Klimaänderungen im Amazonasgebiet: Unterschied zwischen den Versionen
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Wichtiger als die Zunahme der Temperatur sind in den Tropen die Änderungen der Niederschläge. Während die Temperaturen im Laufe des Jahres nahezu gleich bleiben, werden die Jahreszeiten durch den Gegensatz zwischen Regen- und Trockenzeit geprägt. In den immerfeuchten Tropen um den Äquator herum kommt es zu einem starken Aufsteigen (bzw. Konvergenz) von Luftmassen, die durch die hohe Sonneneinstrahlung erwärmt werden. Sie bilden den aufsteigenden Ast der Hadley-Zirkulation. Der Amazonasregenwald ist neben Zentralafrika und Südostasien einer der permanenten Zentren der Innertropischen Konvergenzzone. Die aufsteigende Luft transportiert durch Verdunstung und Transpiration (Verdunstung der Pflanzen) latente Wärme von der Erdoberfläche in die Atmosphäre. Hier kondensiert der Wasserdampf zu [[Wolken]] und Niederschlag. Dabei wird die latente Wärme freigesetzt, was zu weiterem Aufsteigen und Niederschlag führt (Abb.). Im Amazonasregenwald liegen die langfristigen Niederschläge bei 2190 mm/Jahr. 1100 mm/Jahr bzw. etwa die Hälfte des Niederschlags wird durch die Flüsse dem Ozean zugeführt. Durch Verdunstung und Transpiration gelangen 1220 mm/Jahr wieder in die Atmosphäre.<ref name="Costa 2021"/> Regional gibt es jedoch große Unterschiede mit fast 4000 mm/Jahr im Nordwesten des Amazonasbeckens und 500 mm/Jahr im Südwesten.<ref name="Cerón 2024">Cerón, W.L., M.T. Kayano, R. Andreoli et al. (2024): [https://doi.org/10.1002/joc.8561 New insights into trends of rainfall extremes in the Amazon basin through trend-empirical orthogonal function (1981–2021)]. International Journal of Climatology, 44(11), 3955–3975</ref> | Wichtiger als die Zunahme der Temperatur sind in den Tropen die Änderungen der Niederschläge. Während die Temperaturen im Laufe des Jahres nahezu gleich bleiben, werden die Jahreszeiten durch den Gegensatz zwischen Regen- und Trockenzeit geprägt. In den immerfeuchten Tropen um den Äquator herum kommt es zu einem starken Aufsteigen (bzw. Konvergenz) von Luftmassen, die durch die hohe Sonneneinstrahlung erwärmt werden. Sie bilden den aufsteigenden Ast der Hadley-Zirkulation. Der Amazonasregenwald ist neben Zentralafrika und Südostasien einer der permanenten Zentren der Innertropischen Konvergenzzone. Die aufsteigende Luft transportiert durch Verdunstung und Transpiration (Verdunstung der Pflanzen) latente Wärme von der Erdoberfläche in die Atmosphäre. Hier kondensiert der Wasserdampf zu [[Wolken]] und Niederschlag. Dabei wird die latente Wärme freigesetzt, was zu weiterem Aufsteigen und Niederschlag führt (Abb. 4). Im Amazonasregenwald liegen die langfristigen Niederschläge bei 2190 mm/Jahr. 1100 mm/Jahr bzw. etwa die Hälfte des Niederschlags wird durch die Flüsse dem Ozean zugeführt. Durch Verdunstung und Transpiration gelangen 1220 mm/Jahr wieder in die Atmosphäre.<ref name="Costa 2021"/> Regional gibt es jedoch große Unterschiede mit fast 4000 mm/Jahr im Nordwesten des Amazonasbeckens und 500 mm/Jahr im Südwesten.<ref name="Cerón 2024">Cerón, W.L., M.T. Kayano, R. Andreoli et al. (2024): [https://doi.org/10.1002/joc.8561 New insights into trends of rainfall extremes in the Amazon basin through trend-empirical orthogonal function (1981–2021)]. International Journal of Climatology, 44(11), 3955–3975</ref> | ||
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Für die Niederschläge im Amazonasgebiet, aber auch darüber hinaus, spielt der Regenwald selbst eine wichtige Rolle, indem er den fallenden Regen aufnimmt und durch Verdunstung dem Wasserkreislauf wieder zuführt. Die lokale Verdunstung umfasst nach einigen Berechnungen 35-80% des Niederschlags. Teilweise wird die Feuchtigkeit vom Amazonasbecken durch die [[Atmosphärische Zirkulation]] in Regionen im südöstlichen Südamerika transportiert. So hängen im La-Plate-Becken schätzungsweise 70% der [[Wasserressourcen]] von der Verdunstung über dem Amazonas-Regenwald ab. Dieses System ist gegenwärtig einerseits durch die Waldvernichtung und andererseits durch [[Dürren im Amazonasgebiet|Dürren]] infolge des Klimawandels bedroht. Bei einer Überschreitung der Zerstörung von 40% des Regenwalds könnte ein [[Kipppunkte im Klimasystem|Kipppunkt]] erreicht werden, nach dem das regionale Klima sich schnell zu wärmeren und trockeneren Bedingungen verändern würde.<ref name="Marengo 2018"/> | Für die Niederschläge im Amazonasgebiet, aber auch darüber hinaus, spielt der Regenwald selbst eine wichtige Rolle, indem er den fallenden Regen aufnimmt und durch Verdunstung dem Wasserkreislauf wieder zuführt. Die lokale Verdunstung umfasst nach einigen Berechnungen 35-80% des Niederschlags. Teilweise wird die Feuchtigkeit vom Amazonasbecken durch die [[Atmosphärische Zirkulation]] in Regionen im südöstlichen Südamerika transportiert. So hängen im La-Plate-Becken schätzungsweise 70% der [[Wasserressourcen]] von der Verdunstung über dem Amazonas-Regenwald ab. Dieses System ist gegenwärtig einerseits durch die Waldvernichtung und andererseits durch [[Dürren im Amazonasgebiet|Dürren]] infolge des Klimawandels bedroht. Bei einer Überschreitung der Zerstörung von 40% des Regenwalds könnte ein [[Kipppunkte im Klimasystem|Kipppunkt]] erreicht werden, nach dem das regionale Klima sich schnell zu wärmeren und trockeneren Bedingungen verändern würde.<ref name="Marengo 2018"/> | ||
Außer dem Recycling von Niederschlägen im tropischen Regenwald spielen auch externe Quellen eine Rolle. Die Einflüsse gehen einerseits von den Temperaturschwankungen im tropischen Nordatlantik aus, andererseits von dem pazifischen [[ENSO]]-Phänomen.<ref name="Marengo 2018"/> Der tropische Nordatlantik gilt dabei nach neueren Erkenntnissen als die Hauptquelle des externen Feuchtigkeitstransports in das Amazonasbecken.<ref name="Ciemer 2020">Ciemer, C., L. Rehm, J. Kurths et al. (2020): An early-warning indicator for Amazon droughts exclusively based on tropical Atlantic sea surface temperatures, Environmental Research Letters 15, 9, https://dx.doi.org/10.1088/1748-9326/ab9cff</ref> Der über dem Atlantik durch Verdunstung entstehende [[Wasserdampf]] wird durch die [[Passat]]winde Richtung Amazonasregenwald transportiert und regnet sich darüber teilweise ab. Bei höheren Atlantik-Temperaturen wird der thermische Gegensatz zwischen dem kühleren [[Ozean im Klimasystem|Ozean]] und dem wärmeren Landoberflächen geringer und die atlantischen Passatwinde schwächen sich ab. Dadurch könnten nach Auffassung einiger Autoren weniger feuchte Luftmassen ins Amazonasbecken gelangen.<ref name="Marengo 2016">Marengo, J.A., & J.C. Espinoza (2016): Extreme seasonal droughts and floods in Amazonia: causes, trends and impacts. International Journal of Climatology 36(3), 1033–1050</ref> Andererseits führen höhere Meeresoberflächentemperaturen zu einer höheren Verdunstung und mehr Wasserdampf in den Luftmassen der Passate, wodurch es über dem Amazonas zu stärkeren Niederschlägen kommen kann.<ref name="Gloor 2015">Gloor, M., J. Barichivich, G. Ziv et al. (2015): Recent Amazon climate as background for possible ongoing and future changes of Amazon humid forests, Global Biogeochemical Cycles, 29, doi:10.1002/2014GB005080</ref> Die Passatwinde über dem Atlantik dringen bis zu der Andenmauer vor und regnen sich dort durch das Aufsteigen an den Gebirgshängen weiter ab. Ein erheblicher Teil wird außerdem an den Anden entlang nach Süden gelenkt und transportiert feuchte Luftmassen bis in das La-Plata-Becken (Abb.). | Außer dem Recycling von Niederschlägen im tropischen Regenwald spielen auch externe Quellen eine Rolle. Die Einflüsse gehen einerseits von den Temperaturschwankungen im tropischen Nordatlantik aus, andererseits von dem pazifischen [[ENSO]]-Phänomen.<ref name="Marengo 2018"/> Der tropische Nordatlantik gilt dabei nach neueren Erkenntnissen als die Hauptquelle des externen Feuchtigkeitstransports in das Amazonasbecken.<ref name="Ciemer 2020">Ciemer, C., L. Rehm, J. Kurths et al. (2020): An early-warning indicator for Amazon droughts exclusively based on tropical Atlantic sea surface temperatures, Environmental Research Letters 15, 9, https://dx.doi.org/10.1088/1748-9326/ab9cff</ref> Der über dem Atlantik durch Verdunstung entstehende [[Wasserdampf]] wird durch die [[Passat]]winde Richtung Amazonasregenwald transportiert und regnet sich darüber teilweise ab. Bei höheren Atlantik-Temperaturen wird der thermische Gegensatz zwischen dem kühleren [[Ozean im Klimasystem|Ozean]] und dem wärmeren Landoberflächen geringer und die atlantischen Passatwinde schwächen sich ab. Dadurch könnten nach Auffassung einiger Autoren weniger feuchte Luftmassen ins Amazonasbecken gelangen.<ref name="Marengo 2016">Marengo, J.A., & J.C. Espinoza (2016): Extreme seasonal droughts and floods in Amazonia: causes, trends and impacts. International Journal of Climatology 36(3), 1033–1050</ref> Andererseits führen höhere Meeresoberflächentemperaturen zu einer höheren Verdunstung und mehr Wasserdampf in den Luftmassen der Passate, wodurch es über dem Amazonas zu stärkeren Niederschlägen kommen kann.<ref name="Gloor 2015">Gloor, M., J. Barichivich, G. Ziv et al. (2015): Recent Amazon climate as background for possible ongoing and future changes of Amazon humid forests, Global Biogeochemical Cycles, 29, doi:10.1002/2014GB005080</ref> Die Passatwinde über dem Atlantik dringen bis zu der Andenmauer vor und regnen sich dort durch das Aufsteigen an den Gebirgshängen weiter ab. Ein erheblicher Teil wird außerdem an den Anden entlang nach Süden gelenkt und transportiert feuchte Luftmassen bis in das La-Plata-Becken (Abb. 7). | ||
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Version vom 18. Februar 2025, 12:16 Uhr

Einleitung
Das Amazonasbecken beherbergt nicht nur den größten und artenreichsten tropischen Regenwald der Erde, sondern besitzt auch eine zentrale Bedeutung für das globale Klimasystem durch seine Rolle im globalen Wasser- und Kohlenstoffkreislauf. Das Amazonasbecken insgesamt umfasst 7 Mio. km2, wovon das Regenwaldgebiet 5,3 Mio. km2 einnimmt. Für den Wasserkreislauf sind die hohen Niederschläge von 2200 mm/Jahr bezeichnend, die etwa zur Hälfte durch Verdunstung wieder in die Atmosphäre gelangen und für einen erneuten Niederschlag zur Verfügung stehen. Die andere Hälfte gelangt über das größte Flusssystem der Erde größtenteils in den Atlantik. Für den globalen Kohlenstoffkreislauf ist der Amazonasregenwald, in dem schätzungsweise 150-200 Mrd. Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind, immer noch eine wichtige CO2-Senke und trägt damit zur Dämpfung der globalen Erwärmung bei.[1] Zwei Prozesse bedrohen jedoch diese Bedeutung dieses einmaligen tropischen Regenwalds: der Klimawandel und die zunehmende Vernichtung des Waldes durch direkte menschliche Eingriffe.[2]
Erwärmung
Durch die hohe und relativ konstante Sonneneinstrahlung bleibt die Temperatur in den Tropen im Jahresverlauf nahezu gleich. Sie liegt in der zentralen äquatorialen Region des Amazonasbeckens bei 27-29 °C, die jahreszeitlichen Schwankungen betragen lediglich 1-2 °C. Nur im Südwesten in der Nähe der Anden im bolivianischen Amazonasgebiet sind Jahresschwankungen bei 26 °C im September und 20 °C im Juni deutlich größer.[3]
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In den letzten 40 Jahren hat die Jahresmitteltemperatur im gesamten Amazonasgebiet um etwa 1 °C zugenommen. Die letzten beiden Jahrzehnte waren die wärmsten je gemessenen Jahrzehnte. 2016, ein El-Nino-Jahr, war das wärmste Jahr seit 1850 mit 1,0 °C über dem Mittel von 1961-1990. Die Erwärmungsraten waren im östlichen Amazonas doppelt so hoch wie im westlichen Amazonas-Gebiet und im feuchten Nordwesten niedriger als im trockenen Südosten des Amazonasbeckens. Besonders hoch lag die Erwärmungsrate wischen 1979 und 2012 im südöstlichen Amazonas-Gebietes mit 0,49 °C/Jahrzehnt. Die hohen Temperaturzunahmen im südöstlichen Amazonas sind im Wesentlichen auf die Änderung der Landbedeckung zurückzuführen, d.h. auf die Umwandlung von tropischem Regenwald in landwirtschaftlich genutzte Fläche.[4] Im westlichen Amazonasgebiet werden dagegen die Erwärmungsraten abgeschwächt durch die Anden und den Übergang vom montanen zum Tiefland-Regenwald. Auch jahreszeitlich unterscheidet sich die Temperaturzunahme. Die höchste Erwärmung zeigen mit 1,4 °C zwischen 1979 und 2018 die Monate August bis September während der Trockenzeit.[5]
Änderung der Niederschläge
Das Niederschlagssystem
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Wichtiger als die Zunahme der Temperatur sind in den Tropen die Änderungen der Niederschläge. Während die Temperaturen im Laufe des Jahres nahezu gleich bleiben, werden die Jahreszeiten durch den Gegensatz zwischen Regen- und Trockenzeit geprägt. In den immerfeuchten Tropen um den Äquator herum kommt es zu einem starken Aufsteigen (bzw. Konvergenz) von Luftmassen, die durch die hohe Sonneneinstrahlung erwärmt werden. Sie bilden den aufsteigenden Ast der Hadley-Zirkulation. Der Amazonasregenwald ist neben Zentralafrika und Südostasien einer der permanenten Zentren der Innertropischen Konvergenzzone. Die aufsteigende Luft transportiert durch Verdunstung und Transpiration (Verdunstung der Pflanzen) latente Wärme von der Erdoberfläche in die Atmosphäre. Hier kondensiert der Wasserdampf zu Wolken und Niederschlag. Dabei wird die latente Wärme freigesetzt, was zu weiterem Aufsteigen und Niederschlag führt (Abb. 4). Im Amazonasregenwald liegen die langfristigen Niederschläge bei 2190 mm/Jahr. 1100 mm/Jahr bzw. etwa die Hälfte des Niederschlags wird durch die Flüsse dem Ozean zugeführt. Durch Verdunstung und Transpiration gelangen 1220 mm/Jahr wieder in die Atmosphäre.[3] Regional gibt es jedoch große Unterschiede mit fast 4000 mm/Jahr im Nordwesten des Amazonasbeckens und 500 mm/Jahr im Südwesten.[6]
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Für die Niederschläge im Amazonasgebiet, aber auch darüber hinaus, spielt der Regenwald selbst eine wichtige Rolle, indem er den fallenden Regen aufnimmt und durch Verdunstung dem Wasserkreislauf wieder zuführt. Die lokale Verdunstung umfasst nach einigen Berechnungen 35-80% des Niederschlags. Teilweise wird die Feuchtigkeit vom Amazonasbecken durch die Atmosphärische Zirkulation in Regionen im südöstlichen Südamerika transportiert. So hängen im La-Plate-Becken schätzungsweise 70% der Wasserressourcen von der Verdunstung über dem Amazonas-Regenwald ab. Dieses System ist gegenwärtig einerseits durch die Waldvernichtung und andererseits durch Dürren infolge des Klimawandels bedroht. Bei einer Überschreitung der Zerstörung von 40% des Regenwalds könnte ein Kipppunkt erreicht werden, nach dem das regionale Klima sich schnell zu wärmeren und trockeneren Bedingungen verändern würde.[2]
Außer dem Recycling von Niederschlägen im tropischen Regenwald spielen auch externe Quellen eine Rolle. Die Einflüsse gehen einerseits von den Temperaturschwankungen im tropischen Nordatlantik aus, andererseits von dem pazifischen ENSO-Phänomen.[2] Der tropische Nordatlantik gilt dabei nach neueren Erkenntnissen als die Hauptquelle des externen Feuchtigkeitstransports in das Amazonasbecken.[7] Der über dem Atlantik durch Verdunstung entstehende Wasserdampf wird durch die Passatwinde Richtung Amazonasregenwald transportiert und regnet sich darüber teilweise ab. Bei höheren Atlantik-Temperaturen wird der thermische Gegensatz zwischen dem kühleren Ozean und dem wärmeren Landoberflächen geringer und die atlantischen Passatwinde schwächen sich ab. Dadurch könnten nach Auffassung einiger Autoren weniger feuchte Luftmassen ins Amazonasbecken gelangen.[8] Andererseits führen höhere Meeresoberflächentemperaturen zu einer höheren Verdunstung und mehr Wasserdampf in den Luftmassen der Passate, wodurch es über dem Amazonas zu stärkeren Niederschlägen kommen kann.[9] Die Passatwinde über dem Atlantik dringen bis zu der Andenmauer vor und regnen sich dort durch das Aufsteigen an den Gebirgshängen weiter ab. Ein erheblicher Teil wird außerdem an den Anden entlang nach Süden gelenkt und transportiert feuchte Luftmassen bis in das La-Plata-Becken (Abb. 7).
Das pazifische El Niño-Southern Oszillation (ENSO)-Phänomen stellt eine Temperaturschwankung zwischen wärmeren (bei einem El Niño) und kühleren (bei einer La Niña) Temperaturen im tropischen Ostpazifik dar. Durch den Einfluss von ENSO auf die Walker-Zirkulation sind El-Niño-Ereignisse mit absteigenden Luftmassen bzw. Subsidenz über dem Amazonasgebiet verbunden, La Niña-Ereignisse mit aufsteigenden Luft bzw. Konvektion. Die Folgen sind geringere Niederschläge im ersten und höhere Regenfälle im zweiten Fall. So waren die signifikanten El-Niño-Ereignisse 1982/83, 1997/8, 2010, 2015/16 und 2023 mit absinkenden Luftmassen über dem nördlichen Amazonas und starken Dürren und teilweise extrem niedrigen Wasserständen im Amazonas und seinen Nebenflüssen verbunden.[10] Das gilt aber nicht für die ebenfalls starke Dürre 2005, die durch hohe Temperaturen im tropischen Nordatlantik bedingt war.[11] Auch für die Dürre 2010 spielt neben einem El Niño ein sehr warmer tropischer Nordatlantik eine Rolle.[8]
Agrarwirtschaft und Waldvernichtung
Gegenwärtig ist der Amazonasregenwald vor allem durch direkte menschliche Eingriffe bedroht. Die Bevölkerung des Amazonasgebietes ist von 6 Millionen 1960 auf 25 Millionen 2010 gewachsen.[12] Die Ausbreitung der Rinderzucht und der Sojaproduktion sind die Hauptverursacher der Waldzerstörung. 1988 bis 2006 fielen der Agrarwirtschaft im brasilianischen Amazonasgebiet pro Jahr 18100 km2 Regenwald zum Opfer, 2004 waren es 27400 km2. 62 % davon wurden in Weideland umgewandelt, 6 % in Ackerland und auf 32 % bildete sich Sekundärvegetation.[13] Danach hat sich die jährliche Waldvernichtung aufgrund von Regierungsmaßnahmen auf weniger als 7000 km2 im Jahre 2011 reduziert. Ob damit ein neuer Trend eingeleitet ist, bleibt jedoch höchst unsicher.[12]
Klimaänderungen und Amazonaswald
Der Amazonas ist nicht nur durch direkte menschliche Eingriffe, sondern auch durch den Klimawandel gefährdet und zählt daher zu einem der möglichen Kipppunkte im Klimasystem, die bei einer weiteren Erwärmung in einen nicht mehr umkehrbaren Prozess treiben könnten.[14] Höhere Temperaturen und Niederschlagsveränderungen können die klimatischen Bedingungen des Regenwalds verschlechtern. Dabei gibt es einerseits Rückkopplungen mit dem Ökosystem, andererseits Wechselwirkungen mit der Waldzerstörung durch die Agrarwirtschaft.
Erwärmung und Niederschlag
Wichtiger als die Temperatur- sind die Niederschlagsveränderungen, und zwar vor allem in der Trockenzeit. Im Norden des Amazonasgebietes ist bereits seit den 1970er Jahren ein Trend zu trockeneren Verhältnissen beobachtet worden, und einige Klimamodelle projizieren für das 21. Jahrhundert deutliche Niederschlagsabnahmen.[13]
Ein wichtiger Einflussfaktor ist das ENSO-Phänomen. Bei El-Niño-Ereignissen wird die Konvektion im nördlichen und östlichen Amazonas unterdrückt. Bei einer La Niña kommt es zu stärkeren Niederschlägen. Der Niederschlag in der Trockenzeit wird aber auch von den Oberflächentemperaturen des Atlantiks beeinflusst.[13] Die Einflüsse von ENSO auf die Niederschläge überlagern eine typische Niederschlagsschwankung von 28 Jahren. Die stärksten Niederschläge gibt es, wenn ein La-Niña-Ereignis mit einer feuchten Phase in dem 28-Jahre-Zyklus zusammenfällt. Und die schlimmsten Dürren treten dann auf, wenn ein El Niño in die trockene Phase des Zyklus fällt. Auch die NAO beeinflusst die Region, so z.B. während der Dürre von 2005.[12]
Nach Berechnungen von Klimamodellen des IPCC könnte es im 21. Jahrhundert weniger Niederschlag in der Trockenzeit im Osten des Amazonasgebietes geben und mehr Niederschlag in der Regenzeit im Westen. Vor allem wenn der Einfluss einer steigenden Temperatur auf die Verdunstung berücksichtigt wird, zeigen fast alle Modelle ein zunehmendes saisonales Wasserdefizit im östlichen Amazonas. Durch Feedbacks im Ökosystem wie Absterben von Bäumen und reduzierte Verdunstung in den verbleibenden Wäldern wird die Tendenz zur Trockenheit verstärkt. Im NW-Amazonas wird die Wahrscheinlichkeit von größeren Dürren dagegen geringer. Die hohen Niederschläge hier werden durch den Anstieg feuchter Luft an den Anden kompensiert.[13]
Dürren
- Hauptartikel: Dürren im Amazonasgebiet
Intakte Regenwälder haben sich gegenüber Dürren, wenn sie saisonal auftreten, als recht widerstandsfähig erwiesen. Der Wasserbedarf in der Trockenzeit wird größtenteils durch Wurzelsysteme aus dem Grundwasser gedeckt. Das ermöglicht es den Bäumen auch in der Trockenzeit zu transpirieren und einen gewissen Niederschlag aufrecht zu erhalten. Außerdem wird der steigende CO2-Gehalt die Wassernutzung der Pflanzen effektiver machen, da sie in kürzerer Zeit ihren CO2-Bedarf decken können und damit weniger Wasser verdunsten (s. Photosynthese).[13]
Die Anpassung an saisonale Dürren kann allerdings durch mehrjährige Dürren außer Kraft gesetzt werden, wenn das Wurzelwerk nicht mehr genug Feuchtigkeit aus dem Boden ziehen kann. Die Amazonas-Dürre 2005, als die Temperatur der Trockenzeit um 3-5 °C höher lag als im Mittel und die Niederschläge in manchen Gebieten nur 33-65 % des durchschnittlichen Wertes erreichten, hat wahrscheinlich die Grenzen der Anpassungsfähigkeit vieler Arten im Regenwald überschritten. Es starben wesentlich mehr Bäume ab als sonst in Trockenzeiten. Eine ähnliche, aber noch schlimmere Dürre ereignete sich 2010, unter der mehr als die Hälfte des Amazonasbeckens litt. Die Abflussmengen der Flüsse lagen dabei unter allen früheren Werten.[12]
Dürren können die Ursache für größere Waldbrände sein. Die Gefahr von Waldbränden im Amazonasregenwald könnte mit der fortschreitenden Waldzerstörung und dem Klimawandel zunehmen.
Einzelnachweise
- ↑ Forster, P. M., C.J. Smith, T. Walsh et al. (2024): Indicators of Global Climate Change 2023: Annual update of large-scale indicators of the state of the climate system and the human influence, Earth System Science Data 16, 2625–2658. Zum Vergleich: weltweit werden gegenwärtig etwa 11 Mrd. t Kohlenstoff durch menschliche Aktivitäten emittiert.
- ↑ Hochspringen nach: 2,0 2,1 2,2 Marengo, J.A., C.M. Souza Jr., K. Thonicke et al. (2018): Changes in Climate and Land Use Over the Amazon Region: Current and Future Variability and Trends. Front. Earth Sci. 6:228. doi: 10.3389/feart.2018.00228
- ↑ Hochspringen nach: 3,0 3,1 Costa, M.H., L.S. Borma, J.C. Espinoza et al. (2021): The Physical hydroclimate system of the Amazon In: Nobre, C., A. Encalada, E. Anderson et al. (Ed.). Amazon Assessment Report 2021, Part 1, Chapter 5
- ↑ Marengo, J.A., J. Espinoza, R. Fu et al. (2024): Long-term variability, extremes and changes in temperature and hydrometeorology in the Amazon region: A review. Acta Amazonica 54: e54es22098
- ↑ Marengo, J.A., J.C. Espinoza, R. Fu et al. (2021): Long-term variability, extremes and changes in temperature and hydrometeorology in the Amazon region. In: Nobre, C., A. Encalada, E. Anderson et al. (Ed.). Amazon Assessment Report 2021, Chapter 22
- ↑ Cerón, W.L., M.T. Kayano, R. Andreoli et al. (2024): New insights into trends of rainfall extremes in the Amazon basin through trend-empirical orthogonal function (1981–2021). International Journal of Climatology, 44(11), 3955–3975
- ↑ Ciemer, C., L. Rehm, J. Kurths et al. (2020): An early-warning indicator for Amazon droughts exclusively based on tropical Atlantic sea surface temperatures, Environmental Research Letters 15, 9, https://dx.doi.org/10.1088/1748-9326/ab9cff
- ↑ Hochspringen nach: 8,0 8,1 Marengo, J.A., & J.C. Espinoza (2016): Extreme seasonal droughts and floods in Amazonia: causes, trends and impacts. International Journal of Climatology 36(3), 1033–1050
- ↑ Gloor, M., J. Barichivich, G. Ziv et al. (2015): Recent Amazon climate as background for possible ongoing and future changes of Amazon humid forests, Global Biogeochemical Cycles, 29, doi:10.1002/2014GB005080
- ↑ Espinoza, J-C., J.C. Jimenez, J.A. Marengo et al. (2024): The new record of drought and warmth in the Amazon in 2023 related to regional and global climatic features. Sci Rep 14, 8107
- ↑ Jimenez, J.C., J.A. Marengo, L.M. Alves et al. (2021): The role of ENSO flavours and TNA on recent droughts over Amazon forests and the Northeast Brazil region, Int. J. Climatol. 41, 3761–3780.
- ↑ Hochspringen nach: 12,0 12,1 12,2 12,3 Davidson, E.A., et al. (2012): The Amazon basin in transition, Nature 481, 321-328
- ↑ Hochspringen nach: 13,0 13,1 13,2 13,3 13,4 Y. Malhi, et al.(2008): Climate Change, Deforestation, and the Fate of the Amazon, Science 319, 169 (2008); 169-172
- ↑ Lenton, T.M. (2008): Tipping elements in the Earth's climate system, PNAS 105, 1786-1793
Lizenzhinweis
Dieser Artikel ist ein Originalartikel des Klima-Wiki und steht unter der Creative Commons Lizenz Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland. Informationen zum Lizenzstatus eingebundener Mediendateien (etwa Bilder oder Videos) können in den meisten Fällen durch Anklicken dieser Mediendateien abgerufen werden und sind andernfalls über Dieter Kasang zu erfragen. | ![]() |