungsweise 150-200 Mrd. Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind, immer noch eine wichtige CO2-Senke und trägt damit zur Dämpfung der globalen Erwärmung bei.<ref name="Forster 2024">Forster, P. M., C.J. Smith, T. Walsh et al. (2024): Indicators of Global Climate Change 2023: Annual update of large-scale indicators of the state of the climate system and the human influence, Earth System Science Data 16, 2625–2658. Zum Vergleich: weltweit werden gegenwärtig etwa 11 Mrd. t Kohlenstoff durch menschliche Aktivitäten emittiert.</ref>  Zwei Prozesse bedrohen jedoch diese Bedeutung dieses einmaligen tropischen Regenwalds: der Klimawandel und die zunehmende Vernichtung des Waldes durch direkte menschliche Eingriffe.<ref name="Marengo 2018">Marengo, J.A., C.M. Souza Jr., K. Thonicke et al. (2018): Changes in Climate and Land Use Over the Amazon Region: Current and Future Variability and Trends. Front. Earth Sci. 6:228. doi: 10.3389/feart.2018.00228 </ref>  
Das Amazonasbecken beherbergt nicht nur den größten und artenreichsten tropischen Regenwald der Erde, sondern besitzt auch eine zentrale Bedeutung für das globale [[Klimasystem]] durch seine Rolle im globalen Wasser- und [[Kohlenstoffkreislauf]]. Das Amazonasbecken insgesamt umfasst 7 Mio. km<sup>2</sup>, wovon das Regenwaldgebiet 5,3 Mio. km<sup>2</sup> einnimmt. Für den [[Wasserkreislauf]] sind die hohen Niederschläge von 2200 mm/Jahr bezeichnend, die etwa zur Hälfte durch [[Verdunstung]] wieder in die [[Aufbau der Atmosphäre|Atmosphäre]] gelangen und für einen erneuten [[Niederschlag]] zur Verfügung stehen. Die andere Hälfte gelangt über das größte Flusssystem der Erde größtenteils in den Atlantik. Für den globalen Kohlenstoffkreislauf ist der Amazonasregenwald, in dem schätzungsweise 150-200 Mrd. Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind<ref name="Forster 2024">Forster, P. M., C.J. Smith, T. Walsh et al. (2024): Indicators of Global Climate Change 2023: Annual update of large-scale indicators of the state of the climate system and the human influence, Earth System Science Data 16, 2625–2658</ref> und jährlich 0,4-0,6 GtC aufgenommen werden,<ref>Wang, S., A. Foster, E.A. Lenz et al. (2023): [https://doi.org/10.1029/2021RG000757 Mechanisms and impacts of Earth system tipping elements]. Reviews of Geophysics, 61, 1</ref> immer noch eine wichtige CO<sub>2</sub>-Senke und trägt damit zur Dämpfung der [[Klimawandel|globalen Erwärmung]] bei.<ref>Zum Vergleich: weltweit werden gegenwärtig etwa 11 Mrd. t Kohlenstoff pro Jahr durch menschliche Aktivitäten emittiert.</ref>  Zwei Prozesse bedrohen jedoch die Bedeutung dieses einmaligen tropischen Regenwalds: der [[Klimawandel]] und die zunehmende Vernichtung des Waldes durch direkte menschliche Eingriffe.<ref name="Marengo 2018">Marengo, J.A., C.M. Souza Jr., K. Thonicke et al. (2018): Changes in Climate and Land Use Over the Amazon Region: Current and Future Variability and Trends. Front. Earth Sci. 6:228. doi: 10.3389/feart.2018.00228 </ref>  


== Erwärmung ==
== Erwärmung ==
Durch die hohe und relativ konstante Sonneneinstrahlung bleibt die Temperatur in den Tropen  im Jahresverlauf nahezu gleich. Sie liegt in der zentralen äquatorialen Region des Amazonasbeckens bei 27-29 °C, die jahreszeitlichen Schwankungen betragen lediglich 1-2 °C. Nur im Südwesten in der Nähe der Anden im bolivianischen Amazonasgebiet sind Jahresschwankungen bei 26 °C im September und 20 °C im Juni deutlich größer.<ref name="Costa 2021">Costa, M.H., L.S. Borma, J.C. Espinoza et al. (2021): [https://www.theamazonwewant.org/spa%20publication/amazon-assessment-report-2021/ The Physical hydroclimate system of the Amazon] In: Nobre, C., A. Encalada, E. Anderson et al. (Ed.). Amazon Assessment Report 2021, Part 1, Chapter 5</ref>  
Durch die hohe und relativ konstante [[Sonneneinstrahlung und Klimaänderungen|Sonneneinstrahlung]] bleibt die Temperatur in den [[Tropen]] im Jahresverlauf nahezu gleich. Sie liegt in der zentralen äquatorialen Region des Amazonasbeckens bei 27-29 °C, die jahreszeitlichen Schwankungen betragen lediglich 1-2 °C. Nur im Südwesten in der Nähe der Anden im bolivianischen Amazonasgebiet sind Jahresschwankungen bei 26 °C im September und 20 °C im Juni deutlich größer.<ref name="Costa 2021">Costa, M.H., L.S. Borma, J.C. Espinoza et al. (2021): [https://www.theamazonwewant.org/spa%20publication/amazon-assessment-report-2021/ The Physical hydroclimate system of the Amazon] In: Nobre, C., A. Encalada, E. Anderson et al. (Ed.). Amazon Assessment Report 2021, Part 1, Chapter 5</ref>  
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| [[Bild:Amazon-temp-1980-2020.jpg|thumb|460px|Abb. 2: Änderung der Jahresmittel- und der Temperatur der Regen- und Trockenzeit im Amazonasgebiet 1980-2020]]||[[Bild:Amazonas-Erwärmungsraten.jpg|thumb|200px|Abb. 3: Regionale Unterschiede in der Erwärmungsrate im Amazonasgebiet in °C/Jahrzehnt]]
| [[Bild:Amazon-temp-1980-2020.jpg|thumb|540px|Abb. 2: Änderung der Jahresmittel- und der Temperatur der Regen- und Trockenzeit im Amazonasgebiet 1980-2020]]||[[Bild:Amazonas-Erwärmungsraten.jpg|thumb|200px|Abb. 3: Regionale Unterschiede in der Erwärmungsrate im Amazonasgebiet in °C/Jahrzehnt]]
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In den letzten 40 Jahren hat die Jahresmitteltemperatur im gesamten Amazonasgebiet um etwa 1 °C zugenommen. Die letzten beiden Jahrzehnte waren die wärmsten je gemessenen Jahrzehnte. 2016, ein El-Nino-Jahr, war das wärmste Jahr seit 1850 mit 1,0 °C über dem Mittel von 1961-1990. Die Erwärmungsraten waren im östlichen Amazonas doppelt so hoch wie im westlichen Amazonas-Gebiet und im feuchten Nordwesten niedriger als im trockenen Südosten des Amazonasbeckens. Besonders hoch lag die Erwärmungsrate wischen 1979 und 2012 im südöstlichen Amazonas-Gebietes mit 0,49 °C/Jahrzehnt. Die hohen Temperaturzunahmen im südöstlichen Amazonas sind im Wesentlichen auf die Änderung der Landbedeckung zurückzuführen, d.h. auf die Umwandlung von tropischem Regenwald in landwirtschaftlich genutzte Fläche.<ref name="Marengo 2024">Marengo, J.A., J. Espinoza, R. Fu et al. (2024): Long-term variability, extremes and changes in temperature and hydrometeorology in the Amazon region: A review. Acta Amazonica 54: e54es22098</ref>  Im westlichen Amazonasgebiet werden dagegen die Erwärmungsraten abgeschwächt durch die Anden und den Übergang vom montanen zum Tiefland-Regenwald. Auch jahreszeitlich unterscheidet sich die Temperaturzunahme. Die höchste Erwärmung zeigen mit 1,4 °C zwischen 1979 und 2018 die Monate August bis September während der Trockenzeit.<ref name="Marengo 2021">Marengo, J.A., J.C. Espinoza, R. Fu et al. (2021): [https://www.theamazonwewant.org/wp-content/uploads/2022/05/Chapter-22-Bound-May-11.pdf Long-term variability, extremes and changes in temperature and hydrometeorology in the Amazon region]. In: Nobre, C., A. Encalada, E. Anderson et al. (Ed.). Amazon Assessment Report 2021, Chapter 22</ref>  
In den letzten 40 Jahren hat die Jahresmitteltemperatur im gesamten Amazonasgebiet um etwa 1 °C zugenommen. Die letzten beiden Jahrzehnte waren die wärmsten je gemessenen Jahrzehnte. 2016, ein [[Einzelne El-Niño-Ereignisse|El-Nino-Jahr]], war das wärmste Jahr seit 1850 mit 1,0 °C über dem Mittel von 1961-1990. Die Erwärmungsraten waren im östlichen Amazonas doppelt so hoch wie im westlichen Amazonas-Gebiet und im feuchten Nordwesten niedriger als im trockenen Südosten des Amazonasbeckens. Besonders hoch lag die Erwärmungsrate wischen 1979 und 2012 im südöstlichen Amazonas-Gebietes mit 0,49 °C/Jahrzehnt. Die hohen Temperaturzunahmen im südöstlichen Amazonas sind im Wesentlichen auf die Änderung der Landbedeckung zurückzuführen, d.h. auf die Umwandlung von tropischem Regenwald in landwirtschaftlich genutzte Fläche.<ref name="Marengo 2024">Marengo, J.A., J. Espinoza, R. Fu et al. (2024): Long-term variability, extremes and changes in temperature and hydrometeorology in the Amazon region: A review. Acta Amazonica 54: e54es22098</ref>  Im westlichen Amazonasgebiet werden dagegen die Erwärmungsraten abgeschwächt durch die Anden und den Übergang vom Tiefland- zum montanen Regenwald. Auch jahreszeitlich unterscheidet sich die Temperaturzunahme. Die höchste Erwärmung zeigen mit 1,4 °C zwischen 1979 und 2018 die Monate August bis September während der Trockenzeit.<ref name="Marengo 2021">Marengo, J.A., J.C. Espinoza, R. Fu et al. (2021): [https://www.theamazonwewant.org/wp-content/uploads/2022/05/Chapter-22-Bound-May-11.pdf Long-term variability, extremes and changes in temperature and hydrometeorology in the Amazon region]. In: Nobre, C., A. Encalada, E. Anderson et al. (Ed.). Amazon Assessment Report 2021, Chapter 22</ref>


== Änderung der Niederschläge ==
== Änderung der Niederschläge ==
[[Bild:Tropische-zirkulation.jpg|thumb|300px|Abb. 4: Tropische Zirkulation]]
 
=== Das Niederschlagssystem ===
=== Das Niederschlagssystem ===
Wichtiger als die Zunahme der Temperatur sind in den Tropen die Änderungen der Niederschläge. Während die Temperaturen im Laufe des Jahres nahezu gleich bleiben, werden die Jahreszeiten durch den Gegensatz zwischen Regen- und Trockenzeit geprägt. In den immerfeuchten Tropen um den Äquator herum kommt es zu einem starken Aufsteigen (bzw. Konvergenz) von Luftmassen, die durch die hohe Sonneneinstrahlung erwärmt werden. Sie bilden den aufsteigenden Ast der Hadley-Zirkulation. Der Amazonasregenwald ist neben Zentralafrika und Südostasien einer der permanenten Zentren der Innertropischen Konvergenzzone. Die aufsteigende Luft transportiert durch Verdunstung und Transpiration (der Pflanzen) latente Wärme von der Erdoberfläche in die Atmosphäre. Hier kondensiert der Wasserdampf zu Wolken und Niederschlag. Dabei wird die latente Wärme freigesetzt, was zu weiterem Aufsteigen und Niederschlag führt (Abb.). Im Amazonasregenwald liegen die langfristigen Niederschläge bei 2190 mm/Jahr. 1100 mm/Jahr bzw. etwa die Hälfte des Niederschlags wird durch die Flüsse dem Ozean zugeführt. Durch Verdunstung und Transpiration gelangen 1220 mm/Jahr wieder in die Atmosphäre.<ref name="Costa 2021"/>  Regional gibt es jedoch große Unterschiede mit fast 4000 mm/Jahr im Nordwesten des Amazonasbeckens und 500 mm/Jahr im Südwesten.<ref name="Cerón 2024">Cerón, W.L., M.T. Kayano, R. Andreoli et al. (2024): [https://doi.org/10.1002/joc.8561 New insights into trends of rainfall extremes in the Amazon basin through trend-empirical orthogonal function (1981–2021)]. International Journal of Climatology, 44(11), 3955–3975</ref>
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| [[Bild:Amazonas Wasserkreislauf.jpg|thumb|540px|Abb. 5: Wasserkreislauf im Amazonas-Regenwald]]
| [[Bild:Tropische-zirkulation.jpg|thumb|300px|Abb. 4: Tropische Zirkulation]]||[[Bild:Amazonas-Wasserkreislauf.jpg|thumb|540px|Abb. 5: Wasserkreislauf im Amazonas-Regenwald]]
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Wichtiger als die Zunahme der Temperatur sind in den Tropen die Änderungen der Niederschläge. Während die Temperaturen im Laufe des Jahres nahezu gleich bleiben, werden die Jahreszeiten durch den Gegensatz zwischen Regen- und Trockenzeit geprägt. In den immerfeuchten Tropen um den Äquator herum kommt es zu einem starken Aufsteigen (bzw. Konvergenz) von Luftmassen, die durch die hohe Sonneneinstrahlung erwärmt werden. Sie bilden den aufsteigenden Ast der Hadley-Zirkulation. Der Amazonasregenwald ist neben Zentralafrika und Südostasien einer der permanenten Zentren der Innertropischen Konvergenzzone. Die aufsteigende Luft transportiert durch Verdunstung und Transpiration (Verdunstung der Pflanzen) latente Wärme von der Erdoberfläche in die Atmosphäre. Hier kondensiert der Wasserdampf zu [[Wolken]] und Niederschlag. Dabei wird die latente Wärme freigesetzt, was zu weiterem Aufsteigen und Niederschlag führt (Abb. 4). Im Amazonasregenwald liegen die langfristigen Niederschläge bei 2190 mm/Jahr. 1100 mm/Jahr bzw. etwa die Hälfte des Niederschlags wird durch die Flüsse dem Ozean zugeführt. Durch Verdunstung und Transpiration gelangen 1220 mm/Jahr wieder in die Atmosphäre.<ref name="Costa 2021"/>  Regional gibt es jedoch große Unterschiede mit fast 4000 mm/Jahr im Nordwesten des Amazonasbeckens und 500 mm/Jahr im Südwesten.<ref name="Cerón 2024">Cerón, W.L., M.T. Kayano, R. Andreoli et al. (2024): [https://doi.org/10.1002/joc.8561 New insights into trends of rainfall extremes in the Amazon basin through trend-empirical orthogonal function (1981–2021)]. International Journal of Climatology, 44(11), 3955–3975</ref>
 
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| [[Bild:Amazon rain Pacific Atlantic.jpg|thumb|420px|Abb. 6: Die Haupteinflussfaktoren auf die Amazonasniederschläge: ENSO, [[Meeresoberflächentemperatur|Meeresoberflächentemperaturen]] (SST) im tropischen Nordatlantik und die [[Innertropische Konvergenzzone|ITCZ]]-Position. ]]||[[Bild:Amazon hydrologische Prozesse.jpg|thumb|440px|Abb. 7: Hydrologische Prozesse im Amazonasgebiet]]
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Für die Niederschläge im Amazonasgebiet, aber auch darüber hinaus, spielt der Regenwald selbst eine wichtige Rolle, indem er den fallenden Regen aufnimmt und durch Verdunstung dem Wasserkreislauf wieder zuführt. Die lokale Verdunstung umfasst nach einigen Berechnungen 35-80% des Niederschlags. Teilweise wird die Feuchtigkeit vom Amazonasbecken durch die Atmosphärische Zirkulation in Regionen im südöstlichen Südamerika transportiert. So hängen im La-Plate-Becken schätzungsweise 70% der Wasserressourcen von der Verdunstung über dem Amazonas-Regenwald ab. Dieses System ist gegenwärtig einerseits durch die Waldvernichtung und andererseits durch Dürren infolge des Klimawandels bedroht. Bei einer Überschreitung der Zerstörung von 40% des Regenwalds könnte ein Kipppunkt erreicht werden, nach dem das regionale Klima sich schnell zu wärmeren und trockeneren Bedingungen verändern würde.<ref name="Marengo 2018"/>   
Für die Niederschläge im Amazonasgebiet, aber auch darüber hinaus, spielt der Regenwald selbst eine wichtige Rolle (Abb. 5), indem er den fallenden Regen aufnimmt und durch Verdunstung dem Wasserkreislauf wieder zuführt. Die lokale Verdunstung umfasst nach einigen Berechnungen 35-80% des Niederschlags. Teilweise wird die Feuchtigkeit vom Amazonasbecken durch die [[Atmosphärische Zirkulation]] in Regionen im südöstlichen Südamerika transportiert. So hängen im La-Plate-Becken schätzungsweise 70% der [[Wasserressourcen]] von der Verdunstung über dem Amazonas-Regenwald ab. Dieses System ist gegenwärtig einerseits durch die Waldvernichtung und andererseits durch [[Dürren im Amazonasgebiet|Dürren]] infolge des Klimawandels bedroht. Bei einer Überschreitung der Zerstörung von 40% des Regenwalds könnte ein [[Kipppunkte im Klimasystem|Kipppunkt]] erreicht werden, nach dem das regionale Klima sich schnell zu wärmeren und trockeneren Bedingungen verändern würde.<ref name="Marengo 2018"/>   
 
Außer dem Recycling von Niederschlägen im tropischen Regenwald spielen auch externe Quellen eine Rolle. Die Einflüsse gehen einerseits von den Temperaturschwankungen im tropischen Nordatlantik aus, andererseits von dem pazifischen [[ENSO]]-Phänomen (Abb. 6).<ref name="Marengo 2018"/>  Der tropische Nordatlantik gilt dabei nach neueren Erkenntnissen als die Hauptquelle des externen Feuchtigkeitstransports in das Amazonasbecken.<ref name="Ciemer 2020">Ciemer, C., L. Rehm, J. Kurths et al. (2020): An early-warning indicator for Amazon droughts exclusively based on tropical Atlantic sea surface temperatures, Environmental Research Letters 15, 9, https://dx.doi.org/10.1088/1748-9326/ab9cff</ref>  Der über dem Atlantik durch Verdunstung entstehende [[Wasserdampf]] wird durch die [[Passat]]winde Richtung Amazonasregenwald transportiert und regnet sich darüber teilweise ab. Bei höheren Atlantik-Temperaturen wird der thermische Gegensatz zwischen dem an sich kühleren [[Ozean im Klimasystem|Ozean]] und dem wärmeren Landoberflächen geringer und die atlantischen Passatwinde schwächen sich ab. Dadurch könnten nach Auffassung einiger Autoren weniger feuchte Luftmassen ins Amazonasbecken gelangen.<ref name="Marengo 2016">Marengo, J.A., & J.C. Espinoza (2016): Extreme seasonal droughts and floods in Amazonia: causes, trends and impacts. International Journal of Climatology 36(3), 1033–1050</ref>  Andererseits führen höhere Meeresoberflächentemperaturen zu einer höheren Verdunstung und mehr Wasserdampf in den Luftmassen der Passate, wodurch es über dem Amazonas zu stärkeren Niederschlägen kommen kann (Abb. 8).<ref name="Gloor 2015">Gloor, M., J. Barichivich, G. Ziv et al. (2015): Recent Amazon climate as background for possible ongoing and future changes of Amazon humid forests, Global Biogeochemical Cycles, 29, doi:10.1002/2014GB005080</ref>  Die Passatwinde über dem Atlantik dringen bis zu der Andenmauer vor und regnen sich dort durch das Aufsteigen an den Gebirgshängen weiter ab. Ein Teil wird außerdem an den Anden entlang nach Süden gelenkt und transportiert feuchte Luftmassen bis in das La-Plata-Becken (Abb. 7).
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| [[Bild:Amazon rain Pacific Atlantic.jpg|thumb|540px|Abb. 6: Die Haupteinflussfaktoren auf die Amazonasniederschläge: ENSO, Meeresoberflächentemperaturen (SST) im tropischen Nordatlantik und die ITCZ-Position. ]]
| [[Bild:SST Atlantik H2O-Transport Amazonas.jpg|thumb|480 px|Abb. 8: Änderung der Meeresoberflächentemperatur (SST) im tropischen Nordatlantik und des Wasserdampftransports vom Atlantik in das Amazonasbecken]]||[[Bild:Walker ElNino 2colorSSTA large.jpg|thumb|420px|Abb. 9: Schematische Darstellung der Walker-Zirkulation (Dezember-Februar) während El-Niño-Bedingungen über einer Karte mit wärmeren (Ocker) und kälteren (Blau-Grün)Meeresoberflächentemperaturen als üblich.]]
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Außer dem Recycling von Niederschlägen im tropischen Regenwald spielen auch externe Quellen eine Rolle. Die Einflüsse gehen einerseits von den Temperaturschwankungen im tropischen Nordatlantik aus, andererseits von dem pazifischen ENSO-Phänomen.<ref name="Marengo 2018"/>  Der tropische Nordatlantik gilt dabei nach neueren Erkenntnissen als die Hauptquelle des externen Feuchtigkeitstransports in das Amazonasbecken.<ref name="Ciemer 2020">Ciemer, C., L. Rehm, J. Kurths et al. (2020): An early-warning indicator for Amazon droughts exclusively based on tropical Atlantic sea surface temperatures, Environmental Research Letters 15, 9, https://dx.doi.org/10.1088/1748-9326/ab9cff</ref>  Der über dem Atlantik durch Verdunstung entstehende Wasserdampf wird durch die Passatwinde Richtung Amazonasregenwald transportiert und regnet sich darüber teilweise ab. Bei höheren Atlantik-Temperaturen wird der thermische Gegensatz zwischen dem kühleren Ozean und dem wärmeren Landoberflächen geringer und die atlantischen Passatwinde schwächen sich ab. Dadurch könnten nach Auffassung einiger Autoren weniger feuchte Luftmassen ins Amazonasbecken gelangen.<ref name="Marengo 2016">Marengo, J.A., & J.C. Espinoza (2016): Extreme seasonal droughts and floods in Amazonia: causes, trends and impacts. International Journal of Climatology 36(3), 1033–1050</ref>  Andererseits führen höhere Meeresoberflächentemperaturen zu einer höheren Verdunstung und mehr Wasserdampf in den Luftmassen der Passate, wodurch es über dem Amazonas zu stärkeren Niederschlägen kommen kann.<ref name="Gloor 2015">Gloor, M., J. Barichivich, G. Ziv et al. (2015): Recent Amazon climate as background for possible ongoing and future changes of Amazon humid forests, Global Biogeochemical Cycles, 29, doi:10.1002/2014GB005080</ref>  Die Passatwinde über dem Atlantik dringen bis zu der Andenmauer vor und regnen sich dort durch das Aufsteigen an den Gebirgshängen weiter ab. Ein erheblicher Teil wird außerdem an den Anden entlang nach Süden gelenkt und transportiert feuchte Luftmassen bis in das La-Plata-Becken (Abb.).
Das pazifische El Niño-Southern Oszillation (ENSO)-Phänomen stellt eine Temperaturschwankung zwischen wärmeren (bei einem El Niño) und kühleren (bei einer La Niña) Temperaturen im tropischen Ostpazifik dar. Durch den Einfluss von ENSO auf die Walker-Zirkulation (Abb. 9) sind El-Niño-Ereignisse mit absteigenden Luftmassen bzw. Subsidenz über dem Amazonasgebiet verbunden, La Niña-Ereignisse mit aufsteigenden Luft bzw. Konvektion. Die Folgen sind geringere Niederschläge im ersten und höhere Regenfälle im zweiten Fall. So waren die signifikanten El-Niño-Ereignisse 1982/83, 1997/8, 2010, 2015/16 und 2023 mit absinkenden Luftmassen über dem nördlichen Amazonas und starken Dürren und teilweise extrem niedrigen Wasserständen im Amazonas und seinen Nebenflüssen verbunden.<ref>Espinoza, J-C., J.C. Jimenez, J.A. Marengo et al. (2024): [https://doi.org/10.1038/s41598-024-58782-5 The new record of drought and warmth in the Amazon in 2023 related to regional and global climatic features]. Sci Rep 14, 8107</ref>  Das gilt aber nicht für die ebenfalls starke Dürre 2005, die durch hohe Temperaturen im tropischen Nordatlantik bedingt war.<ref>Jimenez, J.C., J.A. Marengo, L.M. Alves et al. (2021): [https://rmets.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/joc.6453 The role of ENSO flavours and TNA on recent droughts over Amazon forests and the Northeast Brazil region], Int. J. Climatol. 41, 3761–3780.</ref>  Auch für die Dürre 2010 spielt neben einem El Niño ein sehr warmer tropischer Nordatlantik eine Rolle.<ref name="Marengo 2016"/>
[[Bild:Amazon hydrologische Prozesse.jpg|thumb|540px|Abb. 7: Hydrologische Prozesse im Amazonasgebiet]]
Das pazifische El Niño-Southern Oszillation (ENSO)-Phänomen stellt eine Temperaturschwankung zwischen wärmeren (bei einem El Niño) und kühleren (bei einer La Niña) Temperaturen im tropischen Ostpazifik dar. Durch den Einfluss von ENSO auf die Walker-Zirkulation sind El-Niño-Ereignisse mit absteigenden Luftmassen bzw. Subsidenz über dem Amazonasgebiet verbunden, La Niña-Ereignisse mit aufsteigenden Luft bzw. Konvektion. Die Folgen sind geringere Niederschläge im ersten und höhere Regenfälle im zweiten Fall. So waren die signifikanten El-Niño-Ereignisse 1982/83, 1997/8, 2010, 2015/16 und 2023 mit absinkenden Luftmassen über dem nördlichen Amazonas und starken Dürren und teilweise extrem niedrigen Wasserständen im Amazonas und seinen Nebenflüssen verbunden.<ref>Espinoza, J-C., J.C. Jimenez, J.A. Marengo et al. (2024): [https://doi.org/10.1038/s41598-024-58782-5 The new record of drought and warmth in the Amazon in 2023 related to regional and global climatic features]. Sci Rep 14, 8107</ref>  Das gilt aber nicht für die ebenfalls starke Dürre 2005, die durch hohe Temperaturen im tropischen Nordatlantik bedingt war.<ref>Jimenez, J.C., J.A. Marengo, L.M. Alves et al. (2021): [https://rmets.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/joc.6453 The role of ENSO flavours and TNA on recent droughts over Amazon forests and the Northeast Brazil region], Int. J. Climatol. 41, 3761–3780.</ref>  Auch für die Dürre 2010 spielt neben einem El Niño ein sehr warmer tropischer Nordatlantik eine Rolle.<ref name="Marengo 2016"/>
[[Bild:Walker ElNino 2colorSSTA large.jpg|thumb|540px|Abb. 8: Schematische Darstellung der Walker-Zirkulation (Dezember-Februar) während El-Niño-Bedingungen über einer Karte mit wärmeren (Ocker) und kälteren (Blau-Grün)Meeresoberflächentemperaturen als üblich.]]


== Agrarwirtschaft und Waldvernichtung ==
=== Niederschlagsänderungen ===
Gegenwärtig ist der Amazonasregenwald vor allem durch direkte menschliche Eingriffe bedroht. Die Bevölkerung des Amazonasgebietes ist von 6 Millionen 1960 auf 25 Millionen 2010 gewachsen.<ref name="Davidson 2011">Davidson, E.A., et al. (2012): The Amazon basin in transition, Nature 481, 321-328</ref> Die Ausbreitung der Rinderzucht und der Sojaproduktion sind die Hauptverursacher der [[Deforestation (Tropen)|Waldzerstörung]]. 1988 bis 2006 fielen der Agrarwirtschaft im brasilianischen Amazonasgebiet pro Jahr 18100 km<sup>2</sup> Regenwald zum Opfer, 2004 waren es 27400 km<sup>2</sup>. 62 % davon wurden in Weideland umgewandelt, 6 % in Ackerland und auf 32 % bildete sich Sekundärvegetation.<ref name="Malhi 2008">Y. Malhi, et al.(2008): Climate Change, Deforestation, and the Fate of the Amazon, Science 319, 169 (2008); 169-172</ref> Danach hat sich die jährliche Waldvernichtung aufgrund von Regierungsmaßnahmen auf weniger als 7000 km<sup>2</sup> im Jahre 2011 reduziert. Ob damit ein neuer Trend eingeleitet ist, bleibt jedoch höchst unsicher.<ref name="Davidson 2011" />  
[[Bild:Amazon prec trend 1981-2017.jpg|thumb|420px|Abb. 11: Regionale Niederschlagstrends im Amazonasgebiet 1981-2017 in mm/Jahr ]]
Bei den Gesamtniederschlägen kann kein signifikanter Trend festgestellt werden. Regional zeigen sich jedoch zunehmende Niederschläge im nördlichen Amazonasgebiet und abnehmende Niederschläge im Süden der Region. Aufgrund der Niederschlagszunahmen im Norden steigt der Gesamtniederschlag zwischen 1981 und 2017 um 2,8 mm pro Jahr.<ref name="Marengo 2024"/><ref name="Paca 2020">Paca, V.H. da Motta, G.E. Espinoza-Dávalos et al. (2020): Variability of Trends in Precipitation across the Amazon River Basin Determined from the CHIRPS Precipitation Product and from Station Records, Water 12, no. 5: 1244. https://doi.org/10.3390/w12051244</ref>


== Klimaänderungen und Amazonaswald==
Ein guter Hinweis auf die Regenfälle im Amazonasgebiete sind die Wasserstände der größeren Flüsse. So zeigt der Wasserstand des Rio Negro bei Manus seit ca. 1980 bis 2022 eine Zunahme der Höchststände und Abnahme der Niedrigstände. Das weist auf mehr Starkniederschläge einerseits und mehr Trockenphasen andererseits im NW des Amazonasbeckens. In den letzten 20 Jahren hat es eine Verfünffachung von starken Hochwasserereignissen im zentralen Amazonasgebiet gegeben. Die Hochwasserereignisse bei Manaus haben besonders seit ca. 2010 sowohl in der Anzahl als auch in der Dauer zugenommen.<ref name="Marengo 2024"/>
Der Amazonas ist nicht nur durch direkte menschliche Eingriffe, sondern auch durch den [[Klimawandel]] gefährdet und zählt daher zu einem der möglichen [[Kipppunkte im Klimasystem]], die bei einer weiteren Erwärmung in einen nicht mehr umkehrbaren Prozess treiben könnten.<ref>Lenton, T.M. (2008): Tipping elements in the Earth's climate system, PNAS 105, 1786-1793</ref> Höhere Temperaturen und Niederschlagsveränderungen können die klimatischen Bedingungen des Regenwalds verschlechtern. Dabei gibt es einerseits Rückkopplungen mit dem Ökosystem, andererseits Wechselwirkungen mit der Waldzerstörung durch die Agrarwirtschaft.


=== Erwärmung und Niederschlag ===
Besonders die starke Erwärmung des tropischen Atlantiks seit 1990 hat eine zentrale Rolle für die Intensivierung des hydrologischen Zyklus im Amazonasgebiet gespielt. Die Erwärmung des Atlantiks hat den atmosphärischen Wasserdampf erhöht, der durch die Passatwinde in das Amazonasgebiet transportiert wird und hier besonders in der Regenzeit die Niederschläge und den Abfluss verstärkt. Gleichzeitig hat sich der äquatoriale Pazifik abgekühlt, wodurch der Unterschied der Meeresoberflächentemperatur und des Luftdrucks zwischen beiden tropischen Ozeanen zunimmt. Das hatte eine Intensivierung der Walker-Zirkulation zur Folge, die die Niederschläge in der Region beeinflusst.<ref name="Barichivich 2018">Barichivich, J., E. Gloor, P. Peylin et al. (2018): Recent intensification of Amazon flooding extremes driven by strengthened Walker circulation. Science Advances 4: eaat8785</ref>  
 
Wichtiger als die Temperatur- sind die Niederschlagsveränderungen, und zwar vor allem in der Trockenzeit. Im Norden des Amazonasgebietes ist bereits seit den 1970er Jahren ein Trend zu trockeneren Verhältnissen beobachtet worden, und einige Klimamodelle projizieren für das 21. Jahrhundert deutliche Niederschlagsabnahmen.<ref name="Malhi 2008" />  


Ein wichtiger Einflussfaktor ist das [[ENSO]]-Phänomen. Bei El-Niño-Ereignissen wird die Konvektion im nördlichen und östlichen Amazonas unterdrückt. Bei einer La Niña kommt es zu stärkeren Niederschlägen. Der Niederschlag in der Trockenzeit wird aber auch von den Oberflächentemperaturen des Atlantiks beeinflusst.<ref name="Malhi 2008" /> Die Einflüsse von ENSO auf die Niederschläge überlagern eine typische Niederschlagsschwankung von 28 Jahren. Die stärksten Niederschläge gibt es, wenn ein La-Niña-Ereignis mit einer feuchten Phase in dem 28-Jahre-Zyklus zusammenfällt. Und die schlimmsten [[Dürren]] treten dann auf, wenn ein El Niño in die trockene Phase des Zyklus fällt. Auch die [[Nordatlantische Oszillation|NAO]] beeinflusst die Region, so z.B. während der Dürre von 2005.<ref name="Davidson 2011" />  
Im nordwestlichen Amazonasgebiet haben die Niederschläge seit den 1990er Jahren nördlich von 5 °S während der Regenzeit zugenommen. Das wurde besonders beobachtet in den tropischen Regenwaldgebieten von Kolumbien, Ekuador und dem nördlichen Peru, wo die Regenfälle um 17% gestiegen sind. Der südliche Teil des peruanischen Amazonasgebietes und der bolivianische Amazonas zeigen dagegen abnehmende Niederschläge. Das zeigt sich etwa in den Rückgängen der Abflussmengen wichtiger Flüsse um 124% bzw. 17%. Grund ist u.a. eine Verzögerung des Einsetzens des Südamerikanischen Monsuns und damit die Verlängerung der Trockenzeit. So beginnt die Regenzeit in dieser Region im Vergleich zu den 1970er Jahren um ca. 1 Monat später. Auch wenn die mittleren Jahresniederschläge sich nicht signifikant verändert haben, sind die Niederschläge in der Trockenzeit von August bis Oktober um 17% zurückgegangen. Die Folge sind häufigere Dürren und ein größeres Feuerrisiko im südlichen Amazonasgebiet seit den 1970er Jahren.<ref name="Marengo 2024"/>


Nach Berechnungen von [[Klimamodelle]]n des [[IPCC]] könnte es im 21. Jahrhundert weniger Niederschlag in der Trockenzeit im Osten des Amazonasgebietes geben und mehr Niederschlag in der Regenzeit im Westen. Vor allem wenn der Einfluss einer steigenden Temperatur auf die [[Verdunstung]] berücksichtigt wird, zeigen fast alle Modelle ein zunehmendes saisonales Wasserdefizit im östlichen Amazonas. Durch Feedbacks im Ökosystem wie Absterben von Bäumen und reduzierte Verdunstung in den verbleibenden Wäldern wird die Tendenz zur Trockenheit verstärkt. Im NW-Amazonas wird die Wahrscheinlichkeit von größeren Dürren dagegen geringer. Die hohen Niederschläge hier werden durch den Anstieg feuchter Luft an den Anden kompensiert.<ref name="Malhi 2008" />
=== Auswirkungen der Waldvernichtung auf den Niederschlag ===
Neben den Einflüssen natürlicher Klimaschwankungen und der globalen Erwärmung wirken sich auch direkte menschliche Eingriffe in das Ökosystem des Amazonas-Regenwaldes auf das lokale Klima aus. Gegenwärtig ist der Amazonasregenwald vor allem durch direkte menschliche Eingriffe bedroht. Die Bevölkerung des brasilianischen Amazonasgebietes ist von 7 Millionen 1960 auf 29 Millionen 2021 angestiegen.<ref name="Davidson 2011">Burgueño Salas, E. (2024): [https://www.statista.com/statistics/1251314/amazon-population-brazil/ Resident population in the Legal Amazon area in Brazil from 1970 to 2021], Statista</ref> Die Ausbreitung der Rinderzucht und der Sojaproduktion sind die Hauptverursacher der [[Deforestation (Tropen)|Waldzerstörung]]. Durch die Umwandlung von tropischem Regenwald in landwirtschaftliche Nutzfläche ist die Waldbedeckung im brasilianischen Amazonas zwischen 1988 und 2020 im Mittel um 13.900 km<sup>2</sup>/Jahr zurückgegangen.<ref name"IPCC 2022a">IPCC AR6 WGII (2022): Terrestrial and Freshwater Ecosystems and Their Services, 2.4.4.3.2</ref> Im Brasilianischen Amazonasgebiet hat die Entwaldung zwischen 2012 und 2020 um 43% zugenommen. In der südlichen Amazonasregion Brasiliens beträgt der Verlust an Regenwaldgebieten bereits 30%.<ref name="Leite-Filho 2021">Leite-Filho, A.T., B.S. Soares-Filho, J.L  Davis, J.L (2021): [https://doi.org/10.1038/s41467-021-22840-7 Deforestation reduces rainfall and agricultural revenues in the Brazilian Amazon]. Nat Commun 12, 2591</ref>  


=== Dürren ===
[[Bild:Amazonia deforestation1988-2017.jpg|thumb|560px|Abb. 12: Entwaldungsrate im brasilianischen Amazonas 1988-2017]]
Entwaldung reduziert im Allgemeinen den Niederschlag und erhöht die Temperatur und die Trockenheit. Ebenso wird dadurch der Abfluss verringert. Da nach Modellberechnungen 24-41% der Niederschläge in der Region durch lokale Evapotranspiration entsteht, ist von einem deutlichen Einfluss der Abholzung auf die regionalen Niederschläge auszugehen.<ref name="Sierra 2023">Sierra, J.P., J.C. Espinoza, C. Junquas, C. et al. (2023): Impacts of land-surface heterogeneities and Amazonian deforestation on the wet season onset in southern Amazon. Clim Dyn 61, 4867–4898 https://doi.org/10.1007/s00382-023-06835-2</ref>  Die vergangene Entwaldung im Amazonasgebiet hat zu einer Reduzierung der Niederschläge um 2,3-1,3% geführt, die Regenzeit verkürzt und die Trockenheit um 4% erhöht.<ref name"IPCC 2022b">IPCC AR6 WGII (2022): Cross-Chapter Paper 7: Tropical Forests</ref>  Außerdem können Abholzungen des Regenwaldes den Beginn der Regenzeit um mindestens 4 Tage pro Jahrzehnt verzögern. Die Interaktion zwischen der Verdunstung durch die Bäume des Waldes und dem örtlichen Niederschlag kann des Regenwalds in z.B. Agrarflächen bewirken, dass die Trockenheit und das Feuerrisiko verstärkt werden und weiterer Wald verlorengeht. Die größte Abhängigkeit der Trockenperioden im Amazonas besteht jedoch von ENSO und den Wassertemperaturen im tropischen Atlantik. Bei der Erwärmung des Atlantiks wird ein Einfluss des Klimawandels angenommen. Direkte menschliche Einwirkungen können jedoch eine verstärkende Rolle spielen.<ref name="Marengo 2024"/> 
 
Die bisherige Entwaldung von 20% der Amazonasregenwalds erhöht in Kombination mit dem Klimawandel die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kipppunkt überschritten wird, der zu einer großflächigen Savannisierung des Regenwaldbioms führt. Die Abnahme von Niederschlägen betrifft dann nicht nur die entwaldeten Gebiete, sondern könnte durch den Zusammenbruch der südamerikanischen Monsunzirkulation um 40% auch in den nichtentwaldeten Regionen eintreten.<ref name"IPCC 2022c">IPCC AR6 WGII (2022): Cross-Chapter Paper 7: Tropical Forests</ref><ref name="Boers 2017">Boers, N., N. Marwan, H.M.J. Barbosa and J. Kurths (2017): A deforestationinduced tipping point for the South American monsoon system. Sci. Rep., 7(January), 1–9, doi:10.1038/srep41489</ref>
 
== Dürren ==
* Hauptartikel: [[Dürren im Amazonasgebiet]]
* Hauptartikel: [[Dürren im Amazonasgebiet]]
Intakte Regenwälder haben sich gegenüber [[Dürren]], wenn sie saisonal auftreten, als recht widerstandsfähig erwiesen. Der Wasserbedarf in der Trockenzeit wird größtenteils durch Wurzelsysteme aus dem Grundwasser gedeckt. Das ermöglicht es den Bäumen auch in der Trockenzeit zu transpirieren und einen gewissen Niederschlag aufrecht zu erhalten. Außerdem wird der steigende CO<sub>2</sub>-Gehalt die Wassernutzung der Pflanzen effektiver machen, da sie in kürzerer Zeit ihren CO<sub>2</sub>-Bedarf decken können und damit weniger Wasser verdunsten (s. [[Photosynthese]]).<ref name="Malhi 2008" />
Intakte Regenwälder haben sich gegenüber [[Dürren]], wenn sie saisonal auftreten, als recht widerstandsfähig erwiesen. Der Wasserbedarf in der Trockenzeit wird größtenteils durch Wurzelsysteme aus dem Grundwasser gedeckt. Das ermöglicht es den Bäumen auch in der Trockenzeit zu transpirieren und einen gewissen Niederschlag aufrecht zu erhalten. Außerdem wird der steigende CO<sub>2</sub>-Gehalt die Wassernutzung der Pflanzen effektiver machen, da sie in kürzerer Zeit ihren CO<sub>2</sub>-Bedarf decken können und damit weniger Wasser verdunsten (s. [[Photosynthese]]).


Die Anpassung an saisonale Dürren kann allerdings durch mehrjährige Dürren außer Kraft gesetzt werden, wenn das Wurzelwerk nicht mehr genug Feuchtigkeit aus dem Boden ziehen kann. Die Amazonas-Dürre 2005, als die Temperatur der Trockenzeit um 3-5 °C höher lag als im Mittel  und die Niederschläge in manchen Gebieten nur 33-65 % des durchschnittlichen Wertes erreichten, hat wahrscheinlich die Grenzen der Anpassungsfähigkeit vieler Arten im Regenwald überschritten. Es starben wesentlich mehr Bäume ab als sonst in Trockenzeiten. Eine ähnliche, aber noch schlimmere Dürre ereignete sich 2010, unter der mehr als die Hälfte des Amazonasbeckens litt. Die Abflussmengen der Flüsse lagen dabei unter allen früheren Werten.<ref name="Davidson 2011" />
Die Anpassung an saisonale Dürren kann allerdings durch mehrjährige Dürren außer Kraft gesetzt werden, wenn das Wurzelwerk nicht mehr genug Feuchtigkeit aus dem Boden ziehen kann. Die Amazonas-Dürre 2005, als die Temperatur der Trockenzeit um 3-5 °C höher lag als im Mittel  und die Niederschläge in manchen Gebieten nur 33-65 % des durchschnittlichen Wertes erreichten, hat wahrscheinlich die Grenzen der Anpassungsfähigkeit vieler Arten im Regenwald überschritten. Es starben wesentlich mehr Bäume ab als sonst in Trockenzeiten. Eine ähnliche, aber noch schlimmere Dürre ereignete sich 2010, unter der mehr als die Hälfte des Amazonasbeckens litt. Die Abflussmengen der Flüsse lagen dabei unter allen früheren Werten.<ref name="Davidson 2011" />


Dürren können die Ursache für größere Waldbrände sein. Die Gefahr von [[Waldbr%C3%A4nde_in_den_Tropen#Amazonas-Regenwald|Waldbränden im Amazonasregenwald]] könnte mit der fortschreitenden Waldzerstörung und dem Klimawandel zunehmen.
Dürren können die Ursache für größere Waldbrände sein. Die Gefahr von [[Waldbrände_in_den_Tropen#Amazonas-Regenwald|Waldbränden im Amazonasregenwald]] könnte mit der fortschreitenden Waldzerstörung und dem Klimawandel zunehmen.
 


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 25. Februar 2025, 21:38 Uhr

Das Amazonasgebiet

Einleitung

Das Amazonasbecken beherbergt nicht nur den größten und artenreichsten tropischen Regenwald der Erde, sondern besitzt auch eine zentrale Bedeutung für das globale Klimasystem durch seine Rolle im globalen Wasser- und Kohlenstoffkreislauf. Das Amazonasbecken insgesamt umfasst 7 Mio. km2, wovon das Regenwaldgebiet 5,3 Mio. km2 einnimmt. Für den Wasserkreislauf sind die hohen Niederschläge von 2200 mm/Jahr bezeichnend, die etwa zur Hälfte durch Verdunstung wieder in die Atmosphäre gelangen und für einen erneuten Niederschlag zur Verfügung stehen. Die andere Hälfte gelangt über das größte Flusssystem der Erde größtenteils in den Atlantik. Für den globalen Kohlenstoffkreislauf ist der Amazonasregenwald, in dem schätzungsweise 150-200 Mrd. Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind[1] und jährlich 0,4-0,6 GtC aufgenommen werden,[2] immer noch eine wichtige CO2-Senke und trägt damit zur Dämpfung der globalen Erwärmung bei.[3] Zwei Prozesse bedrohen jedoch die Bedeutung dieses einmaligen tropischen Regenwalds: der Klimawandel und die zunehmende Vernichtung des Waldes durch direkte menschliche Eingriffe.[4]

Erwärmung

Durch die hohe und relativ konstante Sonneneinstrahlung bleibt die Temperatur in den Tropen im Jahresverlauf nahezu gleich. Sie liegt in der zentralen äquatorialen Region des Amazonasbeckens bei 27-29 °C, die jahreszeitlichen Schwankungen betragen lediglich 1-2 °C. Nur im Südwesten in der Nähe der Anden im bolivianischen Amazonasgebiet sind Jahresschwankungen bei 26 °C im September und 20 °C im Juni deutlich größer.[5]

Abb. 2: Änderung der Jahresmittel- und der Temperatur der Regen- und Trockenzeit im Amazonasgebiet 1980-2020
Abb. 3: Regionale Unterschiede in der Erwärmungsrate im Amazonasgebiet in °C/Jahrzehnt

In den letzten 40 Jahren hat die Jahresmitteltemperatur im gesamten Amazonasgebiet um etwa 1 °C zugenommen. Die letzten beiden Jahrzehnte waren die wärmsten je gemessenen Jahrzehnte. 2016, ein El-Nino-Jahr, war das wärmste Jahr seit 1850 mit 1,0 °C über dem Mittel von 1961-1990. Die Erwärmungsraten waren im östlichen Amazonas doppelt so hoch wie im westlichen Amazonas-Gebiet und im feuchten Nordwesten niedriger als im trockenen Südosten des Amazonasbeckens. Besonders hoch lag die Erwärmungsrate wischen 1979 und 2012 im südöstlichen Amazonas-Gebietes mit 0,49 °C/Jahrzehnt. Die hohen Temperaturzunahmen im südöstlichen Amazonas sind im Wesentlichen auf die Änderung der Landbedeckung zurückzuführen, d.h. auf die Umwandlung von tropischem Regenwald in landwirtschaftlich genutzte Fläche.[6] Im westlichen Amazonasgebiet werden dagegen die Erwärmungsraten abgeschwächt durch die Anden und den Übergang vom Tiefland- zum montanen Regenwald. Auch jahreszeitlich unterscheidet sich die Temperaturzunahme. Die höchste Erwärmung zeigen mit 1,4 °C zwischen 1979 und 2018 die Monate August bis September während der Trockenzeit.[7]

Änderung der Niederschläge

Das Niederschlagssystem

Abb. 4: Tropische Zirkulation
Abb. 5: Wasserkreislauf im Amazonas-Regenwald

Wichtiger als die Zunahme der Temperatur sind in den Tropen die Änderungen der Niederschläge. Während die Temperaturen im Laufe des Jahres nahezu gleich bleiben, werden die Jahreszeiten durch den Gegensatz zwischen Regen- und Trockenzeit geprägt. In den immerfeuchten Tropen um den Äquator herum kommt es zu einem starken Aufsteigen (bzw. Konvergenz) von Luftmassen, die durch die hohe Sonneneinstrahlung erwärmt werden. Sie bilden den aufsteigenden Ast der Hadley-Zirkulation. Der Amazonasregenwald ist neben Zentralafrika und Südostasien einer der permanenten Zentren der Innertropischen Konvergenzzone. Die aufsteigende Luft transportiert durch Verdunstung und Transpiration (Verdunstung der Pflanzen) latente Wärme von der Erdoberfläche in die Atmosphäre. Hier kondensiert der Wasserdampf zu Wolken und Niederschlag. Dabei wird die latente Wärme freigesetzt, was zu weiterem Aufsteigen und Niederschlag führt (Abb. 4). Im Amazonasregenwald liegen die langfristigen Niederschläge bei 2190 mm/Jahr. 1100 mm/Jahr bzw. etwa die Hälfte des Niederschlags wird durch die Flüsse dem Ozean zugeführt. Durch Verdunstung und Transpiration gelangen 1220 mm/Jahr wieder in die Atmosphäre.[5] Regional gibt es jedoch große Unterschiede mit fast 4000 mm/Jahr im Nordwesten des Amazonasbeckens und 500 mm/Jahr im Südwesten.[8]

Abb. 6: Die Haupteinflussfaktoren auf die Amazonasniederschläge: ENSO, Meeresoberflächentemperaturen (SST) im tropischen Nordatlantik und die ITCZ-Position.
Abb. 7: Hydrologische Prozesse im Amazonasgebiet

Für die Niederschläge im Amazonasgebiet, aber auch darüber hinaus, spielt der Regenwald selbst eine wichtige Rolle (Abb. 5), indem er den fallenden Regen aufnimmt und durch Verdunstung dem Wasserkreislauf wieder zuführt. Die lokale Verdunstung umfasst nach einigen Berechnungen 35-80% des Niederschlags. Teilweise wird die Feuchtigkeit vom Amazonasbecken durch die Atmosphärische Zirkulation in Regionen im südöstlichen Südamerika transportiert. So hängen im La-Plate-Becken schätzungsweise 70% der Wasserressourcen von der Verdunstung über dem Amazonas-Regenwald ab. Dieses System ist gegenwärtig einerseits durch die Waldvernichtung und andererseits durch Dürren infolge des Klimawandels bedroht. Bei einer Überschreitung der Zerstörung von 40% des Regenwalds könnte ein Kipppunkt erreicht werden, nach dem das regionale Klima sich schnell zu wärmeren und trockeneren Bedingungen verändern würde.[4]

Außer dem Recycling von Niederschlägen im tropischen Regenwald spielen auch externe Quellen eine Rolle. Die Einflüsse gehen einerseits von den Temperaturschwankungen im tropischen Nordatlantik aus, andererseits von dem pazifischen ENSO-Phänomen (Abb. 6).[4] Der tropische Nordatlantik gilt dabei nach neueren Erkenntnissen als die Hauptquelle des externen Feuchtigkeitstransports in das Amazonasbecken.[9] Der über dem Atlantik durch Verdunstung entstehende Wasserdampf wird durch die Passatwinde Richtung Amazonasregenwald transportiert und regnet sich darüber teilweise ab. Bei höheren Atlantik-Temperaturen wird der thermische Gegensatz zwischen dem an sich kühleren Ozean und dem wärmeren Landoberflächen geringer und die atlantischen Passatwinde schwächen sich ab. Dadurch könnten nach Auffassung einiger Autoren weniger feuchte Luftmassen ins Amazonasbecken gelangen.[10] Andererseits führen höhere Meeresoberflächentemperaturen zu einer höheren Verdunstung und mehr Wasserdampf in den Luftmassen der Passate, wodurch es über dem Amazonas zu stärkeren Niederschlägen kommen kann (Abb. 8).[11] Die Passatwinde über dem Atlantik dringen bis zu der Andenmauer vor und regnen sich dort durch das Aufsteigen an den Gebirgshängen weiter ab. Ein Teil wird außerdem an den Anden entlang nach Süden gelenkt und transportiert feuchte Luftmassen bis in das La-Plata-Becken (Abb. 7).

Abb. 8: Änderung der Meeresoberflächentemperatur (SST) im tropischen Nordatlantik und des Wasserdampftransports vom Atlantik in das Amazonasbecken
Abb. 9: Schematische Darstellung der Walker-Zirkulation (Dezember-Februar) während El-Niño-Bedingungen über einer Karte mit wärmeren (Ocker) und kälteren (Blau-Grün)Meeresoberflächentemperaturen als üblich.

Das pazifische El Niño-Southern Oszillation (ENSO)-Phänomen stellt eine Temperaturschwankung zwischen wärmeren (bei einem El Niño) und kühleren (bei einer La Niña) Temperaturen im tropischen Ostpazifik dar. Durch den Einfluss von ENSO auf die Walker-Zirkulation (Abb. 9) sind El-Niño-Ereignisse mit absteigenden Luftmassen bzw. Subsidenz über dem Amazonasgebiet verbunden, La Niña-Ereignisse mit aufsteigenden Luft bzw. Konvektion. Die Folgen sind geringere Niederschläge im ersten und höhere Regenfälle im zweiten Fall. So waren die signifikanten El-Niño-Ereignisse 1982/83, 1997/8, 2010, 2015/16 und 2023 mit absinkenden Luftmassen über dem nördlichen Amazonas und starken Dürren und teilweise extrem niedrigen Wasserständen im Amazonas und seinen Nebenflüssen verbunden.[12] Das gilt aber nicht für die ebenfalls starke Dürre 2005, die durch hohe Temperaturen im tropischen Nordatlantik bedingt war.[13] Auch für die Dürre 2010 spielt neben einem El Niño ein sehr warmer tropischer Nordatlantik eine Rolle.[10]

Niederschlagsänderungen

Abb. 11: Regionale Niederschlagstrends im Amazonasgebiet 1981-2017 in mm/Jahr

Bei den Gesamtniederschlägen kann kein signifikanter Trend festgestellt werden. Regional zeigen sich jedoch zunehmende Niederschläge im nördlichen Amazonasgebiet und abnehmende Niederschläge im Süden der Region. Aufgrund der Niederschlagszunahmen im Norden steigt der Gesamtniederschlag zwischen 1981 und 2017 um 2,8 mm pro Jahr.[6][14]

Ein guter Hinweis auf die Regenfälle im Amazonasgebiete sind die Wasserstände der größeren Flüsse. So zeigt der Wasserstand des Rio Negro bei Manus seit ca. 1980 bis 2022 eine Zunahme der Höchststände und Abnahme der Niedrigstände. Das weist auf mehr Starkniederschläge einerseits und mehr Trockenphasen andererseits im NW des Amazonasbeckens. In den letzten 20 Jahren hat es eine Verfünffachung von starken Hochwasserereignissen im zentralen Amazonasgebiet gegeben. Die Hochwasserereignisse bei Manaus haben besonders seit ca. 2010 sowohl in der Anzahl als auch in der Dauer zugenommen.[6]

Besonders die starke Erwärmung des tropischen Atlantiks seit 1990 hat eine zentrale Rolle für die Intensivierung des hydrologischen Zyklus im Amazonasgebiet gespielt. Die Erwärmung des Atlantiks hat den atmosphärischen Wasserdampf erhöht, der durch die Passatwinde in das Amazonasgebiet transportiert wird und hier besonders in der Regenzeit die Niederschläge und den Abfluss verstärkt. Gleichzeitig hat sich der äquatoriale Pazifik abgekühlt, wodurch der Unterschied der Meeresoberflächentemperatur und des Luftdrucks zwischen beiden tropischen Ozeanen zunimmt. Das hatte eine Intensivierung der Walker-Zirkulation zur Folge, die die Niederschläge in der Region beeinflusst.[15]

Im nordwestlichen Amazonasgebiet haben die Niederschläge seit den 1990er Jahren nördlich von 5 °S während der Regenzeit zugenommen. Das wurde besonders beobachtet in den tropischen Regenwaldgebieten von Kolumbien, Ekuador und dem nördlichen Peru, wo die Regenfälle um 17% gestiegen sind. Der südliche Teil des peruanischen Amazonasgebietes und der bolivianische Amazonas zeigen dagegen abnehmende Niederschläge. Das zeigt sich etwa in den Rückgängen der Abflussmengen wichtiger Flüsse um 124% bzw. 17%. Grund ist u.a. eine Verzögerung des Einsetzens des Südamerikanischen Monsuns und damit die Verlängerung der Trockenzeit. So beginnt die Regenzeit in dieser Region im Vergleich zu den 1970er Jahren um ca. 1 Monat später. Auch wenn die mittleren Jahresniederschläge sich nicht signifikant verändert haben, sind die Niederschläge in der Trockenzeit von August bis Oktober um 17% zurückgegangen. Die Folge sind häufigere Dürren und ein größeres Feuerrisiko im südlichen Amazonasgebiet seit den 1970er Jahren.[6]

Auswirkungen der Waldvernichtung auf den Niederschlag

Neben den Einflüssen natürlicher Klimaschwankungen und der globalen Erwärmung wirken sich auch direkte menschliche Eingriffe in das Ökosystem des Amazonas-Regenwaldes auf das lokale Klima aus. Gegenwärtig ist der Amazonasregenwald vor allem durch direkte menschliche Eingriffe bedroht. Die Bevölkerung des brasilianischen Amazonasgebietes ist von 7 Millionen 1960 auf 29 Millionen 2021 angestiegen.[16] Die Ausbreitung der Rinderzucht und der Sojaproduktion sind die Hauptverursacher der Waldzerstörung. Durch die Umwandlung von tropischem Regenwald in landwirtschaftliche Nutzfläche ist die Waldbedeckung im brasilianischen Amazonas zwischen 1988 und 2020 im Mittel um 13.900 km2/Jahr zurückgegangen.[17] Im Brasilianischen Amazonasgebiet hat die Entwaldung zwischen 2012 und 2020 um 43% zugenommen. In der südlichen Amazonasregion Brasiliens beträgt der Verlust an Regenwaldgebieten bereits 30%.[18]

Abb. 12: Entwaldungsrate im brasilianischen Amazonas 1988-2017

Entwaldung reduziert im Allgemeinen den Niederschlag und erhöht die Temperatur und die Trockenheit. Ebenso wird dadurch der Abfluss verringert. Da nach Modellberechnungen 24-41% der Niederschläge in der Region durch lokale Evapotranspiration entsteht, ist von einem deutlichen Einfluss der Abholzung auf die regionalen Niederschläge auszugehen.[19] Die vergangene Entwaldung im Amazonasgebiet hat zu einer Reduzierung der Niederschläge um 2,3-1,3% geführt, die Regenzeit verkürzt und die Trockenheit um 4% erhöht.[20] Außerdem können Abholzungen des Regenwaldes den Beginn der Regenzeit um mindestens 4 Tage pro Jahrzehnt verzögern. Die Interaktion zwischen der Verdunstung durch die Bäume des Waldes und dem örtlichen Niederschlag kann des Regenwalds in z.B. Agrarflächen bewirken, dass die Trockenheit und das Feuerrisiko verstärkt werden und weiterer Wald verlorengeht. Die größte Abhängigkeit der Trockenperioden im Amazonas besteht jedoch von ENSO und den Wassertemperaturen im tropischen Atlantik. Bei der Erwärmung des Atlantiks wird ein Einfluss des Klimawandels angenommen. Direkte menschliche Einwirkungen können jedoch eine verstärkende Rolle spielen.[6]

Die bisherige Entwaldung von 20% der Amazonasregenwalds erhöht in Kombination mit dem Klimawandel die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kipppunkt überschritten wird, der zu einer großflächigen Savannisierung des Regenwaldbioms führt. Die Abnahme von Niederschlägen betrifft dann nicht nur die entwaldeten Gebiete, sondern könnte durch den Zusammenbruch der südamerikanischen Monsunzirkulation um 40% auch in den nichtentwaldeten Regionen eintreten.[21][22]

Dürren

Intakte Regenwälder haben sich gegenüber Dürren, wenn sie saisonal auftreten, als recht widerstandsfähig erwiesen. Der Wasserbedarf in der Trockenzeit wird größtenteils durch Wurzelsysteme aus dem Grundwasser gedeckt. Das ermöglicht es den Bäumen auch in der Trockenzeit zu transpirieren und einen gewissen Niederschlag aufrecht zu erhalten. Außerdem wird der steigende CO2-Gehalt die Wassernutzung der Pflanzen effektiver machen, da sie in kürzerer Zeit ihren CO2-Bedarf decken können und damit weniger Wasser verdunsten (s. Photosynthese).

Die Anpassung an saisonale Dürren kann allerdings durch mehrjährige Dürren außer Kraft gesetzt werden, wenn das Wurzelwerk nicht mehr genug Feuchtigkeit aus dem Boden ziehen kann. Die Amazonas-Dürre 2005, als die Temperatur der Trockenzeit um 3-5 °C höher lag als im Mittel und die Niederschläge in manchen Gebieten nur 33-65 % des durchschnittlichen Wertes erreichten, hat wahrscheinlich die Grenzen der Anpassungsfähigkeit vieler Arten im Regenwald überschritten. Es starben wesentlich mehr Bäume ab als sonst in Trockenzeiten. Eine ähnliche, aber noch schlimmere Dürre ereignete sich 2010, unter der mehr als die Hälfte des Amazonasbeckens litt. Die Abflussmengen der Flüsse lagen dabei unter allen früheren Werten.[16]

Dürren können die Ursache für größere Waldbrände sein. Die Gefahr von Waldbränden im Amazonasregenwald könnte mit der fortschreitenden Waldzerstörung und dem Klimawandel zunehmen.


Einzelnachweise

  1. Forster, P. M., C.J. Smith, T. Walsh et al. (2024): Indicators of Global Climate Change 2023: Annual update of large-scale indicators of the state of the climate system and the human influence, Earth System Science Data 16, 2625–2658
  2. Wang, S., A. Foster, E.A. Lenz et al. (2023): Mechanisms and impacts of Earth system tipping elements. Reviews of Geophysics, 61, 1
  3. Zum Vergleich: weltweit werden gegenwärtig etwa 11 Mrd. t Kohlenstoff pro Jahr durch menschliche Aktivitäten emittiert.
  4. Hochspringen nach: 4,0 4,1 4,2 Marengo, J.A., C.M. Souza Jr., K. Thonicke et al. (2018): Changes in Climate and Land Use Over the Amazon Region: Current and Future Variability and Trends. Front. Earth Sci. 6:228. doi: 10.3389/feart.2018.00228
  5. Hochspringen nach: 5,0 5,1 Costa, M.H., L.S. Borma, J.C. Espinoza et al. (2021): The Physical hydroclimate system of the Amazon In: Nobre, C., A. Encalada, E. Anderson et al. (Ed.). Amazon Assessment Report 2021, Part 1, Chapter 5
  6. Hochspringen nach: 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 Marengo, J.A., J. Espinoza, R. Fu et al. (2024): Long-term variability, extremes and changes in temperature and hydrometeorology in the Amazon region: A review. Acta Amazonica 54: e54es22098
  7. Marengo, J.A., J.C. Espinoza, R. Fu et al. (2021): Long-term variability, extremes and changes in temperature and hydrometeorology in the Amazon region. In: Nobre, C., A. Encalada, E. Anderson et al. (Ed.). Amazon Assessment Report 2021, Chapter 22
  8. Cerón, W.L., M.T. Kayano, R. Andreoli et al. (2024): New insights into trends of rainfall extremes in the Amazon basin through trend-empirical orthogonal function (1981–2021). International Journal of Climatology, 44(11), 3955–3975
  9. Ciemer, C., L. Rehm, J. Kurths et al. (2020): An early-warning indicator for Amazon droughts exclusively based on tropical Atlantic sea surface temperatures, Environmental Research Letters 15, 9, https://dx.doi.org/10.1088/1748-9326/ab9cff
  10. Hochspringen nach: 10,0 10,1 Marengo, J.A., & J.C. Espinoza (2016): Extreme seasonal droughts and floods in Amazonia: causes, trends and impacts. International Journal of Climatology 36(3), 1033–1050
  11. Gloor, M., J. Barichivich, G. Ziv et al. (2015): Recent Amazon climate as background for possible ongoing and future changes of Amazon humid forests, Global Biogeochemical Cycles, 29, doi:10.1002/2014GB005080
  12. Espinoza, J-C., J.C. Jimenez, J.A. Marengo et al. (2024): The new record of drought and warmth in the Amazon in 2023 related to regional and global climatic features. Sci Rep 14, 8107
  13. Jimenez, J.C., J.A. Marengo, L.M. Alves et al. (2021): The role of ENSO flavours and TNA on recent droughts over Amazon forests and the Northeast Brazil region, Int. J. Climatol. 41, 3761–3780.
  14. Paca, V.H. da Motta, G.E. Espinoza-Dávalos et al. (2020): Variability of Trends in Precipitation across the Amazon River Basin Determined from the CHIRPS Precipitation Product and from Station Records, Water 12, no. 5: 1244. https://doi.org/10.3390/w12051244
  15. Barichivich, J., E. Gloor, P. Peylin et al. (2018): Recent intensification of Amazon flooding extremes driven by strengthened Walker circulation. Science Advances 4: eaat8785
  16. Hochspringen nach: 16,0 16,1 Burgueño Salas, E. (2024): Resident population in the Legal Amazon area in Brazil from 1970 to 2021, Statista
  17. IPCC AR6 WGII (2022): Terrestrial and Freshwater Ecosystems and Their Services, 2.4.4.3.2
  18. Leite-Filho, A.T., B.S. Soares-Filho, J.L Davis, J.L (2021): Deforestation reduces rainfall and agricultural revenues in the Brazilian Amazon. Nat Commun 12, 2591
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